Riesenmaschine

14.05.2006 | 12:30 | Supertiere | Fakten und Figuren

Von Mäusen und Krebsen


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)

Krebs (grau), attackiert von weissen Zerstörern (grün) (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Leider erfährt man erst heute von der Maus aus North Carolina, die den Krebs besiegte. Und zwar nicht durch lästige Dinge wie Chemotherapie, Marathonlaufen oder grünen Tee, sondern einfach mit Hilfe einer ab Werk eingebauten Krebszerstörungsmaschine, eine Möglichkeit, auf die man erstmal kommen muss. Weil diese Maus von Natur aus sarkom- und krebsresistent ist, heisst sie jetzt der Einfachheit halber SR/CR-Maus, schaltet eigene Krebse ein und aus, wie sie will, und kümmert sich zudem noch um ihre armen, genetisch zurückgebliebenen Artgenossen. Überdies, und das ist die eigentliche Sensation, lehrt sie uns eine fundamentale Lektion über den Zusammenhang zwischen Natur, Maus und Mensch, die wir erstmal mehrere Wochen lang verdauen mussten:

Nature has done the hard part in creating the mutation; it is only up to the scientists studying the mouse to keep an open mind and understand how it did it. We can only be grateful that Nature never read our textbooks.


13.05.2006 | 17:45 | Anderswo | Alles wird besser | Was fehlt

Fermate der Formate


Kann links wie rechts: SPH B-3100 (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Was hat uns die fehlende Weitsicht vergangener Generationen alles beschert! Von Wildwest- bis Nahostkonflikt ruht jedes anderthalbte Weltproblem auf den ehernen Säulen der Fehleinschätzung unserer Vorväter und -mütter, ganz zu schweigen von der Sache mit dem Apfel von ganz früher. Aber auch die Existenz hunderter verschiedener Daten- und Medienformate – wo doch der Formatmarkt einer der wenigen ist, wo Vielfalt nervt. Vielleicht hätte die Menschheit häufiger Denkpausen einlegen sollen, bevor sie Format um Format in die Welt blies. Als das Fernsehen erfunden wurde, legte man aus heute niemanden mehr interessierenden Vakuumröhrengründen ein Seitenverhältnis von 4:3 fest, ohne auch nur einen Moment an die kaum 80 Jahre später existierende Generation Triple Play zu denken, die nämlich mit Handy-Hochkantbildschirmen zurechtkommen muss. Wären hier von Anfang an Nägel mit Köpfen gemacht worden, würde man heute wie selbstverständlich Hochkantfernseher nutzen, ganz klar eine Gewöhnungssache.

Um diesen Fehler notdürftig auszubügeln, hat sich die Firma Samsung eine Konstruktion ausgedacht, die wir bei der an Unübersichtlichkeit und Werbezupflasterung kaum zu überbietenden Seite Slashphone entdeckten. Die Bildschirmbefestigung lebt von leichten Anleihen an eine Mischung aus kybernetischem Kreiselkompass und Kardanwelle und sieht zwar nicht so stabil aus, kann aber dafür zwischen Hochkant und 4:3-Format hin und her schalten. Das bisher nur in Korea erhältliche Gerät kann sonst eigentlich alles das, was man von einer bemannten Raumstation auch erwartet, und lässt eigentlich nur die Frage offen, wann das uns Powerkonsumenten inzwischen langweilig gewordene Quadruple Play endlich zum neuen, tollen Quintuple Play aufgepimpt wird.


13.05.2006 | 11:12 | Nachtleuchtendes | Fakten und Figuren

Todesstrahlen


Unförmiges Killermonster (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Abermals gibt es Grund zur Hoffnung: Es ist unwahrscheinlich, dass wir alle gleichzeitig in absehbarer Zeit durch Todesstrahlen sterben, es sei denn, wir erzeugen sie selbst. "Gamma Ray Bursts" sind die grössten Explosionen auf der Welt, und sie entstehen (vermutlich) nicht, wenn die Katze in den Fernseher uriniert, sondern wenn ein sehr grosser Stern zu einem Schwarzen Loch kollabiert und infolgedessen wie ein Irrer herumstrahlt – eine sogenannte Hypernova. Geschähe dies in unmittelbarer Umgebung der Erde (sagen wir 100.000 Lichtjahre), dann, dann, dann kommen wir elendig um. Alle, es sei denn, wir befinden uns gerade unter Wasser oder in der U-Bahn (mehrere Jahre lang). Ganz so schlimm wird es nicht werden, soviel ist schon seit mehreren Wochen bekannt, also extrem lange. Aber! Jetzt ist es bestätigt, mit Bildern vom Weltraumteleskop – das ist für uns die einzige massgebliche Autorität, und deshalb steht es jetzt hier. Diese Nicht-Katzenexplosionen also, sie finden nur in prähistorischen Milchstrassen statt, wo es noch nicht mal Milch gibt – vollkommen inakzeptabel unstrukturierte Galaxien ohne Form und Haltung (siehe Bild), nicht so schöne Spiralen wie unsere. Deshalb also, weil wir in einer ästhetisch ansprechenden Umgebung wohnen, überleben wir, was klar belegt, wie wichtig Stil und Geschmack im Dasein sind. Natürlich gibt es noch unfassbar viele nicht ganz so grosse Gefahren im Weltall (Supernovae, Asteroiden, kollidierende Neutronensterne, usw.), aber an irgendwas muss man am Ende des Films ja sterben.


12.05.2006 | 16:07 | Anderswo | Vermutungen über die Welt

Cargokult reloaded

Der Glaube an die Cargo-Wahrheit selbst wurde durch Misserfolge nie wesentlich geschwächt. Es lag ohnehin alles auf der Ebene von Experimenten. Die Umwelt war immer unheimlich, gefährlich und unberechenbar. Aber man konnte verschiedene Möglichkeiten ausprobieren. Irgendein Weg würde schon zum Ziel führen. Cargo war dieses Ziel. Dazu war im Grunde jedes Mittel, das sich bot, recht.

Daraufhin weihten sich sämtliche Burschen und Mädchen den neuen Göttern, hörten auf zu arbeiten und zogen in ein gemeinsames Haus. Tagsüber ging man zum Baden. Nachts wurde getanzt. Der Montag galt ihnen als Ruhetag.



Ein Schiff wird kommen. (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Diese beiden hübschen Zitate finden sich im Band "Melanesische Cargo-Kulte – Neureligiöse Heilsbewegungen in der Südsee" von Dr. Dr. Friedrich Steinbauer, der über hundert dieser mehr oder weniger ins Raster des Cargo-Kultes passenden, sympathischen Eigenbaureligionen versammelt und vorstellt. Zum Abschluss des Studiengangs Anthropologie findet jetzt an der Wissenschaftsakademie Berlin ein Seminar zum Thema statt. Dazu muss man vielleicht wissen, dass die Wissenschaftsakademie eine vom Universalgenie Rafael Horzon gegründete akademische Einrichtung ist, die ihrerseits nach den Regeln des Cargokultes funktioniert, und den Abschluss eines "Studium generale" mit nur vier Scheinen ermöglicht, die man durch Ausfüllen eines Multiple-Choice-Tests am Ende jedes Seminares erwirbt. Am morgigen Samstag, den 13. Mai um 19 Uhr c.t. also werden die Schriftsteller Christian Kracht und Ingo Niermann ein Seminar zum Thema abhalten: "Der Geist von Amerika, Fleisch als Metapher und die Wiederkehr des John Frum: Die Entstehung der Cargo-Religion auf Tanna Island, Vanuatu (Neue Hebriden)" Zu Forschungszwecken hatten sich Kracht und Niermann bereits 2003 auf die Spuren des Kultstifters John Frum begeben und dabei im Selbstversuch auch den Sud der Wurzel Kava getestet, die in Frums Heilsreligion eine gewichtige Rolle spielt. Veröffentlicht wurden die dadurch leicht wahrnehmungsverzerrten Ergebnisse bereits in der Zeitschrift Monopol (1/2004).


12.05.2006 | 14:01 | Was fehlt | Sachen kaufen

Arschgeweih goes Hoffmannswaldau


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Wenn man es einerseits nicht so gut findet, sich in Fraktur-Grossbuchstaben "HÄRTER!" oder gar "BERLIN" auf den Steiss tätowieren zu lassen, andererseits aber der Beschriftung des menschlichen Körpers nicht gänzlich abgeneigt ist, kann man im Polyshop für 6,95 Euro Textfragmente von Opitz, Goethe, Benn oder eben Hoffmannswaldau als temporäre Tattoos erstehen. "Du hast den Dorn in Rosen mir verkehrt" eignet sich z.B. ganz gut für Intellektuellenscherze à la Rumbalotte. Schade nur, dass die Textauswahl so eingeschränkt ist. Wir vermissen die Beschriftungen "Wonhauss grimmer Schmertzen" und "Mein Cörper ist nicht mehr als Adern Fell und Bein" (Gryphius), "Blut am Hals der Katze" (Fassbinder) oder auch "komm, mädchen, lass dich stopfen, das ist für dich gesund" (Brecht). Lässt sich da vielleicht, Polyshop, in der zweiten Auflage was machen?


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"Ober", Alex van Warmerdam (2006)

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