Riesenmaschine

11.01.2006 | 14:24 | Alles wird besser | Zeichen und Wunder | In eigener Sache

Eigenwerbung Riesenmaschine


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)


Was kaum jemand weiss: Die Riesenmaschine veranstaltet derzeit die riesigste Eigenwerbekampagne in ihrer Geschichte. Das obenstehende Banner ist auf Intro.de geschaltet und zieht von dort Schrillionen begeisterter Musikfans zur Riesenmaschine, von denen sich einige hier sogar wohnlich einrichten. Das Banner, designt und getextet von der kongenialen Gestaltungsikone Martin Baaske (der auch die komplette Maschine entwarf), nimmt auf die stark metacrossmedialen Aspekte der Riesenmaschine Bezug, indem trotz scheinbarer Bewegungslosigkeit typische Filmstaubkörnchen darauf herumblinken. Das textlich vorgetragene Eingeständnis, letztlich nichts anderes als eine Mensch/Maschine-Schnittstelle zu sein, ist eine versteckte Huldigung des Interface-Theoretikers Bill Buxton; die typologisch abgesetzte Temporal-Einschränkung "für zwischendurch" bezeichnet die Nähe zum fluffigen, aber doch nahrhaften Schokoriegel, dem Grundnahrungsmittel des aufgeklärt-intellektuell obsessiven Bürgers des 21. Jahrhunderts. Die Farben sind auch ganz schön.

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(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Die historische erste Printanzeige für ein Blog, die heute in der Jungle World auf Seite 27 erschienen ist, beinhaltet dagegen das Eingeständnis, durchaus Teil der Blogwelt mit ihren Macken und so zu sein. Nicht nur, dass hier ausschliesslich mit dem Pfund der übergrossen Selbstreferentialität gewuchert wird, nein, darüber hinaus stimmt die Aussage vielleicht auch nicht, wir haben es jedenfalls nicht ernsthaft überprüft. Da wir aber fest davon überzeugt sind, dass – egal von welchem Blog – die erste Printanzeige für ein Blog genau so hätte aussehen müssen, haben wir das nun nachgeholt. Oder eben doch als Erste gemacht, wer kann das schon sagen, Printanzeigen kann man eben nicht so richtig googeln. Diese Anzeige wird darüber hinaus gescannt werden, als Banner für die Riesenmaschine fungieren und damit ein kaum gekanntes und vielleicht auch nie gewolltes Ausmass an Metametamedialität erreichen.


11.01.2006 | 04:51 | Fakten und Figuren | Essen und Essenzielles

Kaninchen sind auch nur Menschen


LSD im Kopf: Was mag als nächstes passieren? (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Was war die wichtigste Entdeckung des zwanzigsten Jahrhunderts? Die Erkenntnis, dass man auch ohne elektrische Brotschneidemaschinen ganz gut leben kann, speziell wenn man ohnehin nur auf Matratzen herumhalluziniert? Der grossangelegte Versuch, Atome und Universen in entweder wellen-, teilchen- oder kabelbinderähnliche Details zu zerlegen, wobei doch in Wahrheit alles ein wunderschönes Eins ist und uns glühend und pulsierend durchströmt? Oder die endgültige Feststellung, dass es sich bei Kaninchen doch um Nagetiere handelt, und nicht um eine Art Hasen, wie oft falsch behauptet wurde? Was es auch war, es hat mit dem einflussreichsten Naturereignis des zwanzigsten Jahrhunderts zu tun: Im April 1943 nahm der Basler Chemiker Albert Hofmann erstmals und zunächst zufällig das von ihm fünf Jahre vorher synthetisierte LSD ein.

Hofmanns wissenschaftlicher, streng objektiver Bericht über dieses Ereignis liest sich ungefähr so: "... rapidly changing imagery of a striking reality and depth, alternating with a vivid kaleidoscopic play of colors... objects appeared distorted like images in curved mirrors... I felt as if I were out of my body... my 'ego' was suspended somewhere in space and I saw my body lying dead on the sofa..." Hofmann konnte nicht ahnen, dass es nicht nur um sein eigenes Ego ging, sondern bald schon um alle, alle Köpfe, Tiere, Töne, Tiefen, Wörter, man könnte soviele Wörter, aber halten wir uns mal an die Fakten. Ein CIA-Offizier, etwa 1951: "We had thought at first that this was the secret that was going to unlock the universe." Captain Hubbard, 1951: "I saw my mother and father having intercourse. It was all clear." Timothy Leary, auch irgendwann: "LSD is more important than Harvard... God does exist and is to me this energy process, the language of God is the DNA code."

Oft wird danach gefragt, warum die westliche Welt auf wundersame Weise dem Gewalttod entkommen ist, damals als dieser kleine Mann mit dem unästhetischen Bart noch frei herumlief. Oft ist man irritiert, weil immer davon berichtet wird, dass die Welt noch existiert, und zwar genauso langweilig wie vor 50 Jahren. Oft sieht man abstrakte Dinge aus der Sonne herausragen, weiss aber nicht, was das soll. Oft werden die völlig falschen Substanzen verboten. Und oft auch erhält man völlig unzureichende Erklärungen für all diese Themengebiete.

Dr. mult. Albert Hofmann, der wahrscheinlich unsterblich ist, wird heute 100 Jahre alt.

Aleks Scholz | Dauerhafter Link


10.01.2006 | 14:36 | Fakten und Figuren | Vermutungen über die Welt

Das neue Schwarz


Das alte Schwarz (Malewitsch) (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Ein diskursiver Dauerbrenner auf den hochspekulativen Zukunftsmeinungsmärkten ist die Behandlung der Frage, was denn wohl das neue Schwarz sei bzw. werde. Als Kandidaten werden mit hübscher Regelmässigkeit Braun, Grau, Weiss und Rot gehandelt, mitunter sogar Biobaumwolle, Uniformen und Adipositas. Neuerdings verdichten sich die Anzeichen, dass, wie der Riesenmaschine Farbpsycholobo schon seit Jahren zu behaupten nicht müde wird, Schwarz das neue Schwarz sein könnte. Bei den Pariser Modeschauen zeichnete sich Schwarz als Trendfarbe der Saison ab, wie die Berliner Zeitung bereits letzte Woche berichtete und gleich die frappante Begründung mitlieferte: Passt immer, gefällt allen. Das gibt uns Gelegenheit, endlich einmal auf dieses gelungene Stück Webkunst von Hans Bernhard zu verlinken. Und für den Fall, dass sich irgendwann doch wieder Weiss als das neue Schwarz herausstellen sollte, gibt es hier bereits das passende Gegenstück dazu.


10.01.2006 | 11:55 | Fakten und Figuren | Essen und Essenzielles

Gewürze, das Salz in der Suppe


Dass es überhaupt Curryfrüchte gibt! (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Der Chinesische Eidechsenschwanz, Römischer Quendel, Gagel, Gerbersumach, Kirchenseppl, Keuschlamm – all das sind mittelhochdeutsche Beschimpfungen aus dem 12. Jahrhundert Gewürze, die nicht durch lustige Namen auffallen, sondern zumindest im deutschen Kochalltag nicht gerade durch aggressive Überpräsenz glänzen. Weniger noch, der moderne, urbane Haushalt verfügt über geschätzte vier Gewürze, nämlich Salz, Pfeffer, Maggi und eine Würzmischung (Steak, Curry oder Provence), in bestimmten Lebensstadien (enttäuschtes Singletum, frisch zusammengezogene Pärchen) kommt frisches Basilikum dazu, um den tristen Alltag in scheinmediterranem Tomatenmozzarellaolivenöl zu ertränken. Dabei sind Gewürze so viel mehr als nur Namensgeber für Wunderbäume! Was, wie, warum, woher und wo Gewürze sind, wie sie heissen, wie sie auf laotisch, estnisch, hmong, ungarisch und anderen Sprachen heissen, was man mit ihnen machen kann und ihre Geschichte erfährt man auf der unbedingt empfehlenswerten Gewürz-Seite von Herrn Gernot Katzer von der Universität Graz.
Auch für Nichtgourmets hält Herr Katzer Wissenswertes bereit, mein Berliner lokalpatriotischer Currywurststolz etwa fiel weinend in sich zusammen, als ich erfuhr, vermutlich noch nie Curry gegessen zu haben, sondern nur die als Ersatzdroge von englischen Offizieren geschmacksimitierte Gewürzmischung, weil echte Curryblätter ihren Geschmack verlieren, wenn sie getrocknet werden. Adieu grossartige Currywurst, hallo armselige Würzmethadonwurst.


10.01.2006 | 00:48 | Supertiere | Alles wird schlechter | Fakten und Figuren

Taubenverblöden


Uns über: vermilbte Dreckschleuder (Foto: grendelkhan) (Lizenz)
Mögen Sie Zahlen? Oh. Verstehe, in Ordnung. Nehmen wir also an, einer unter fünftausend Lesern dieses Beitrags ist ein Zahlenfreund. Uns interessiert aber keine Statistik, denn ein jeder Leser ist uns lieb und teuer. Wir brauchen also eine Frage, die uns hilft, Zahlenfreunde zu erkennen. Diese Frage ist hier erstaunlicherweise "was ist A für ein Buchstabe", denn 99 Prozent der Zahlenfreunde nennen die richtige Antwort ("Es ist ein A"), aber nur 1 Prozent der Nichtzahlenfreunde sagen überhaupt was, weil die nämlich da oben in Zeile zwei, beim Wort "fünftausend", schon aus diesem Beitrag ausgestiegen sind. Mit anderen Worten: die Frage hat als Zahlenfreundschaftstest eine Irrtumswahrscheinlichkeit von lumpigen 1%. Ein ausgezeichneter Zahlenfreundschaftstest! Sind Sie noch da? Gut.
Wenn Sie jetzt die richtige Antwort wussten ("Ein A"), dann,
so schliessen Sie messerscharf, sind Sie ja wohl mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Zahlenfreund. Und das ist aber nun grundgrottenfalsch. Die Irrtumswahrscheinlichkeit dafür liegt nämlich plötzlich bei schwindelnden 98%, und der Grund für dieses überraschende Ergebnis heisst bedingte Wahrscheinlichkeiten: es war ja von vornherein ausgesprochen unwahrscheinlich, dass ein Leser Zahlen mag, und ein positives Testergebnis erhöht die Wahrscheinlichkeit zwar immerhin von den ursprünglichen 1:5000/0.2 Promille auf immerhin 1:50/2 Prozent. Aber es ist eben, trotz eines positiven Tests mit 99% Zuverlässigkeit, immer noch praktisch ausgeschlossen, dass Sie Zahlen mögen. (Wenn Sie's nicht glauben wollen, rechnen Sie ruhig nach).
Mit ihrer fehlgegangenen Intuition sind Sie freilich nicht allein. Im Beispiel da oben kann man Zahlenfreundschaft durch jede andere schlimme Krankheit ersetzen, zum Beispiel Schnupfen, Mumps oder Vogelgrippe, und den meisten Ärzten und Forschern ginge es beim Deuten der Ergebnisse medizinischer Tests wie Ihnen da oben. Menschen, selbst Experten, liegen oft um Grössenordnungen daneben, wenn sie Wahrscheinlichkeiten schätzen sollen. Weswegen man Testergebnissen stets mit Misstrauen begegnen sollte.
Die von manchen Zahlenfreunden zärtlich "vermilbte Dreckschleuder" genannte Taube auf der anderen Seite stellt sich beim Abschätzen von Wahrscheinlichkeiten recht geschickt an, und liegt im Durchschnitt nahe an der richtigen Lösung solcher Probleme. Das erregt natürlich Unmut unter Ärzten und Forschern, und so rastete und ruhte der Mensch nicht, bis er der Taube streng wissenschaftlich beigebracht hatte, genauso weit daneben zu liegen wie er selber. Wir gratulieren, und freuen uns schon auf Studien, in denen Falken unter der Bettdecke lesen müssen, Fledermäuse zu laut iPod hören und der Gepard jahrelang mit dem Taxi zur Antilope gefahren wird. Warum schliesslich sollte unter all den schönen Kronen ausgerechnet die der Schöpfung ehrlich errungen werden?


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