Riesenmaschine

03.12.2006 | 20:13 | Anderswo | Vermutungen über die Welt

Der Brite und das Bo


Viel Spass nach 10 Bier (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Während Ikea in Kontinentaleuropa den Teil der Mittelschicht in Angriff nimmt, der gerne die Oberschicht wäre, vermeldet der britische Ableger des schwedischen Möbelhaus den Bau von 500 identischen Häusern in Gateshead und irgendwo in Schottland (via Archinect). Das ist richtig und schön und konsequent und zeigt, dass die Schweden die Eigenheiten Europas verstanden haben.

Während der Deutsche trotz Billy-Regalen die Illusion des Individuellen braucht (natürlich als "Konsequenz unserer tragischen Geschichte"), weiss der Brite die hübsche Gleichförmigkeit zu schätzen – und freut sich auf das niedliche Konzept Bo Klok, zu Deutsch: Schlau leben.

Schlau – und vor allem gelassen – ist die Idee nämlich tatsächlich. Wer sich vom kleinbürgerlichen Individualismuswahn im und um das Haus erst einmal gelöst hat, kann sich in seinem netten Bo-Klok-Haus endlich den wirklich wichtigen Fragen des Lebens zuwenden, die längst nach digitalen Parametern verhandelt werden. Welches der smarteste Username ist oder welches Bildchen im Forumsprofil nun am lustigsten aussieht zum Beispiel.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: IKEA besorgt es der Schweiz de luxe


Kommentar #1 von psycho killer:

Der Brite hatte schon immer (will sagen: seit Jahrzehnten) eine Affinität zu einheitlichem Wohnverhalten; einer Bekannten ist es im Rahmen einer Au-Pair-Tätigkeit gelungen, nächtens im Nachbarhaus der Gastfamilie zu landen. Nicht nur waren die Häuser verwechselbar (inklusive Zimmeraufteilung), auch das Versteck des Wohnungsschlüssels war beim Nachbarn das Gleiche.

04.12.2006 | 10:12

Kommentar #2 von neelzito:

Tja psycho killer, so viel zu der Bildunterschrift "Viel Spass nach 10 Bier". War wohl kurz zuvor noch im Pub Deine Bekannte. Da denkt man so Einheitswohnungen tragen zur allgemeinen Tristesse und Anonymität der Städte bei, aber nee – man lernt wenigstens mal seine Nachbarn etwas näher kennen.
Das Leben schreibt einfach die schönsten Geschichten. Wie endete denn der Abend noch?

04.12.2006 | 12:02

Kommentar #3 von Marcus Vitruvius Pollio:

Toll, ganz was Neues, und natürlich überhaupt
nicht zu vergleichen mit ollen Kamellen wie
dieser:
http://en.wikipedia.org/wiki/Tract_housing
Was werden sie wohl als nächstes erfinden? Die autogerechte Stadt? Das Einkaufszentrum auf der grünen Wiese? Ich bin ja schon so gespannt.

04.12.2006 | 12:49

Kommentar #4 von Daniel:

Gute Güte, als stünde da nicht, dass es eben genau derartige Eigenarten in Europa gäbe. Der Punkt ist doch weniger, dass es die Gleichförimgkeit gibt, die Arbeiterklasse wird und wurde ja weltweit derart eingepfercht – sondern dass Ikea sie nun der sonst so individualismusversessenen Mittelschicht als hipp verkauft.

04.12.2006 | 22:50

Kommentar #5 von Marcus Vitruvius Pollio:

Selber gute Güte – die vom tract housing geprägte "suburbia" war in der angelsächsischen Welt nie eine Veranstaltung für die Unterschicht oder
Arbeiterklasse, sondern für die middle bzw. upper class, vgl. hier:
("Characterized by ... a predominantly white- or middle- or upper-class population, with few exceptions ...") – Also doch der Versuch, Menschen, deren Kurzzeitgedächtnis, geschweige denn historisches Bewusstsein kaum bis hinters Jahr 2000 zurückreicht, einen Uralt-Schmarren als letzten Schrei anzudrehen.

05.12.2006 | 09:31

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