Riesenmaschine

05.04.2006 | 07:40 | Berlin | Sachen kaufen | Vermutungen über die Welt

Themenhalden

Wenn man in Berlin aufgewachsen ist, konnte man beobachten, wie hier nach dem Fall der Mauer ein stadtökonomischer Mechanismus langsam, aber sicher Fuss fasste, den man nur aus anderen europäischen und amerikanischen Städten kannte: Die Häufung von Fachgeschäften einer Richtung in einem Viertel. Früher war Berlin sehr stark nach Kiezen organisiert, jedes grössere Viertel hatte seine 37 verschiedenen Läden, in denen man sich versorgen konnte. Inzwischen gibt es rund um den Hackeschen Markt so viele Schuhläden, dass die hippen Schuhe, die man im ersten Laden gekauft hat, schon wieder out sind, wenn man bemerkt, dass sie im letzten Laden die Hälfte billiger gewesen wären.

(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)

Aber Berlin wäre nicht Berlin, wenn das gnadenlose Hinterhinken im Ballungstrend nicht durch übertriebenes Rechtsüberholen des Trends und Vermischung mit einem völlig anderen Zweittrend ausglichen würde. Während in New York und London nämlich seit Jahren die immer gleichen PopUp-Stores und -Clubs gehypt werden, sind in Berlin schon PopUp-Müllhalden in. Und zwar nicht irgendwelche, sondern eben geballte Themenmüllhalden. Oder wie ist es sonst zu erklären, dass an der oben fotografierten Stelle am Mauerpark in Berlin Prenzlauer Berg fünf zerfetzte Kinderwägen stehen? Und sonst kein Gramm Andermüll?


Kommentar #1 von Hansen:

Wirtschaftgeographischer Begriff ist Clusterbildung; erklären tut der natürlich auch nichts; und economies of scope gibt es bei Kinderwagenmüllhalden wohl auch nicht.

05.04.2006 | 11:22

Kommentar #2 von bobbes:

sehr gute beobachtung, sehr gutes foto!

05.04.2006 | 11:25

Kommentar #3 von kai, dem statistikfeti:

gestochen scharfes foto, unscharfe abgrenzung zur ewigen, dreist-publizierten prenzlauer berg-legende: dass die kinderwagenhalde am mauerpark fotografiert wurde, stützt keinesfalls die populärwissenschaftliche annahme, der prenzlauer berg sei der kinderreichste bezirk europas. tatsächlich liegt der "szenebezirk" (taz vom 12.11.1991) jedes jahr sogar weit unterhalb der ohnehin schon sehr traurigen durchschnittsgeburtenrate aller berliner bezirke... (www.statistik-berlin.de)

05.04.2006 | 12:30

Kommentar #4 von Steffen:

Vielleicht hat dort ein Trödelhändler auf dem dort ansässigen Trödelmarkt seine Kinderwagen nicht verkaufen können und verspürte nicht die geringste Lust, eben jene wieder mitzunehmen.

05.04.2006 | 14:37

Kommentar #5 von kai, dem aumerksamen mauerparkbeobachter:

eben.
weil der händler ja auch der babyboomerlegende aufgesessen war und nun vor seinem scherbenwagenhaufen stand....
hätte er im mauerpark doch lieber hundefutter und sternburg, aber naja, jeder wie er kann und will....

05.04.2006 | 17:32

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