Riesenmaschine

19.06.2007 | 10:45 | Anderswo | Nachtleuchtendes | Fakten und Figuren

Are we rudy fer the bake shah?


Plase ramabar, averyune: tines es a vary rimuntec scene thit ends en trudgady (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Gerade orthodoxen David-Lynch-Fans sind zwei Aspekte im Oeuvre dieses singulären Meisters vollkommen unbekannt, einerseits, dass er ungeheuer komisch ist, eine Komik, die in allen seinen Filmen immer wieder herausblitzt (Der Cowboy in "Mulholland Drive", die Enten in der Zeichentrickserie "Dumbland"), sie scheint aber offenbar unwillkommen, man hat sich eingerichtet mit der Exegese, er sei düster, unheimlich und böse, und in dieser Schublade ist Klamauk und Klamotte nun mal kontraproduktiv. Darunter hatte schon Kafka zu leiden, der während Lesungen im privaten Kreis vor Lachen schon mal unter den Tisch gerutscht ist, während Freund und Nachlassverwalter Max Brod selber gern unter den Tisch gerutscht wäre, allerdings vor Scham.

Die andere unbekannte Tatsache Lynchs, und sie schliesst nahtlos an den ersten Aspekt an, ist eine Fernsehserie namens On the Air. Sie wurde erstmals 1992 ausgestrahlt und ist gnadenlos gefloppt, laut Lynch, weil sie im Sommer, am Samstag und in der Nacht lief, drei tödliche Komponenten, kein Mensch sitzt da vorm Fernseher, kein Mensch kennt sie demzufolge, und weiss deshalb, dass sie fraglos zu dem Lustigsten gehört, was je für den Film- und Fernsehsektor produziert wurde. Der eigentliche Grund wird aber vermutlich sein, dass OTA ganz knapp nach Twin Peaks lief, teilweise parallel zu Twin Peaks gedreht wurde, die Leute waren konditioniert auf den Grusellynch, und wollten oder konnten einen alle und alles mit Slapstick der billigen Art zerstörenden Lynch nicht akzeptieren.

Das Thema der siebenteiligen OTA-Serie ist der regelmässige Versuch 1957 sowas wie das erste Livefernsehen mit der "Lester Guy Show" zu installieren, etwas, was dann aber regelmässig gewaltig in die Hose geht. Das beste an dieser Serie ist das haarsträubend unkompatible Personal, unter diesen Bedingungen kann natürlich nichts gedeihen, ausser Chaos. Lester Guy (Ian Buchanan), bekannt aus Twin Peaks, als Lucy den Kopf verdrehender Warenhausbesitzer, ist ein abgehalfterter, eitler Schauspieler, der unter der Leitung des heillos überforderten Regisseurs Vladja Gochktch einerseits versucht, das Zentrum des Geschehens zu sein und sein Gesicht zu wahren, und andererseits, Intrigen zu spinnen. Hier weiss niemand was der andere macht bzw. vorhat, es gibt kein Zentrum, keine Orientierung, deswegen muss alles scheitern. Der einzige Kitt des Zusammenhalts ist der schreiend komische Dialekt Vladja Gochktchs (eine auffallende Analogie zu den rückwärts sprechenden Zwergen in Twin Peaks): "Sha cun wutch ot un talavosion en yir un hime" ("She can watch it on television in your own home").

Leider kann man es eben nicht im Fernsehen zuhause anschauen, es existieren weltweit nur eine Handvoll mürber Videos, DVDs überhaupt nicht, deshalb die Serie als bulgarische Filmspulen am 22. Juni, 21 Uhr in der Möbel- und Getränkehandlung Phil, Gumpendorferstrasse 10, 1060 Wien, und, um es noch verwirrender zu machen, mit japanischen Untertiteln.

Tex Rubinowitz | Dauerhafter Link | Kommentare (6)


Kommentar #1 von albert:

wer je david lynch als gordon cole in twin peaks gesehen hat, dem sollte nicht entgangen sein, dass herr lynch auch persönlich sehr komisch sein kann.

19.06.2007 | 12:26

Kommentar #2 von dipo:

Ich habe diese Serie tatsächlich Anfang der 90er auf RTL2 im Nachtprogramm gesehen und besitze sogar alle Folgen in deutscher Synchro auf VHS-Band. Dieses Band ist allerdings nicht meins, und harrt seit nunmehr etwa 10 Jahren der Rückgabe an seinen ursprünglichen Besitzer. Die "Aufgepasst!-Zwillinge" sind schon ein denkwürdiger Moment der Seriengeschichte. Und Blinky Watts ist nicht blind.

19.06.2007 | 16:37

Kommentar #3 von Maik:

Das ist synchronisiert worden? Wie um alles in der Welt klingt denn der Akzent des Regisseurs in der deutschen Fassung?

19.06.2007 | 16:57

Kommentar #4 von TR:

"Die Aufgepasst-Zwillinge", die deutsche Version muss juckreizzeitigend sein (The Hurry Up Twins)

19.06.2007 | 17:06

Kommentar #5 von dipo:

@Maik: Er vertauscht recht zufällig die Vokale.
@TR: Geht eigentlich. Ähnlich wie bei der deutschen Synchro von Yellowbeard wurden viele Sprachwitze von einem engagierten Übersetzer in kalauerhafte Wortklaubereien gepackt. Und wenn die Aufgepasst!-Zwillinge mit dem Kopf gegen ein Rohr rennen, und weiter torkelnd "Immer aufgepasst!" lallen, hat das schon Komik.
Ich will auf keinen Fall eine Lanze für deutsche Synchros brechen, aber diese finde ich wirklich nicht gar so schlimm.

19.06.2007 | 17:48

Kommentar #6 von Caroline Härdter:

Ich habe die Serie vor fünf Jahren in Toronto gesehen, eine Videothek auf Queen Street hatte die Bänder. In der Tat sehr komisch, obwohl ich mich mittlerweile fast nur noch an das Furzgeräusch am Ende der Vorspannmusik erinnern kann. Und natürlich an den dämonischen Zwerg. Nee, Moment.

19.06.2007 | 19:56

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