Riesenmaschine

10.05.2007 | 13:56 | Anderswo | Nachtleuchtendes

60 Grade der Ratlosigkeit


Luxusseele. (Foto: 72486075@N00) (Lizenz)
Wie sieht es aus in den Köpfen der Menschen? Liegen verwarzte schwarze Klumpen in leeren Hallen? Erstrecken sich endlose Pampas mit argentinischem Rindfleisch in Kuhform darauf bis zum geistigen Horizont? Schwimmen bizarre Fische durch die Bullaugen eines längst gesunkenen Luxusdampfers? Das sind drei plausible Modelle für die Seele, ein viertes erdachte die Künstlerin Eva Lee jetzt, verführt vom süssen Summen der Zahlen. EEG-Daten fünf verschiedener Gefühlszustände bei 12 Probanden, also die von der Kopfhaut abgeleiteten elektrischen Impulse weitgehend unbekannter Herkunft, hat die Künstlerin genommen, und den hochdimensionalen Datensalat in Landschaftsform gebracht. Sie spricht von der "Innenwelt von zwölf Individuen", aber in Wahrheit zeigt der entstandene Film natürlich keine Gefühlswelten, sondern die Landschaft, in der die Hirnforschung sich gern und oft verläuft, und dann staunend steht wie's argentinische Rindfleisch vor dem inneren Gefühlsberg.


Kommentar #1 von Rudi K. Sander; www.textsteller.de:

Lieber Kai Schreiber,
wenn das in Ihrem Kopf so ausschaut, wie auf dem schönen Referenzfoto zu sehen, dann müssen Sie ein ganz dufter Typ sein.
Jetzt frage ich mich sogleich bebend, wenn ich die inkriminierte Dame, die solche Bilder mit einiger high-tec-Schlitzohrigkeit erzeugt, an meinen Kopf fummelnd und Ströme ableitend heranliesse, was die Welt dann zu sehen bekäme. Haben Sie eine Vermutung?
Ob hier, sozusagen vorausschauend, innige und ehrliche Introspektion schon helfen kann? Ich habe mal versuchsweise meine schönen grauen Augen geschlossen (Wolfsaugen: Neugierig bis auf die Seele), habe die Atmung reduziert, alle Glieder hängen lassen (eines hing schon), was glauben Sie, lieber Kai, welch eine Landschaft sich entwickelt hat?
Ich sollte es verschweigen (es war zu proletenhaft; prekariell im neuspeech), aber ich bin zu ehrlich (richtig geholfen hat mir das zwar noch nie, aber ich kann es nicht lassen).
Stellen Sie sich bitte Folgende vor: Ein Sonnentag, eine kleine Strasse, zehn Häuser rauf, zehn Häuser runter, drei Bäcker, ein Metzger, drei Kneipen, in der Mitte der Ostseite eine preussische Post, gegenüber das Haus Nummer 3. Baujahr 1895, vorgetäuschte Blockbauweise (dabei alles Ziegel, nur entsprechend verputzt), im ersten und zweiten Stock drangehängte Balkons (im ersten Stock herrschaftlich), schöne grosse Fenster, sonst aber 08/15, alles Grau-in-Grau, dem Zeitgeist eines gut rechnen könnenden Bauhern der auslaufenden Gründerzeit angemessen. Vor dem grossen doppelflügeligen Haustor (eine Einfahrt) eine grosse dicke Frau mit Wickelschürze, Pantoffeln statt Schuhe, massige braune Haare, hochgesteckt mit einem Dutt. Sie schaut unwillig nach links, nach Süden, Richtung Landberger Strasse, weil sie auf ihren Enkel wartet, der gleich aus der Schule kommen sollte, aber – wie immer – sich verspätet (weil er den kleinen Mädchen quasselnd nachstellt, die in den Mädchenteil seiner Volksschule in der Friedenstrasse gehen, am Landsberger Platz; heute ein Politeirevier). Omas Gesicht hellt sich auf: Der Enkel naht. Alles in Butter. Der Enkel war ich, die Oma die Kommunisten-Oma, die mich erzogen hat. Von den Bomben, denen dies alles zum Opfer fiel, ist noch nichts zu sehen.
Ist das nicht auch ein schönes Bild?
(Wieder viel zu lang, wird die strenge Redaktion sagen).
Herzliche Grüsse, Rudi Sander

10.05.2007 | 18:39

Kommentar #2 von Uwe:

Hirnforschung, Kunst und Datenschutz. Kaum zu glauben, dass es hier eine Dreiecksbeziehung gibt.
Siehe: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/25/25256/1.html

11.05.2007 | 10:32

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