Riesenmaschine

09.05.2006 | 18:18 | Anderswo

Vogelgrippe, mal wieder


Foto: mlinksva
Das sind die Tage, an denen man den Grössenwahnsinn Amerikas zu schätzen lernt: Die schwarzen Wolkenkratzer ragen scheinbar unangreifbar in den phantastisch klaren Himmel, der Horizont liegt in unermesslicher Entfernung – und auf den Titelseiten aller Tageszeitungen wird vor der bevorstehenden Monumentalkatastrophe gewarnt. Lange hat Kanada zur Vogelgrippe geschwiegen, aber nun endlich schlägt das Imperium zu, mit brutaler, schonungsloser Offenheit. Während andere Kontinente noch die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, weil ein paar Enten sterben, versprechen Vertreter der "Ontario Provincial Police" für die nahe vogelgrippale Zukunft 7000-20000 Tote und 2,3 Mio. Infizierte alleine in Ontario (12 Mio. Einwohner), raten zum Abschliessen von Lebensversicherungen (bevor die Beiträge hart ansteigen) sowie zum Bunkern von Lebensmitteln und stellen jetzt schonmal einen "Death Surge Plan" vor. Im Vergleich zu diesem Schreckensszenario verkommen vergangene Katastrophen wie Tsunamis ("This won't be over in five hours.") und die Spanische Grippe 1918 (40-100 Mio. Tote) zu provinziellen Kleinkunstaktionen, nach denen kein Hahn mehr kräht. Death Surge Plan! So sensibilisiert man die Massen! Niemand wird in Panik ausbrechen, weil die Sonne scheint und alles sowieso viel zu grossartig ist.


Kommentar #1 von von einem Achselhöhlenroman:

Neulich, bei meiner Grossmutter auf dem Lande, da gab es Kuchen und Schnaps. Bester Laune vertrat ich mir nach dieser Stärkung die Beine, ein bisschen querfeldein und längswalddurch. Meine beschwingte Wanderung fand jedoch vor ihrem Ziel ein abruptes Ende – an einer Vogelgrippesperrzonenabsperrung. Einige beschwerliche Wanderstunden vom Häusel der Grossmutter entfernt, also wenige Meter hinter ihrem Gartentor, hat es im März diesen Jahres und somit etliche Wochen vor meiner vergnügten Schlingertour einen alten Uhu von seinem Stangerl gehauen. Nachdem ihn der Ornitologe vom Dienst aufgesammelt hatte, lag er dann erst einmal bis dato in der Gefriertruhe der Veterinärklinik, bis der Geruch streng und hurtig am Seziertisch H5N1 als Ursache für das tragische Dahinscheiden blossgestellt wurde. Sodann war der schäumende Amtsschimmel nicht mehr aufzuhalten und quasi erstschlagartig wurde eine Sperrzone eingerichtet, die respekteinflössend im Handumdrehen unwirksam wurde, da die vorgeschriebene Frist zwischen Virustod und Zonenende bereits zuvor im Veterinärkühlschrank verstrichen ward. Eine Absperrung also? Kein Grund zur Panik, schreiten Sie wohlgemut hindurch! Wenige Minuten später lag die Absperrung schon weit hinter mir und ich stieg hinab ins grüne Isartal. Schön plätschert unser bayerischer Königsfluss dahin, ich wanderte seine renaturierten Kieselbänke entlang, liess den Spazierstock kreisen und die Gans im Fluss bäuchlings neben mir hertreiben... ein Hauch von König Ludwig machte sich breit.

09.05.2006 | 20:17

Kommentar #2 von lester:

im ernst-august: das ist wahrlich grosses frauentennis.

09.05.2006 | 22:24

Kommentar #3 von einem Frauensportinteressierten:

Im Stadion.
"Torabstoss. Der Torwart schiesst –
nein, er tritt haarscharf daneben.
Laut sein Fluch: "Verdammter Mist!".
Aber Gott, das soll es geben.
Wieder läuft er an, doch wieder
bleibt der Ball da, wo er ist.
Torwart hockt sich langsam nieder
und flucht wieder "So ein Mist!"
Dritter Anlauf. Und vor Schreck
wird das Publikum ganz stumm:
Kurz vorm Abstoss rutscht er weg
und fällt lauthals fluchend um.
Vierter Anlauf. Von dem Flutlicht
hell erleuchtet rennt er los,
und er trifft ... er trifft den Ball nicht!
Imposant sein Fluchausstoss.
Aber Torwart gibt nicht auf,
denn er will's nochmal versuchen.
Fünfter Anlauf – und kurz drauf
hört man ihn sehr lauthals fluchen.
Später rennt er mit Gezeter
auf den Ball zu und verfehlt
ihn um achtizig Zentimeter.
Folgen Flüche ungezählt –
dann der Anlauf Nummer sieben:
Jener Ball ist, wo er war,
auch in diesem Fall geblieben.
Torwart flucht mit Haut und Haar,
flucht mit Macht und nimmt, o Graus,
nun den Ball in beide Hände
zum Ballabwurf und – rutscht aus.
Seine Flüche füllen Bände
auch bei Abwurf acht, neun, zehn.
Mit Verlaub das ist zuviel.
Nein, ich werd's wohl nie verstehn,
so ein Frauenfussballspiel."
So Thomas Gsella in den "Materialien zur Kritik Leonardo DiCaprios", aber was im ernst-aufguss hat Tennis damit zu tun?

09.05.2006 | 23:32

Kommentar #4 von lesters schwester:

"Der Mensch ist ein nützliches Lebewesen, weil er dazu dient, durch den Soldatentod Petroleumaktien in die Höhe zu treiben, durch den Bergmannstod den Profit der Grubenherren zu erhöhen, sowie auch Kultur, Kunst und Wissenschaft. Der Mensch hat neben dem Trieb der Fortpflanzung und dem, zu essen und zu trinken, zwei Leidenschaften: Krach zu machen und nicht zuzuhören. Man könnte den Menschen gradezu als ein Wesen definieren, das nie zuhört. Wenn er weise ist, tut er damit recht: denn Gescheites bekommt er nur selten zu hören. Sehr gern hören Menschen: Versprechungen, Schmeicheleien, Anerkennungen und Komplimente. Bei Schmeicheleien empfiehlt es sich, immer drei Nummern gröber zu verfahren als man es gerade noch für möglich hält. Der Mensch gönnt seiner Gattung nichts, daher hat er die Gesetze erfunden. Er darf nicht, also sollen die anderen auch nicht."
so Kurt Tucholsky in "Der Mensch". Darüberhinausgehend ises doch ganz einfach.
Das Eckige muss ins Runde. Punkt.

10.05.2006 | 12:36

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