Riesenmaschine

10.11.2005 | 11:09 | Fakten und Figuren

Das Schweigen von Yoko Ono wird überbewertet


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Unausrottbar hält sich noch Jahrzehnte nach deren Ende die unappetitliche, allunwissend wolllüstige und xenophobe Folklore, Yoko Ono sei schuld am Ende der Beatles gewesen und sowieso nur eine schrill krähende Schreckschraube, die sich im Schatten der Beatles gesonnt habe. Dabei kann sich jeder Vulgärpsychologe zusammenreimen, dass es nicht die grosse Fluxuskünstlerin gewesen sein konnte, sondern allein die Eifersucht Paul McCartneys, der durch die Präsenz der grandiosen Frau an der Seite des sie zu Recht bewundernden Lennons seine Rolle, äh, davonschwimmen sah. Lustigerweise hat sich kürzlich Yoko Ono bei McCartney dafür entschuldigt, dass sie seine Songs als "seicht" bezeichnete. Er wird halt nicht genau einschätzen können, ob sie es ironisch, "ironisch" oder ironisch meinte, z.B. einen Rassismus verniedlichenden Text wie "Ebony and Ivory" nicht anders als seicht bezeichnen zu können. Denn Paulchen hat die Entschuldigung noch nicht angenommen, es wird ihm ebenso schwer fallen, wie den Strafzettel für Falschparken zu akzeptieren.
So gesehen enthält ihre Entschuldigung eine komplexe Assoziationsbreite, man kann sie natürlich auch als Rätsel belassen, da sie zu viele verschiedene Impulse in sich vereinigt, wie es Joseph Beuys 1968 über das "Schweigen" von Marcel Duchamp gemeint hatte, der gegen die seiner (Duchamps) Sicht nach seichten Fluxus-Künstler wetterte, allerdings für einen Mann seines Kalibers erstaunlich unironisch. Nicht so häufig kam bisher die Frage auf, inwieweit die Beatles von Frau Ono profitiert haben, und letztlich dann auch wieder Paule, denn wer weiss, ob er so geworden wäre, wie er ist? Mit dem Behindertenausweis seiner Frau Falschparkstrafen entgehen? Warum nicht einfach Yoko auch dafür die Schuld geben?
Apropos Krähen: Auf ihrer Platte "Unfinished Music" befindet sich übrigens eine kesse Coverversion von John Cages berühmtem Meilenstein 4'33". Ihre Version nennt sie "Two Minutes Silence". Pop spart Zeit, Mull of Kintyre vernichtet sie.

Tex Rubinowitz | Dauerhafter Link | Kommentare (2)


Kommentar #1 von Daniel Erk:

"Das Schweigen von Yoko Ono wird überbewertet" könnte auch ein Liedtitel von Tocotronic anno '97 sein, deren Opus sich übrigens ähnlich des Beatle'schens in zwei Teile, einen unmittelbaren, rotzig-charmanten und einen eher esoterisch-obskuren, einteilen lässt. Einerseits. Andererseits: egal Möglicherweise verweist beides, ähnlich der biblischen 2-Quellen-Theorie, auf eben jenen Beuys und sein "Dürer, ich führe persönlich Baader + Meinhof durch die Dokumenta V". Adorno jedenfalls bzw. egal.

10.11.2005 | 14:36

Kommentar #2 von Jana Liebig:

Der grantige alte Mann muss so zum Kotzen gewesen sein, als Christoph Dallach ihn vor ein paar Wochen für den Spiegel zu interviewen versuchte. Diese unglaubliche Null-Bock-Attitüde von der ollen Hamsterbacke liest sich sehr hübsch, weil Herr Dallach das trotz allem sehr höflich beschrieb. Seine Mutter Helga hat mal mit mir zusammen gearbeitet, ich habe sie neulich in der Pause getroffen und sie darauf angesprochen. Sie lachte laut und verdrehte die Augen und sagte, dass Paul McCartney ein richtiger Arschkopp gewesen sei.

11.11.2005 | 18:07

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