Riesenmaschine

06.03.2006 | 11:20 | Anderswo | Alles wird besser

Ganz genau werfen


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Aus ungeklärten Gründen befassen sich Menschen seit langer Zeit damit, runde Dinge, Bälle oder auch Papierkugeln, möglichst genau von weitem in Körbe zu werfen. Europäer, seit jeher ein wenig ungeschickt, nennen das "Handball" und ihre "Körbe" sind mehrere Meter gross. Grossgewachsenen Amerikanern zahlt man sehr viel Geld dafür, dass sie ab und zu mal in geradezu winzige runde Körbe treffen. Jeder hat sein Geheimnis; in aufwändigen Trainingseinheiten wird jede Fingerbewegung geübt. Man denkt beim Wurf an die Ehefrau, an Gott, Giraffen oder auch an gar nichts. Das Ergebnis der komplizierten Prozedur ist mager und deprimierend: Typische Trefferquoten bei Würfen von der Dreipunktelinie, das heisst so sieben Meter vom Korb entfernt, liegen so zwischen 30 und 40%. Einzig beruhigend daran ist, dass es kein einziges Tier besser kann.

Doch jetzt hat Jason McElwain herausgefunden, wie es funktioniert: "You gotta be focused on the game. Not anything else." Um die Wirksamkeit des schlichten Erfolgsrezepts zu demonstrieren, warf der 17jährige Schüler aus Rochester innerhalb der letzten vier Minuten eines Basketballspiels 20 Punkte, davon sechsmal von der Dreipunktelinie. Zum Vergleich: In einem zu nationalem Grössenwahn führenden Saisonspiel der L.A. Lakers erwarf Kobe Bryant, eine Art Gott, 81 Punkte in 41 Minuten. Das ist pro Minute weniger als halb soviel wie McElwain. Noch ein winziger Unterschied: McElwain hat vorher noch nie Basketball gespielt. Ausserdem ist er Autist.

Einfach nicht ablenken lassen also, soso. Muss es eigentlich sein, dass ihr Autisten bei allem besser sein wollt? Reicht es nicht, wenn ihr uns beim Telefonbuchauswendiglernen und beim Quadratwurzelziehen bei jedem Turnier in die Schranken weist? Aber ihr könntet statt dieser Ballwurfgeschichte mal versuchen, geschickter Bäume zu fällen als der Biber, das wäre ganz praktisch. Einfach auf den Stamm konzentrieren.


Kommentar #1 von Sirko:

Nun ja, weniger als 5% der Autisten haben besondere Fähigkeiten. Die Legende, dass dem im Allgemeinen so ist, fand wohl erst mit mit dem Film Rainman weite Verbreitung.

06.03.2006 | 15:08

Kommentar #2 von wasweissich:

Danke für den Kommentar, Sirko. Man sollte, auch wenn es den Spass an diesem Artikel verdirbt, diese falsche Wahrnehmung des Autismus nicht immer wieder und immer weiter reproduzieren.

07.03.2006 | 08:29

Kommentar #3 von Kasimir Kaftanschlüpfer:

Autisten sind auch nur in ganz wenigen Fällen in der Lage, einen Zusammenhang zwischen Buchstaben, Sinn, Welt und politisch-korrektem Rainman herzustellen. Das wirft jetzt ein schlechtes Licht auf die Dunkelheit, ich weiss.

07.03.2006 | 17:24

Kommentar #4 von eraser:

Sorry, aber viele Autisten sind in der Lage, einen Zusammenhang zwischen Buchstaben, Sinn, Welt und politisch korrektem Rainman herzustellen.
Wogegen diese Fähigkeit bei einigen Nicht- Autisten häufiger etwas unterentwickelt scheint.
LGE

10.09.2007 | 18:47

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