Riesenmaschine

24.11.2007 | 00:48 | Anderswo | Essen und Essenzielles

Hoppy


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Der Grund, warum man Japaner nicht ernst nehmen braucht, ist der, dass sie sich selbst nicht ernst nehmen können. Und das fängt schon bei den Grundnahrungsmitteln an, wo der Belgier aus perverser Liebe zum Experiment sein Bier zum Spielzeug entkontextualisiert, veralbert der Japaner das Konzept ins Groteske, indem er dem Gebräu Wasabi beisetzt, so als würde der Rest der Welt das von ihm verlangen. Grün scheinen sie aber generell zu mögen, es gibt ja schon länger die Gurkenpepsi, wir berichteten darüber, aber man kann es nicht oft genug sagen, das schon üble Koffeingesöff "veredelt" mit der wässrigen Schlangenfrucht, vermutlich um den Kindern den Salat zu ersparen. Ein weiteres beliebtes Getränk ist Hoppy, Bier, das gar kein Bier ist, sondern nur so aussieht und so schmeckt. Nun könnte man glauben, das sei was für Abstinenzler oder trockene Alkoholiker, aber nein, Hoppy wird mit Shochu gemischt, einem Gerste-Schimmelpilz-Schnaps. Zumindest scheinen sie beim Rauchen vernünftig zu sein, in den Lokalen ist es erlaubt, auf den Strassen verboten, ausser natürlich in den Smoking Areas.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Kinderwunsch

Tex Rubinowitz | Dauerhafter Link | Kommentare (3)


23.11.2007 | 02:19 | Nachtleuchtendes

Wenn Jesus ein Planet gewesen wäre


Planemo mit Scheibe (Credit: Jon Lomberg)
Aleks Scholz: Frau Passig, der schottische Lokalsender Kingdom FM hat überall im County Fife berichtet, es gäbe jetzt auch so eine Art Mini-Planetensysteme im All. Sie befinden sich gerade vor Ort und haben sich erkundigt. Wie muss man sich das vorstellen, wie ein Mobile aus Planeten?
Kathrin Passig: Ja. So stelle ich mir das jedenfalls vor. Man hört, in der Mitte sei auch vielleicht gar keine Sonne angebracht (schwer am Mobile zu befestigen), sondern nur so eine Art Stein.

AS: Das sind sicher aufregende Zeiten, gerade jetzt in Schottland zu sein.
KP: Ach, es geht so. Die beiden Hälften von Schottland schieben sich entlang des Great Glen aneinander vorbei, die eine nach Südwesten, die andere nach Nordosten. Das geht aber so langsam, dass man es kaum mitbekommt. Gestern kam ausserdem der 95er Bus etwas zu spät. Davon abgesehen ist es hier eigentlich nicht aufregender als anderswo.

AS: Gerade kommt eine Meldung rein, der ich entnehme, dass es sich gar nicht wirklich um Miniaturplaneten handelt, sondern nur um den Anschein der Möglichkeit ihrer mutmasslichen Entstehung. Sind die Leute bei Ihnen immer so voll mit Zweifeln?
KP: Man muss das verstehen, es geht schliesslich um sehr weit entfernte Ereignisse. Wir wissen hier ja schon kaum, was z.B. in Berlin passiert. Da möchte man sich nicht allzuweit aus dem Fenster lehnen, figuratively speaking, ha ha.

AS: Letzte Frage: Was hat das alles mit dem runden Hund zu tun, von dem man neulich hörte?
KP: Nichts eigentlich, neuerdings geht man ja wieder davon aus, dass gar nicht alles im Universum mit runden Hunden zu tun hat, jedenfalls stand das hier in der Zeitung.
AS: Vielen Dank für dieses Gespräch.

Kathrin Passig und Aleks Scholz | Dauerhafter Link


22.11.2007 | 12:44 | Anderswo | Zeichen und Wunder

Hinweisschilderung


Was ich noch zu sagen hätte (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)

In der Literatur gilt: Eine Erzählform aus der Ich-Perspektive wirkt meistens intensiver, weil sich der Leser dadurch in die erzählende Figur hineinversetzen kann. Von der Literatur scheinbar inspiriert, wird in Tokio diese Regel nun auch bei Hinweisschildern an den dortigen Smoking Areas angewandt. Zwar wird durch diese neue Form der Erlebniserzählung das Verstehen der (auch für Japaner) eher unverständlichen Piktogramme nicht wirklich einfacher, dennoch wurde durch die Ich-Botschaften erstmals eine Lösung gefunden, das komplizierte Keigo zu umgehen.

Ob sich dieser Trend in Deutschland durchsetzen wird, bleibt abzuwarten, bislang durften dort ja nur Hunde und Katzen auf Schildern über ihre Geworfenheit sprechen. Aber vielleicht möchte die Möbelkette Ikea demnächst ja mal den Anfang machen, die sich beim deutschen Keigo noch etwas schwertut.


21.11.2007 | 19:35 | Alles wird besser

Gerechtigkeit für die Schneeeule


Auch Tiere kann man dazu erziehen, sich korrekt auszudrücken. (Foto: Veronique Bigeon)
Bekanntlich sind grosse Teile des Internets von unwegsamen, modrig riechenden Kommentarsümpfen bedeckt, in denen memetische Infektionskrankheiten gedeihen. Gabriel Ortiz und Paul Starr arbeiten daran, dieses Problem durch den StupidFilter zu beheben, der die Dummheit auf technischem Wege eindämmen wird, wie auch sonst. Schon ab Dezember 2007 soll eine Alphaversion vorliegen, ein Firefox- und ein Wordpress-Plugin sind geplant.

Wie immer ist die Riesenmaschine ihrer Zeit voraus, denn ihr Kommentar-Dummheitsfilter jätet schon seit zweieinhalb Jahren erfolgreich das Unkraut unter den Beiträgen weg (mal ganz abgesehen von der Riesenmaschiene für Doofe). Im Unterschied zum StupidFilter kommt er ohne "Naive Bayes Classifiers and CRM114" aus, sondern sucht ausschliesslich nach multiplen Satzzeichen, sich mehr als dreimal wiederholenden Vokalen und noch ein paar Kleinigkeiten. Zu unserer eigenen Überraschung ist die Trefferquote recht nahe an 100%, False Positives kommen nur etwa alle drei Monate vor, etwa wenn ein kluger Kommentator etwas Dummes in Anführungszeichen zitiert. Das alles kann man unbedenklich veröffentlichen, weil die, die es angeht, sowieso keine Beiträge lesen.

Einen Vorwurf, den sich auch die Riesenmaschine hin und wieder mal anhören muss, beantwortet das StupidFilter-Projekt in seinen FAQ: "Isn't filtering stupidity elitist?" Die Antwort: "Yes. Yes, it is. That's sort of the whole point."


20.11.2007 | 22:35 | Alles wird besser | Zeichen und Wunder

Spam Poetry

Nach der seit Erich Fried tradierten Methode "Schreibs untereinander und es ist ein Gedicht!" lässt sich fast jedes vorgefundenes Alltagsmaterial in Poesie verwandeln – und dabei mitunter erheblicher Effekt erzielen, wie das Beispiel Donald Rumsfeld demonstriert. Nicht selten tauchen selbst im niedersten Schlagermilieu ungewohnte Versatzstücke humanistischer Bildung auf, wie bei den Puhdys die Vokabel "jegliches". (Die Erklärung in diesem Fall lautet, dass Ulrich Plenzdorf ihnen den Text geschrieben hat.) Ein vergleichsweise neues Phänomen (auch wenn bereits ein Institut zu seiner Erforschung gegründet wurde) ist, dass auch in Porno-Spam-Mails immer öfter Einsprengsel einer längst verflossen geglaubten Hochkultur aufscheinen. Neu ferner, dass diese nicht durch blosse formale Manipulation erzeugt werden, sondern von umfangreicher literarischer Prägung und Sensibilität der Verfasser künden – und die Rede ist nicht von wahllos zerhackten Shakespeare-Fragmenten am Ende, die einzig dazu dienen, Spam-Filter auszutricksen, sondern von echter Verschmelzung von Form und Inhalt. So erreicht uns jüngst jene Mitteilung aus der Feder eines gewissen Newton Heyes, nahezu formvollendet abgefasst in jambischen, bzw. daktylischen Hexametern:

Gaenzlich faustdicke hinter den Ohren hat es die knusprige Aleksandra!
So jungfraeulich schaut sie aus und dann bumst sie wie ein Haeschen.
Als der Riesen Pimmel danach schlagartig in ihren Knack-PoPo eintaucht,
Dreht die reizvolle Hure beinahe durch vor Geilheit!
Besser geht es schon so gut wie nicht mehr, oder?
Das sensationelle verdorbene Angebot, koste es gleich.


Fast meint man, hinter der ersten Zeile eine ironische Anspielung auf Schillers "drinnen waltet die züchtige Hausfrau" zu vernehmen – ein Detail, das echte Meisterschaft erkennen lässt. Dass das Versmass stellenweise hoppelt wie ein Häschen, muss man bei eingehender Betrachtung als gekonntes Stilmittel auslegen. Wie viel Sorgfalt der Verfasser, der unter wechselnden Absender-Pseudonymen zu schreiben scheint, darauf verwandt hat, lässt sich ermessen, wenn man eine ältere und unausgereiftere, noch halbherzig mit Endreimen operierende Variation desselben Stoffes daneben hält, die, schon vor geraumer Zeit publiziert, unser initiales Interesse wachgerufen hatte:

So richtig faustdigge hinter den Horchern hat es die heisse Anni.
So unschuldig schaut sie aus und dann nagelt sie wie ein Bunny.
Als der Mega Schwanz dann blitzartig in ihren Popo verschwindet,
Dreht die junge Hure fast durch vor Begierde!
Perfekter geht es bereits gar nicht mehr, oder?


Nein, gemessen am mittlerweile erreichten Perfektionsgrad ist viel Luft nach oben wahrlich nicht mehr. Wahrhaftig ist hier ein sprachbegabtes und feinsinniges Talent am Werk, das gleichwohl vor der Anwendung sprachlicher Drastik nicht zurückschreckt. Dennoch wollen wir uns noch nicht ganz zufrieden geben und stattdessen mehr noch vom sensationell verdorbenen Angebot kosten. Lieber anonymer Autor: Jetzt bloss nicht "abschlaffen"! Zu astreinen Distichen fehlt nur noch das allergeringste Quentchen. Und zur Not schicken wir einen lyrisch versierten Fluffer aus unseren Reihen vorbei.


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