Riesenmaschine

02.11.2005 | 14:36 | Anderswo | Essen und Essenzielles

Lila Launeeis


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Noch ein kleiner Nachtrag zum Ostasien-Special, sowie zur kontraintuitiven Farbigkeit von Lebensmitteln: Wohl dem Erbe der französischen Kolonialgeschichte geschuldet ist das Speiseeis in Vietnam extrem überdurchschnittlich gut. Im Fanny's in Hanoi bekommt man verargumentierbar das beste dunkle Schokoladeneis der Welt, dem eine überirdische Mousse-Note und -Textur eignet. Aber auch das Industrieeis der staatlichen Firma Thuy Ta, die auf ihrer beachtlichen Website neben der Eisproduktion auch noch "Importing the line and the synchronous equipment, The products wholesale and retail dealer, documentation about the photo and The print colour photo service." als Bereich ihrer Geschäftstätigkeit angibt und sich dem Credo "The consummer is all." verschrieben hat, ist von überraschender Güte. Die Basisvariante am Stil, Dua Khoaimon, kommt in unterschiedlichen natürlichen Aromen, zu denen unter anderem Erbse zählt, wie wir nach einigem Rätseln anhand der natürlichen "Frucht"-Stücke ermitteln konnten. Der jeweilige Fruchteiskörper wird von gefrorener gesüsster Kondensmilch überzogen, was einen interessanten kontrapunktischen Akkord setzt. Bei der hier abgebildeten Variante handelt es sich um Kokusnuss, genauer um "Taro Coconut", das in unserer Gesamtwertung am besten abschnitt. Um es von der Kondensmilch abzusetzen, wurde als Farbton ein blasses Lila gewählt, was in Verbindung mit Kokusnuss sicher als arbiträre Setzung gelten muss, ästhetisch aber vollumfänglich zu überzeugen vermag.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Grüner wird's doch


02.11.2005 | 11:19 | Berlin | Was fehlt | Zeichen und Wunder

Verkehrssicherheit muss lustiger werden


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Verkehrssicherheit – ein oft durchdachtes Thema. Trotzdem sind die angewendeten Lösungen bisher eher langweilig und von geringem Entertainmentfaktor. Lediglich der Bau immer schnellerer Autos für garantiert tödliche Unfälle auf der Autobahn folgt einer herausstechenden und unterhaltsam irrationalen Logik. Dabei könnte es in diesem trockenen, ingenieurslastigen Bereich der Gesellschaft viel lustiger zugehen, wie ein Blick über den Tellerrand der Erde zeigt. Der Riesenairbag für das gesamte Auto etwa, von der Nasa bei der Landung des Mars-Rovers erprobt, bläht sich kurz vor dem Aufprall riesig um das ganze Auto auf und schützt nicht nur die Insassen und das Auto sowie die umliegende Gesamtsituation, sondern trägt sicher auch wesentlich zur Erheiterung der Passanten bei. Doch die Autoindustrie, der offenbar ihr bräsiges, überseriöses Image wichtiger ist als Alltagscharme und Sicherheitswitz, verpennt den Trend hin zur Eventisierung von allem und jedem. Wenn ein an sich schrecklicher Unfall wenigstens in lustiger Verpackung daherkäme, dann würden Unfallopfer sicher auch unter weniger stark unter Beschwerden leiden, die wie das Schleudertrauma zum Teil psychosomatisch bedingt sind. Aber solange diese Erkenntnis sich bei den grossen Konzernen und der Politik nicht durchsetzt, muss wieder einmal privates, subversives Engagement an seine Stelle treten. So wie bei dem Autofahrer auf den Bildern, der sich an der Kreuzberger Oberbaumbrücke nicht zwischen zwei Spuren entscheiden konnte und deshalb lustig die ansteigende Leitplanke hochgeschlittert ist.


01.11.2005 | 19:16 | Anderswo | Alles wird besser | Zeichen und Wunder

Der in der Luft geht


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Den Drang zu Höherem, den die Evolution in uns hineingebaut hat, wird nur jemand für intelligentes Design halten können, der noch nie ein Gedicht gelesen oder Reinhold Messner gesehen hat. Schon seit Anbeginn der Erde ringen die Organismen darum, wer denn nun das höchste Gebäude errichten kann, Kristallnadeln, Pilzfäden, Termitenhügel, Gateway Arch, die nutzlose Kette höheren Lebens reisst vorerst leider nicht ab. Ganz drollig ist immerhin eins ihrer jüngsten Glieder, das höchste Sprungbrett der Welt, das die Hualapai-Indianer bis nächsten Januar fertiggestellt haben werden. Touristen können dann vermutlich vom oberen Rand des Grand Canyon mit einem eineinhalbfachen gestreckten Auerbachsalto in den Colorado springen, und die Evolution ist vorerst beendet. Bis jemand eine Schaukel unter den Mond hängt, jedenfalls.


01.11.2005 | 17:26 | Nachtleuchtendes | Alles wird besser

Bei Rot stehen – bei Grün sitzen


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)

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Die Übertragungsgeschwindigkeit der Nerven im menschlichen Körper liegt – im günstigsten Fall – bei etwa 100-120 Meter pro Sekunde und schneidet im direkten Vergleich mit der Lichtgeschwindigkeit (299.792.458 m/s) eher mau ab. In der Praxis bedeutet das, dass man herannahende LKWs nicht mit Hilfe des Tastsinns erfühlen, sondern lieber auf eine Lampe achten sollte, die rotes Licht aussendet, wenn Verkehr herrscht und grünes, wenn die Strasse gerade frei ist. Warum dieses bewährte Prinzip nicht früher auf andere Lebensbereiche übergegriffen hat, ist unklar, aber vermutlich hat es mit den Einkaufspreisen von LEDs zu tun. Im letzten Jahr ist jedenfalls nicht nur ein Toilettensitz auf den Markt gelangt, der im heruntergeklappten Zustand grün und im hochgeklappten rot leuchtet, sondern auch der Türgriff Brighthandle, der berührungsfrei signalisiert, ob die Tür verriegelt ist, und ein Wasserhahn, der kaltes Wasser zur Information blau beleuchtet, warmes aber rot (von Hansa, aber Achtung, unnütze Flash-Hölle). Auch das Universum, so ist zu hören, informiert uns neuerdings durch ein rotes Leuchtsignal, wenn es expandiert und durch ein blaues, wenn es wieder kontrahiert. Wir werden also Bescheid wissen, bevor der Ofen bzw. alles aus ist und diesen Sachverhalt hier ankündigen, damit sich jeder noch rechtzeitig eine Schachtel Kerzen (gelbes Licht = in Betrieb, schwarzes Licht = Standby) zulegen kann.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: There will be light


01.11.2005 | 16:27 | Berlin | Anderswo | Alles wird besser

Radiokunst


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In der Wrangelstrasse in Berlin Kreuzberg ist diese Schablonen-Sprüherei zu finden, "PIRATE RADIO 95.2 FREITAGS 18 Uhr". Beim Betrachten erleidet der geübte Berliner schnell ein Flashback in die Zeit, als Piratenradios auf UKW noch einigermassen sinnvoll waren. Die wilde Assoziationskette geht von dem 1999 betriebenen Piratensender Twen FM mit angeschlossenem Club im ehemaligen Puff über den mittlerweise ebenso legalen wie egalen Expiratensender KISS FM und das gefühlte Piratenradio der 80er Jahre Radio 100 bishin zu Piratensender Powerplay, dem Highlight der sagenhaft schlechten Supernasen-Filmreihe mit Mike Krüger und Thorsten Gottschalk. Im Mai letzten Jahres war die aktuellste Berliner Radiopiraterie zu hören, Pirate-Beat-Box – und zwar genau wie gesprüht auf 95,2 MHz am Freitag Abend. Nun ist das Graffito aber verhältnismässig neu, während man vom dazugehörenden Radio in diesem Jahr kaum mehr etwas gehört hat. Ein Revival, das wider die unendlichen Möglichkeiten des Internet kämpft, als eine Art Flagschiff der Radiopiratenromantik?


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Eine kurze Recherche bringt eine andere Deutung ans Licht, die zwar viel unwahrscheinlicher ist, aber auch viel schöner und die deshalb die offizielle Deutung der Riesenmaschine sein soll: Die Sprüherei könnte eine Guerilla-Kampagne der ehemaligen Beat-Box-Macher für ein Radiokunst-Projekt sein. Auf der Frequenz 95,2 MHz sendet ab heute (mit einigen Monaten Verspätung) bis Ende des Jahres das Radio Copernicus, ein deutsch-polnisches Künstlerradio. Der für seine Genialität vollkommen unterprominente Künstler Felix Kubin ("Die egozentrischen Zwei", ehemalige jüngste Punkband Hamburgs) entwickelte die konzeptionelle Basis des binationalen Künstlerradios, das mit so schönen Features daherkommt wie einer Sendung, bei der gesprochene Texte auf zwei unterschiedlichen Frequenzen verteilt zu hören sind, so dass man zwei Radios braucht, um den Dialog überhaupt verfolgen zu können. Von diesem Gemeinschaftsprojekt der Universität der Künste Berlin und der Uniwersytet Wroclawski (Breslau) sind wir so begeistert, dass wir statt eines unterirdischen Gags über π-raten-Radios ("Vielleicht 3,14?") den Aufruf nach weiteren, spontanen Beiträgen unterstützen wollen.


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"The Wrestler", Darren Aronofsky (2008)

Plus: 3, 6, 9, 49, 118
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Gesamt: 2 Punkte


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