Riesenmaschine

13.01.2006 | 12:19 | Was fehlt

Filmverhinderungsförderung


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Ach, was muss man oft von bösen Filmemachern so erdulden! Schweigen wir an dieser Stelle von Vorfilmen, die zum wiederholten Mal die Geschichte vom aufgegessenen Fahrschein bebildern. Schweigen wir auch von dem Unheil, das als Abschlussarbeit an deutschen Filmhochschulen angerichtet wird, und schweigen wir von der Ausbildung deutscher Schauspieler, die sie dazu veranlasst, sich auch im – zugegeben noch ganz neuen – Medium Film so zu gebärden, dass man ihre Empfindungen auch als kurzsichtiger Gast in der letzten Theatersitzreihe noch recht zu deuten wüsste.

Sprechen wir aber vom Einsatz von Steuergeldern. Denn ein jeder Film wird, wenn er aus Deutschland kommt, mit Geldern der Kulturellen Filmförderung aus nicht weniger als zwei bis fünf Bundesländern gefördert, weshalb die handelnden Personen auch immer viel in der Gegend herumreisen müssen in deutschen Filmen. Das kostet insgesamt 200 Millionen Euro/Jahr, und wie man am Beispiel Frankreich (700 Millionen) sehen kann, liesse sich mit noch mehr Geld noch weniger erreichen. Am Beispiel Hollywood (0 Millionen Euro Subventionen) lässt sich sicher auch irgendwas lernen.

Wäre es da nicht im Interesse aller, wenn man die Filmförderung der Bundesländer ablöste durch eine Einrichtung, die sich mit den Geldern des Steuerzahlers stattdessen für die Verhinderung bestimmter Filme einsetzte? Der junge Filmschaffende hätte lediglich ein fertiges Drehbuch und einen Finanzierungsplan vorzulegen, um seiner Drohung Nachdruck zu verleihen. Der Filmverhinderungsanstalt obläge es dann, ihm gegen die Zusicherung, dass der Film nie gedreht wird, ein sauberes fünfstelliges Sümmchen auszuhändigen und den Steuerzahler vor viel Unbill zu schützen.

Frage: Könnten gewissenlose Menschen durch dieses Angebot dazu verleitet werden, zum Zwecke des Geldverdienens ganz viele unterirdisch schlechte Drehbücher zu schreiben und einzureichen?
Antwort: Ja, aber auch nicht mehr als jetzt.


Kommentar #1 von docflo:

heisst das uwe boll wird arbeitslos?

13.01.2006 | 13:04

Kommentar #2 von irgendwem:

Wenn es hier sowas gaebe, wuerde ich jetzt wenigstens fuenfundzwanzig Smilies mit Daumen hoch hinballern. Aber – gluecklicherweise ist die Riesenmaschine ja geschmackvoll gestaltet.

13.01.2006 | 16:34

Kommentar #3 von Jake_Berlin(at)web.de:

Wieso, die Filmverhinderungsförderung ist doch bereits aktiv: Es sind doch die vertrockneten Deutschlehrerinnen, die in den entsprechenden Gremien sitzen, und ihre Kollegen Fernsehredakteure, die dem deutschen Film die entsprechenden Nischen (o.a. Schwarzfahrerkitsch sowie ewig armselige Fassbinder-Adepten auf der einen; Bully Herbig und seine Amtsvorgänger von Otto bis Heinz Erhard auf der anderen Seite; hoppla, hab das immerwährende Nazi-Melodram vergessen) zuweisen und in der Tat alle anderen Filme mit ihrem schlechten Geschmack und ihrem Kulturbegriff aus dem 19. Jahrhundert aktiv verhindern.
Im Augenblick werden nicht nur guten Drehbücher, sondern ganze Genres systematisch rausgekegelt, und junge Leute lernen auf der Filmhochschule, sich diesem Scheiss-Niveau anzupassen. Oder glaubt ihr, die Filmemacher machen diese ganzen elenden postpubertären Coming-of-Age Schmonzetten zu ihrem Vergnügen? Nein, sie machen das, weil ihre Muttis in den Förderungen und Redaktionen auf diese Scheisse stehen. Die besten Chancen haben in diesem Land die Filmemacher, die den Gatekeepern die Stiefel am saubersten lecken.
Die schlimmsten Gatekeeper haben sich dabei inzwischen selbst reproduziert: Beim zdf Kleinen Fernsehspiel etwa sitzen Mittdreissiger/-innen, deren Vergreisungsprozess erheblich weiter fortgeschritten ist als der ihrer pensionierten Vorgänger.
Warum gibt es keine anderen Filme, die ausserhalb dieses Systems hergestellt werden? Diese werden in der Tat vom Förderungswesen strukturell verhindert.
Das "0-Subvention"-Hollywood Kapital investiert nur deshalb nicht hier, weil es unattraktiv ist, gegen Förderungsproduzenten zu konkurrieren, die ihr unternehmerisches Risiko mit Steuergeldern absichern lassen. (das ist das Grundprinzip der hiesigen Produktionsförderung) In den 90ern waren die Majors alle hier und haben den Markt für freie Produktionen sondiert. Als sie das Förderungssystem begriffen hatten, haben sie schnell darauf verzichtet, hier selbst zu investieren. Stattdessen lassen sie sich jetzt zur Filmförderung noch eine Landesbürgschaft dazugeben, damit sie ihre Videospiel-Adaptionen in Babelsberg und nicht in Osteuropa drehen. Und lachen über uns und unseren staatsmonopolistischen Filmapparat. So siehts aus.
Also beim Deutsche-Filme-Bashing beachten: das was überhaupt auf die Leinwand kommt ist bereits das Ergebnis der Filmverhinderungsförderung, Es ist das Surrogat für die (aller Wahrscheinlichkeit nach im Mittel deutlich besseren) Filme, die diese Institutionen mit ihrem Kleinster-gemeinsamer-Nenner Prinzip erfolgreich verhindert haben.

13.01.2006 | 18:24

Kommentar #4 von Sascha Lobo:

Das ist ärgerlicherweise verhältnismässig wahr und gilt darüberhinaus für fast alle Förder-Arme der Filmindustrie, Drehbuchförderung, Produktion selbst, Verwertungspartnerschaften, Verleihförderung (Filmverleih/Vorführung ist eine der letzten grossen Barrieren, die zwingend kostenintensiv, da noch kaum digitalisiert sind) usw.
Allerdings dient die Mechanik auch vielen schlechten Filmemachern als Entschuldigung, weshalb ihre schlechten Filme nie auf den Markt kommen.

13.01.2006 | 18:34

Kommentar #5 von kosmar:

ich glaube langsam die ganze filmindustrie ist ein schlimmes sodom und wontorra.
man denke nur an die unsäglichen filmfonds.

20.01.2006 | 15:51

*  IN DER RIESENMASCHINE


*  ORIENTIERUNG



Werbung
Werbung Ratgeber

*  SO GEHT'S:

- Hunde in Tierkostümen

- Bregenz

- Störe in jeder Hinsicht

- Serviervorschlag aufgreifen

*  SO NICHT:

- Tendenziösität ohne Haltung

- Kragenweite fehlschätzen

- Zack-Zack

- Earpornfestspiele


*  AUTOMATISCHE KULTURKRITIK

"Lucky Number Slevin", Paul McGuigan (2006)

Plus: 5, 10, 21, 31, 36, 82, 83
Minus: 22, 36, 112
Gesamt: 4 Punkte


*  KATEGORIEN


*  ARCHIV