Riesenmaschine

23.01.2006 | 12:20 | Sachen kaufen

Die Uhr des Architekten


Gehry (links) und seine Uhr (rechts) (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Wenn es eine Berufsgruppe gibt, die absolute Enttäuschungsresistenz als Grundvoraussetzung mitbringen muss, sind es Architekten. Während des Studiums arbeiten sie acht Monate rund um die Uhr am viermilliardensten Entwurf einer Hundehütte, der anschliessend noch nicht mal umgesetzt wird. Nach ihrem Studium wird ihnen gesagt, in einem gutem Büro gearbeitet zu haben, das ist schonmal die halbe Miete, sie verdingen sich bei geisteskranken drittklassigen Architekten, arbeiten rund um die Uhr und siehe da: Sie bekommen dafür ein Gehalt ziemlich genau in Höhe der halben Miete. Dann machen sie sich selbständig, verlieren erst jede Menge unbezahlte Wettbewerbe, dann die Hoffnung und schliesslich auch noch den Glauben an die Architektur, wenn tatsächlich endlich etwas von ihnen gebaut wird, denn in ArchiCad sieht es immer ganz anders aus als in echt. Je erfolgreicher man wird, desto schwieriger und schmieriger werden Dinge und Menschen, mit denen man zu tun hat, Immobilienhaie, Maklermuschis, Bauherrenhengste, Amtsschimmel, die Tierwelt gibt ihr Ekligstes.

Aber! Wenn! Man! Es endlich geschafft hat und berühmt ist, was natürlich nicht jeder wird, aber jeder will, dann brechen rosige Zeiten an. Man kann machen, was man will, und Heerscharen arbeitsloser Architekten und Architekturjournalisten (also erfolgloser Architekten) jubeln über jede neugestaltete Türklinke. Darüber kann man schon mal die Bodenhaftung verlieren und sich als Architekt einbilden, man könne auch Uhren designen. Frank Gehry, der mit seinen ge- und ab und an auch behämmerten Metallfassaden inzwischen der Friedensreich Hundertwasser für die Generation Cirque du Soleil geworden ist, hat eine Uhr designt. Mehr noch, es sind in Zusammenarbeit mit der Firma Fossil insgesamt sieben Uhren für Frauen (und mindestens eine für Männer), die in der Reihe "Frank Gehry with Fossil" erscheinen und eines der leuchtenden Beispiele für plattestmögliche Ausnutzung eines prominenten Namens für Konsumprodukte (Brand Licensing) sind neben der bekannten "Hautnah Face Cream" im Glas von Uschi Glas.
Das abgebildete Modell benutzt laut Pressemitteilung, und das habe ich mir keinesfalls ausgedacht, ehrlich, das von Fossil so bezeichnete "revolutionäre digitale Display 'Gehry Writes Time', das inspiriert ist von der universellen Art, Zeit zu verbalisieren und vom Stil her dramatisch Frank Gehrys Architektur interpretiert". Uff. Vielleicht haben es PR-Menschen doch noch etwas schwerer, ihren Beruf würdevoll auszuüben als Architekten.


Kommentar #1 von Doener_Pride:

Find ich nicht so schlimm. Das Design (oder die Architektur?) ist irgendwo zwischen zeitlos und altbacken, darüber kann man bestimmt diskutieren. Die digitalisierten Zahlen, wenn sie denn wirklich so aussehen, sind hingegen ziemlich cool. Die lesbarkeit von diesem neuen Armbanduhrprinzip müsste man tatsächlich erst ausprobieren, aber so schwierig kanns ja nicht sein. Und PR-Texte sind immer scheisse...

23.01.2006 | 14:46

Kommentar #2 von oliver:

Fossil-Uhren waren schon seit eh und je hässlich wie ne Maklermuschi. Und Frankie-Boy könnte mal lieber seinen Arbeitsplatz räumen und den Jüngeren Platz machen, statt immer wieder die gleichen "Bauten" zu entwerfen. Nein, halt: erst noch einen Stuhl designen und dann ab...

23.01.2006 | 17:06

Kommentar #3 von irgendwem:

Grosse Töne kann jeder spucken. Besser machen lautet die Devise.

20.04.2010 | 09:42

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