Riesenmaschine

25.12.2006 | 10:56 | Alles wird schlechter | Zeichen und Wunder

Trillionenklagen


Mit diesem Schein würde Allofmp3.com noch Wechselgeld kriegen (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Wann immer in deutschen Medien eine Zahlenangabe in der Grössenordnung "fünf Billionen Dollar" steht, sollte der wache, durch die stete Ermahnung der wissenden Zweisprachigen geschulte Geist des Medienbenutzers erkennen: Billion ist nicht gleich billion. Fast ist das bereits ein zweisprachlicher Allgemeinplatz, der Unterschied nämlich zwischen der langen und der kurzen Leiter, auch mit dem schönsten aller mathematischen Namen bezeichnet: logarithmisches Zillionensystem. So kommt ein amerikanischer Billionär bereits mit nur 1000 Millionen Dollar zum Titel, ein sonstwoischer, insbesondere europäischer Billionär müsste dagegen 1000 Milliarden auftreiben und das wo der Euro immer stärker wird; man hat es nicht leicht. Genaugenommen gibt es gar keinen Eurobillionär, niemanden, keine Person, keine Institution, nichtmal ein Land, nur China ist gerade mal so schlichter Dollarbillionär geworden, was die Währungsreserven angeht. Jetzt aber schickt sich die amerikanische Tonträgerindustrievertretung RIAA an, endlich einen Eurobillionär in die Welt zu setzen und zwar sich selbst. Um dieses ehrgeizige Ziel zu erreichen, sicherlich zum Wohle der Künstler, hat man die russische Website allofmp3.com verklagt, und zwar auf 150.000 Dollar je downloadbarem Lied. Davon gibt es elf Millionen in den Datenbanken und so summiert sich die Klage auf 1,65 Billionen Dollar, die sich auf amerikanisch noch wesentlich imposanter anhören: "1.65 trillion $", oder eben 1,26 Billionen Euro, ziemlich genau das 1.000fache des Kaufpreises von youtube.com, soviel Geld, wie Japan und China zusammen horten. Wir gratulieren der RIAA zu diesem cleveren Schachzug und hoffen, dass sich die Klagekosten nicht wie in Deutschland am Streitwert bemessen. Oder vielleicht hoffen wir das doch.


24.12.2006 | 15:39 | Supertiere

Der Mensch, das Pferd


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Auffallend gleichen in letzter Zeit bestimmte Produkte der Firma Hasbro Figuren aus der griechischen Mythologie. Schon früh soll dem Kind offenbar das unbeherrschte und lüsterne Volk der Kentauren nahegebracht werden. Die Firma hat neuerdings auch einen Laufstall für die Rösser im Repertoir und wirbt: "Wenn Du mit Deinem Babypony sprichst, setzt es sich in Bewegung! Vergnügt tapst es bei seinen ersten Laufversuchen hin und her, kichert und macht Babygeräusche." Andererseits ist die Analogie zum Gehgestell der älteren Semester unverkennbar. Vom Laufstall zur Gehhilfe, selten ward ein Tier gesehen, das die Vergänglichkeit menschlichen Lebens besser symbolisiert. Und der Zwitter dazwischen, naja, vielleicht eine Metapher für ein Leben jenseits der Festanstellung?

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Fluchtträume

Tex Rubinowitz | Dauerhafter Link | Kommentare (1)


24.12.2006 | 01:32 | Was fehlt

Abbildungen saugen (nicht)


Kommt wieder, wenn es euch gibt. (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Die schwedische Firma Electrolux hat einen gewissen Hang zum Design zukünftiger Haushaltsgeräte, was unmittelbar mit ihrem heutigen Geschäftsfeld "Haushaltsgeräte" zusammenhängen dürfte. Die Firma scheint aber auch einen Hang zur Kundenverspottung zu haben, denn sie wirft regelmässig die tollsten Produkte auf den Markt. Allerdings nur auf den Abbildungsmarkt. Dazu gehörten im letzten Jahr zum Beispiel eine eiförmige und eine eförmige Waschmaschine, die so schön sind, dass man sich an ihnen reiben und sie liebhaben möchte, aber es geht nicht, denn es sind nur Abbildungen.

Und nun kommt die Erfindung, auf die wir staubsaugegeschädigten Menschen seit langer Zeit warten, ohne dass wir es ahnten: Staubsaugerschuhe. In der Wohnung herumschliddern und dabei lästige Haushaltspflichten erledigen, das war unser Wunsch seit Jahren und Jahren. Nun, wer wartend lebt, stirbt scheissend, sagt ein neapolitanisches Sprichwort und die Enttäuschung des Wartens ist nicht konsequenzenlos an uns vorbeigegangen. Viele haben inzwischen abgeschliffene Dielen oder Putzfrauen. Und jetzt diese tollen Staubsaugerschuhe, vor Freude möchte man in jedem Zimmer Teppich legen. Zusätzlich zu unserem Trauma der vorhandenen Staubsauger haben wir aber jetzt auch noch ein Trauma des nicht vorhandenen Staubsaugers, denn auch die Saugeschuhe sind: Abbildungen, nichts als Abbildungen.


23.12.2006 | 19:19 | Anderswo | Zeichen und Wunder

A Festivus for the Rest of us


Jim Doyle, der 44. Gouverneur von Wisconsin, mit seinem Festivus Pole, den er inzwischen der Wisconsin State Historical Society gespendet hat (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Weihnachten, schön und gut, aber müssen wir immer noch den gleichen Kram wie vor knapp 2000 Jahren feiern? Sind wir nicht in der Lage, uns unsere eigenen Feiertage zu schaffen? In den USA findet z.B. Festivus immer mehr Anhänger, ein Feiertag, der 1997 durch eine Seinfeld-Folge bekannt wurde, und heute stattfindet. An Festivus versammelt man sich traditionsgemäss um einen Stab aus Aluminium, den Festivus Pole, dann folgt das Festivus-Dinner mit den Airing of Grievances (alle erzählen sich, was sie im letzten Jahr an den anderen gestört hat) und am Ende des Abends muss der Gastgeber bei den Feats of Strength im Ringkampf besiegt werden. Mittlerweile gibt es übrigens schon das eine oder andere Buch zum Thema Festivus, Wagner Companies aus Wisconsin verkauft seit einem Jahr Festivus Poles (hier das Making Of) und von Ben & Jerry's gab es auch mal ein Festivus-Eis, das aber inzwischen auf dem Eis-Friedhof gelandet ist. Jetzt ist aber genug erzählt. Wir wünschen allen noch ein schönes Festivus, bevor dann morgen wieder der Alltag einkehrt.


23.12.2006 | 13:33 | Berlin | Alles wird besser | Vermutungen über die Welt

Instantkies vs. Virilio


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Es ist gut, dass denkvermögende Menschen sich Gedanken machen über dieses und jenes, über gestern und heute und erst recht über übermorgen. Man nennt sie Philosophen und freut sich mit ihnen, wenn sie Richtfeste in ihren Gedankengebäuden feiern oder ihr Zettelkasten ein rundes Jubiläum begeht. Ihr hohes gesellschaftliches Ansehen und ihre Fähigkeit, komplizierte Dinge kompliziert auszudrücken, hält sie jedoch nicht davon ab, manchmal kontraproduktive Theoriefladen in die Welt zu setzen. Paul Virilio ist so einer. Er macht sich schon dadurch verdächtig, dass er Christ ist. Was ist ein Philosoph ohne die ständige Gefahr, für seine Ideen auf dem Scheiterhaufen verbrannt zu werden, bzw. worden zu sein?

Abgesehen davon hat er mit seinem Bild des "rasenden Stillstands" viel Schaden angerichtet, indem er die Geschwindigkeit verteufelt hat und Stichwortgeber war für schirrmachereske, spenglerfürarme Leute, die den Rückgang handgeschriebener Briefe für ein sicheres Zeichen des nahenden Kulturuntergangs halten. Wahrscheinlich würde er es als Gegner des geschwinden Fortschritts auch doof finden, dass man sich in Berlin bei Baustoffe Malchow bis zu 34 Tonnen Kies in fünf Stunden überallhin liefern lassen kann. Unrecht hätte er, denn alles soll immer, überall und sofort! Das Ziel muss sein, fertige Häuser innerhalb von fünf Minuten überallhin liefern zu können, und zwar welche, deren Form wir selbst erst vor 30 Sekunden an die entsprechende Firma SMSt haben. Als ersten, kleinen Schritt könnte man im Zuge dieses Unterfangens eventuell Baustoffe Malchow die Umstellung von Fax auf Mail nahelegen.


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