Riesenmaschine

03.11.2005 | 16:04 | Alles wird besser | Alles wird schlechter

Das gehört so!


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"Corbjin arbeitet gerne mit Kontrasten: Schwarz ist richtig Schwarz , Weiss so richtig Weiss. Scharfe Bilder sind recht selten & überhaupt ist die Bildqualität schlecht , alles ist meist grobkörnig. Doch das ist Absicht & jeder , der sich über die schlechte Bildquali beschwert hat Corbjin überhaupt nicht begriffen. Das gehört so ! Das ist Kunst!"
So schreibt ein Amazon-Rezensent über die DVD des Fotografen und Videoclip-Regisseurs Anton Corbijn. Die DVD erscheint in der zweiten Staffel einer bereits eingeführten, erfolgreichen Serie namens The Work of Director.... In der ersten Staffel war die erste Liga dieser Regisseure versammelt, Chris Cunningham (Aphex Twins "Come to Daddy" und "Windowlicker"), Spike Jonze (Der traurige Daft-Punk-Hund mit dem gebrochenen Bein, das Fatboyslim-Tanzvideo "Praise You" in Las Vegas), und der allerkreativste: Michel Gondry mit Meisterwerken u.a. für die White Stripes, Kylie Minogue und Foo Fighters bizarrer Traum "Everlong", und jeder natürlich auch ein paar der prächtigsten aller Björk-Videos.

In der zweiten Staffel ist nun nicht eine zweite Liga versammelt, sondern schauderhafte Konfektionsware aus der untersten Schublade, eben der oben erwähnte Corbijn, der vor etlichen Jahren einmal eine einzige, magere Idee hatte (kein Wunder, der Mann ist Holländer), nämlich Musiker besonders kontrastreich S/W zu fotografieren, und weil Musiker ganz besonders eitel sind, und man von ihnen nicht auch noch erwarten kann, dass sie eine Ahnung von Ästhetik haben, standen alle Musiker bei Corbijn plötzlich Schlange, und weil sie schon mal da waren, liessen sie sich von ihm auch noch gleich ein Video machen. Da halten sie dann immerzu irgendwelche Gegenstände vors Gesicht, fahren mit dem Trabbi durch Berlin und Rapsfelder, oder er steckt Kinder in schwarze und weisse Mönchskutten, auf denen entweder ein Minus- oder Pluszeichen gemalt ist, und jagt sie durch die Dünen. Gnade!
Warum verwechseln so viele Menschen eigentlich Kunst mit Kunsthandwerk? Warum Kreativität mit einer Makrameeeule? Wie die SPD in ihrer Zentrale das schauderhafte Willy-Brandt-Denkmal des schwulen Schmiermalers Rainer Fetting, das Gerhard Richter zu Recht als Zombie bezeichnete. Wie ein zeitgenössischer Zombie aussieht, zeigt (siehe Bild) Chris Cunningham mit seinem neuen lynchesken Video "Rubber Johnny", das er gleich für sich selbst gemacht hat.

Tex Rubinowitz | Dauerhafter Link


03.11.2005 | 12:30 | Fakten und Figuren | Listen

Morgen ist auch noch ein Tag


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Heute ist der 3. November und ein besonderer Tag. Denn heute ist der "World Usability Day", der sich im weitesten Sinne mit der Vereinfachung von technischem Gerät und dessen Bedienung beschäftigt. Veranstaltet von einer Organisation namens Usability Professionals Association, die ärgerlicherweise nicht in der Lage ist, selbsterklärende Grafiken mit ausreichend grosser Schrift bereitzustellen (hier die deutsche Website). Heute ist aber auch Welt-Männertag, der offenbar im Jahr 2000 an der Uni Wien erfunden wurde, und zwar "von besorgten Männerforschern".
Vor dem Hintergrund, dass ein mitteleuropäisches Durchschnittsjahr 365 Tage hat, ist eine Tage-Dopplung sogar wenig. Schliesslich gibt es für viele, viele Dinge spezielle Tage, am 23. Mai etwa ist Weltschildkrötentag. Den Tage-Rekord hält vermutlich der 21. März, der neben dem Äquinoktium und dem Frühlingsbeginn gleichzeitig auch Internationaler Tag des Waldes, Welttag der Poesie, Internationaler Tag zur Beseitigung der Rassendiskriminierung sowie Beginn der Woche der Solidarität mit den gegen Rassismus und Rassendiskriminierung kämpfenden Völkern ist, die sich auch noch über den Weltwassertag, den Welttag der Meteorologie und den Welttuberkulosetag bis hin zum Welttheatertag (27. März) erstreckt. Kein Wunder, dass sich das Tagewesen nach so einer Woche erstmal erholen muss: Am 28. März ist überhaupt kein Tag. Angesichts solcher Tag-Verwirrungen sind wir uns nicht für einen wortspieligen Abgang mittlerer Güte über ein neues Webtool zu schade, gefunden bei Herrn Kosmar: Es handelt sich um den Tagtagger.com, ein Tool, mit dem man ab demnächst seine vielen Tags (flickr, del.icio.us, technorati) organisieren (taggen) können soll. Zwecks besserer Usability, natürlich.


03.11.2005 | 11:15 | Zeichen und Wunder | Vermutungen über die Welt

Gebärendienst

Was der Krieg so alles gebiert. "Helden" zum Beispiel und "absolute Rechtlosigkeit". Selbstverständlich auch "Krieg" und "immer neuen Hunger nach Krieg". Ausserdem gebiert er, dem Schlaf der Vernunft nicht unähnlich, "seine Ungeheuer", den "Hochmut der Menschen", und "Menschliches, Liederliches, auch Ekliges". Schön ist das nicht. Um so lobenswerter ist daher das untenstehende Banner, das kürzlich auf kontraband.com unsere Aufmerksamkeit erregte. Selten, vielleicht nie, wurde so vorbildlich konsequent und unverhohlen der Wechselwirkungsmechanismus von Weltmarkt und Weltpolitik abgebildet, den der Krieg ja schliesslich auch gebiert, diese Riesengebärmaschine.


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Robert Koall | Dauerhafter Link


03.11.2005 | 05:15 | Was fehlt

Die dritte Hand


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Seit Jahrzehnten schon erfindet die Menschheit eine dritte Hand nach der anderen. Es gibt mittlerweile dritte Hände zum Löten, zum Rückenkratzen, zum Pferdezügeln, zum Austrennen von Autoscheiben, als Mundspanner, zum Leimen oder Kleben, zum Justieren von Fahrradbremsen, Spannen von Gitarrensaiten (die Liste hört gar nicht mehr auf) und jetzt sogar, relativ neu, eine dritte Hand, die den zweiten Mann ersetzt. Man fragt sich, woher das kommt und wo das hinführt. Gibt es irgendwo auf der Welt eine zertifizierte Ausbildung zum Dritte-Hand-Erfinder? Hat die IHK eine neue Innovationsinitiative gestartet? Kann man überhaupt noch irgendetwas mit zwei Händen erledigen, zum Beispiel Papierrollen tragen oder eine Landkarte festhalten? Man muss ernsthaft darüber nachdenken, wie ein Leben ausgesehen hat, bevor es dritte Hände gab, hat man vielleicht den Mund zu Hilfe genommen oder die Füsse? Auffällig ist vor allem, dass alle dritten Hände überhaupt gar nicht so aussehen wie die zwei anderen, sondern meist auffällig kompliziert, unpraktisch, ja, wenn man es dann mal ausprobiert, eigentlich nicht bedienbar, also jedenfalls nicht mit zwei Händen (im Bild ein typisches Beispiel). Und hier, so muss man es wohl sehen, liegt das Grundproblem verborgen: Jede dritte Hand braucht eine zweite und/oder erste Hand, um einsatzfähig zu sein, was dazu führt, dass man am Ende nicht eine Hand gewinnt, sondern zwei verliert. Ein raffiniertes Konzept, das zur Entmündigung und Handlungsunfähigkeit grosser Teile der Bevölkerung führt – die erschreckenden Folgen: Arbeitslosigkeit, Ölkrise, Grosse Koalition. Man muss nichtmal Verschwörungstheoretiker sein, um zu verstehen, dass all diese Probleme in wenigen Minuten zu lösen wären, wenn endlich das Importverbot für dritte Arme aufgehoben wird.

Aleks Scholz | Dauerhafter Link


02.11.2005 | 18:40 | Alles wird schlechter

Sag mir, wo die Gardinen sind


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Dass Rauchen ein herrlicher Zeitvertreib ist, mögen wohl nur all jene Frischluftfanatiker bezweifeln, die im Sommer Äpfel essen, Federball spielen, Coldplay hören und Clogs tragen. Dass es den Rauchern immer schwerer gemacht wird, die Stätten geselliger Zusammenrottung gemütlich vollzuqualmen, ist allgemein bekannt und vermutlich irreversibel, leider.
Immer mehr Länder verbieten das, was Luise Rinser einst als einen so trostfernen Ort beschrieb, wie das Zimmer ohne Rauch, das wie eines ohne Gardinen sei. Gardinen waren bei ihr, wie man weiss, eine Metapher für die sprichwörtliche Sau rauslassen. In Italien riskiert ein Raucher in der Wirtsstube das eigenartig elastische Strafmass von 27,50 bis 275 Euros. Oder verschärfter: In Gegenwart einer "offensichtlich Schwangeren" das Doppelte. Was ist mit den armen nichtoffensichtlichen Schwangeren, mit Zwillingen gar? Was, wenn die Schwangere selbst raucht? Muss sie die Strafe an sich selbst entrichten?
Die Firma Nautilus Laboratoriumsbedarf bietet jetzt ein mit Nikotin angereichertes Bier namens NicoShot an, um aus diesem Dilemma Kapital zu schlagen, gemeint ist aber nicht das nach Schinkenbrot schmeckende Bamberger Rauchbier, sondern eine Plörre, die wohl ähnlich einfährt (3 Gläser = 20 Zigaretten) wie Hopfen rauchen oder Alkohol inhalieren. Arthur Dent, der mit 96 Jährchen und nach vierhunderttausend Zigaretten das Rauchen aufgegeben hat, hätte selbst die mit Nikotin angereicherte Hautcreme vermutlich auch nicht mehr so froh gemacht wie die vergilbte Gardine vor den blinden Fensterscheiben.

Tex Rubinowitz | Dauerhafter Link | Kommentare (5)


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