Riesenmaschine

09.11.2006 | 01:04 | Alles wird besser | Vermutungen über die Welt

Systeme aufpolieren


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)

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Ein Windows-PC mit dem Look and Feel eines Macs wäre doch ähnlich komisch wie ein intelligentes Schwein, das verwurstet werden würde, obwohl die Menschheit nur Äpfel essen will.
Trotzdem ist das Ganze nichts wirklich Neues. Das schmucke Programmpaket namens Flyakite OS X ist mehr als eine schlabbrige Skin, denn es betreibt ein totales Rebranding, das heisst: Alles, was nach Windows riecht, wird gründlich aus den Festplatten-Banlieues gekärchert.

Die Umkrempelung der Optik führt das kognitiv konditionierte Kleinhirn und seinen verlängerten Arm namens Mauszeiger zwar anfangs auf Abwege, die nach oben gewanderte Taskleiste sollte aber niemanden wirklich aus der Fassung bringen. Ausserdem ploppt alles Mögliche plötzlich auf enorm juvenile Weise durch die Gegend und macht dabei Geräusche, die wie die Vertonung eines Films mit kleinen Kätzchen klingen.

"Na und?" mag sich der Mac-Benutzer denken, der schon lange Windows in seinem Boot Camp herumexerzieren lässt. Die Ähnlichkeit von Windows-Sytemen mit der unberechenbaren, verdorbenen realen Welt ist allerdings nicht zu leugnen. Der Umstieg in die Apfelwelt führt zu einer Menge blinder Flecke. Mit Flyakite OS X dagegen hält man es ambivalent wie Salinger:
Thousands of little kids, and nobody's around – nobody big, I mean – except me. And I'm standing on the edge of some crazy cliff. What I have to do, I have to catch everybody if they start to go over the cliff.

Jan-Christoph Deinert | Dauerhafter Link | Kommentare (9)


08.11.2006 | 17:59 | Fakten und Figuren

Der Punkschalthebel


Sag mir, wo die schmutzigen Gesichter sind (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Volten, Metaebenen oder Trends in der Musik nachvollziehen zu können, ist immer ein guter Gradmesser, an dem sich feststellen lässt, wie weit man vergreist ist. Momentan machen es einem aber gerade zwei aktuelle Lieder sehr schwer, noch irgendetwas zu erkennen, in welche Richtung z.B. gefahren wird.
Das eine ist "Ridin" von einem Rapper namens Chamillionaire, es ist weniger der Song, ein flotter, gehetzter Ohrwurm, als der Name des Interpreten (1,79 cm gross laut Wikipedia). Was ist ein Chamillionaire? Ein Kofferwort für einen Hochstapler? Einer, der sich wie ein Chamäleon anpassen kann und so tut, als sei er reich? Oder ist das Präfix Cha ein Akronym für die Certified Horsemanship Association, oder doch nur das japanische Wort für Tee? Teemillionär? Sah man schon mal einen Afroamerikaner auf einem Pferd sitzen, Tee trinkend gar?

Das andere verstörende Lied ist von einer schottischen Schreckschraube namens Sandi Thom (Bild), musikalisch ein sparsam instrumentierter A-capella-Song, in dem sie jodelt I wish I was a Punk rocker, die nächsten Zeilen aber lauten "...with flowers in my hair, in 77 and 69 revolution was in the air", es wird eine krude Vergangenheitsglorifizierung entworfen, die darin gipfelt, dass "footballers still had long hair and dirt across their face". Die 69er Revolution? Wo? Gegen was? Verkrustete Kopulationsgewohnheiten? Oder ist die gleichnamige Tanzkapelle aus Vaterstetten gemeint? Aber dass das Lied nicht der Logik von Dada folgt, offenbart sich erst in der deutschen Übersetzung eines Internetübersetzungsdienstes: Ich wünsche, dass ich ein Punk-Schalthebel war. Tja, wer will das nicht, Schätzchen, die Zeit einfach qua Schalthebel umlegen?


08.11.2006 | 12:18 | Gekaufte bezahlte Anzeige

Die Faszination der Hochtechnologie


Ab einer bestimmten Grösse lassen sich Flatscreens kaum mehr komplett fotografieren (zuviele Pixel). (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Flachbildschirme sind mit weitem Abstand das beste Konsumprodukt, das ich mir vorstellen kann. Ich liebe Flachbildschirme, seit ich sie das erste Mal auf einer Funkaustellung 19irgendwas gesehen habe. Je grösser, desto besser, mein ideales Wohnzimmer hat keine Tapete mehr, sondern reiht Flatscreen um Flatscreen aneinander. Zusätzlich zur bedingungslosen, hingebungsvollen Liebe zu Flachbildschirmen habe ich aber ein Problem: Ich hasse Fernsehen. Es ist öde. Öde, öde, öde, Gott, ist Fernsehen öde, ich ertrage keinen einzigen Sender. Das macht es auf Dauer etwas schwierig, abwechslungsreich von Flachbildfernsehern zu träumen.

Als funktionierenden Workaround habe ich ein System aus meiner Jugend wiederentdeckt, als ich unbedingt meine Musikanlage mit einem Superverstärker ausbauen wollte, mir aber vom Taschengeld keinen leisten konnte. Ich war regelmässig im Fachgeschäft, habe die Informationsblätter gesammelt und die Leistungsdaten verglichen. Impedanzen, Ausgangsleistungen und Frequenzspektren waren meine besten Freunde, in den Klirrfaktor war ich verliebt, ich habe damals jedes auf dem deutschen Markt bzw. bei Elektro-Hoffmann erhältliche Gerät mit jedem anderen querverglichen und war glücklich.

Heute vergleiche ich Leistungsdaten von Flachbildschirmen. Pixelabstand eher 0,3 Millimeter oder über 0,51 Millimeter? Ist eine Helligkeit von 600 cd/m² ausreichend? Wieviel sollte mir ein Kontrastverhältnis von 1:800 wert sein? Offen gesagt ist mir wie genau wie früher (Klirrfaktor, hä?) vollkommen unklar, was diese Werte bedeuten, und ob beispielsweise ein grosser Pixelabstand gut ist oder ein kleiner, was ja vermutlich direkte Auswirkung auf die Grösse des Flatscreens hat. Immerhin kann ich zum Beispiel bei DoorOne das alles vergleichen, ohne in ein Geschäft zu gehen und mit Verkäufern zu sprechen müssen. Und vor allem merkt niemand, wenn ich nur so rumgucke und nichts kaufe, weil nur öder Quatsch im Fernsehen läuft. Der neue Stern am Trendhimmel: Platonischer Konsum.


07.11.2006 | 18:54 | Supertiere | Essen und Essenzielles

Neologismus Entenmunition


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Es ist alles nicht so einfach in der heutigen Warenwelt. Früher, als die Produkte noch nicht ausgereift waren, konnte man mit echten Produktvorteilen werben, zum Beispiel als Hersteller für Entenmunition. Hersteller A überzeugte mit besonders geringen Schrotrückständen im Entenleichnam, die Munition von Hersteller B war dafür extrem leicht und die von Hersteller C hatte diese spezielle Feuchtigkeitsresistenz. Mittlerweile kann sowohl A als auch B (hat C zwischenzeitlich aufgekauft) alles zusammen und viel mehr. Hersteller D, der sich neu auf dem Entenmunitionsmarkt etablieren will, muss daher zu Tricks greifen.

So kann er via Werbung Pseudo-Produkteinzigartigkeiten schaffen ("Die einzige Entenmunition für den ganzen Kerl", "Die einzige Entenmunition für die ganze Familie") oder mit Testimonials arbeiten ("Die einzige Entenmunition, die schon in Duck Hunt zum Einsatz kam"). Oder er denkt sich wirklich mal etwas Neues aus, irgendein verrücktes Zusatzgimmick, das den Markt vollkommen umkrempelt, oder zumindest ausreicht, um ein Thema in Gadget-Blogs und auf den Vermischtes-Seiten der Zeitungen zu werden. Am besten noch mit einem vorgeschobenen gesellschaftlichem Anspruch, z.B. Umweltbewusstsein.

So dachte man sich das bei Hersteller D aka Season Shot und erfand deshalb eine Patrone, die sich im Entenkörper komplett in Gewürzmischung auflöst, so den Vogel schon vor dem Braten verleckert und zudem umweltfreundlich durch den Rückgang des Patronenhülsenmüllaufkommens ist. Ein Wunder, auf das die Welt gewartet hat. Manch einer mag die Glaubwürdigkeit der ganzen Sache in Frage stellen, wieder andere machen sich vielleicht Sorgen, dass bei den FAQ von Season Shot die Standardantwort "Please check back soon to hear more about our progress." lautet. Aber das ist natürlich Geschwätz, schon bald wird es selbstverständlich sein, beim Entenhändler zwischen den Geschmacksrichtungen Cajun, Lemon Pepper, Garlic, Teriyaki und Honey Mustard zu wählen. Hersteller E wird sich bei seinem Markteintritt ganz schön strecken müssen, seine Entenmunition muss sich dann schon automatisch in Füllung verwandeln, die Ente braten und vierteilen. Notfalls geht aber auch was mit GPS.

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07.11.2006 | 14:04 | Anderswo | Fakten und Figuren

Nicht bestellt, aber abgeholt


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"Das Bedürfnis, etwas zu schaffen, neue Ideen hervorzubringen und diese Ideen auch durchzusetzen sind erste Merkmale der Intelligenz" sagt der russische Bildhauer Zurab Zereteli. Nicht spricht er von der Art, wie diese Ideen durchzusetzen seien. Er selbst hat da eine intelligente Lösung gefunden. Nachdem er Moskau und eine Reihe weiterer russischer Städte mit seinen Skulpturen gegen den heftigen Protest zahlreicher intellektueller Kunstbanausen praktisch zwangsbeglückt und zugemöbelt hat, wollte er einen 126 Meter hohen Columbus zunächst den USA schenken. Als die ihn ablehnten, wanderte er über die ebenfalls desinteressierten Staaten Venezuela, Brasilien und Dominikanische Republik schliesslich wieder zurück in seine Heimat, wo er mit einem anderen Kopf versehen nun am Ufer der Moskwa als Peter der Grosse steht.

Auch die Stadt St Petersburg hat kein Zeretelidenkmal bestellt, aber jetzt eines bekommen, mit den einfachen aber zwingenden Worten Zeretelis: "Ich fahre zurück nach Moskau, und das Denkmal bleibt hier" verabschiedete sich der Meister. Mehrfach bekam das Denkmal einen neuen Standort, bis es seinen endgültigen fand: Auf dem Platz vor dem Hotel "Pribaltiskaja", einem monumentalen Plattenbau. Wo hingegen der Putin im Kimono hin soll, an dem er gerade arbeitet, ist noch nicht ganz raus. Vielleicht schenkt er ihn ja der Stadt Hannover.

Tex Rubinowitz | Dauerhafter Link | Kommentare (3)


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