Riesenmaschine

21.11.2007 | 19:35 | Alles wird besser

Gerechtigkeit für die Schneeeule


Auch Tiere kann man dazu erziehen, sich korrekt auszudrücken. (Foto: Veronique Bigeon)
Bekanntlich sind grosse Teile des Internets von unwegsamen, modrig riechenden Kommentarsümpfen bedeckt, in denen memetische Infektionskrankheiten gedeihen. Gabriel Ortiz und Paul Starr arbeiten daran, dieses Problem durch den StupidFilter zu beheben, der die Dummheit auf technischem Wege eindämmen wird, wie auch sonst. Schon ab Dezember 2007 soll eine Alphaversion vorliegen, ein Firefox- und ein Wordpress-Plugin sind geplant.

Wie immer ist die Riesenmaschine ihrer Zeit voraus, denn ihr Kommentar-Dummheitsfilter jätet schon seit zweieinhalb Jahren erfolgreich das Unkraut unter den Beiträgen weg (mal ganz abgesehen von der Riesenmaschiene für Doofe). Im Unterschied zum StupidFilter kommt er ohne "Naive Bayes Classifiers and CRM114" aus, sondern sucht ausschliesslich nach multiplen Satzzeichen, sich mehr als dreimal wiederholenden Vokalen und noch ein paar Kleinigkeiten. Zu unserer eigenen Überraschung ist die Trefferquote recht nahe an 100%, False Positives kommen nur etwa alle drei Monate vor, etwa wenn ein kluger Kommentator etwas Dummes in Anführungszeichen zitiert. Das alles kann man unbedenklich veröffentlichen, weil die, die es angeht, sowieso keine Beiträge lesen.

Einen Vorwurf, den sich auch die Riesenmaschine hin und wieder mal anhören muss, beantwortet das StupidFilter-Projekt in seinen FAQ: "Isn't filtering stupidity elitist?" Die Antwort: "Yes. Yes, it is. That's sort of the whole point."


20.11.2007 | 22:35 | Alles wird besser | Zeichen und Wunder

Spam Poetry

Nach der seit Erich Fried tradierten Methode "Schreibs untereinander und es ist ein Gedicht!" lässt sich fast jedes vorgefundenes Alltagsmaterial in Poesie verwandeln – und dabei mitunter erheblicher Effekt erzielen, wie das Beispiel Donald Rumsfeld demonstriert. Nicht selten tauchen selbst im niedersten Schlagermilieu ungewohnte Versatzstücke humanistischer Bildung auf, wie bei den Puhdys die Vokabel "jegliches". (Die Erklärung in diesem Fall lautet, dass Ulrich Plenzdorf ihnen den Text geschrieben hat.) Ein vergleichsweise neues Phänomen (auch wenn bereits ein Institut zu seiner Erforschung gegründet wurde) ist, dass auch in Porno-Spam-Mails immer öfter Einsprengsel einer längst verflossen geglaubten Hochkultur aufscheinen. Neu ferner, dass diese nicht durch blosse formale Manipulation erzeugt werden, sondern von umfangreicher literarischer Prägung und Sensibilität der Verfasser künden – und die Rede ist nicht von wahllos zerhackten Shakespeare-Fragmenten am Ende, die einzig dazu dienen, Spam-Filter auszutricksen, sondern von echter Verschmelzung von Form und Inhalt. So erreicht uns jüngst jene Mitteilung aus der Feder eines gewissen Newton Heyes, nahezu formvollendet abgefasst in jambischen, bzw. daktylischen Hexametern:

Gaenzlich faustdicke hinter den Ohren hat es die knusprige Aleksandra!
So jungfraeulich schaut sie aus und dann bumst sie wie ein Haeschen.
Als der Riesen Pimmel danach schlagartig in ihren Knack-PoPo eintaucht,
Dreht die reizvolle Hure beinahe durch vor Geilheit!
Besser geht es schon so gut wie nicht mehr, oder?
Das sensationelle verdorbene Angebot, koste es gleich.


Fast meint man, hinter der ersten Zeile eine ironische Anspielung auf Schillers "drinnen waltet die züchtige Hausfrau" zu vernehmen – ein Detail, das echte Meisterschaft erkennen lässt. Dass das Versmass stellenweise hoppelt wie ein Häschen, muss man bei eingehender Betrachtung als gekonntes Stilmittel auslegen. Wie viel Sorgfalt der Verfasser, der unter wechselnden Absender-Pseudonymen zu schreiben scheint, darauf verwandt hat, lässt sich ermessen, wenn man eine ältere und unausgereiftere, noch halbherzig mit Endreimen operierende Variation desselben Stoffes daneben hält, die, schon vor geraumer Zeit publiziert, unser initiales Interesse wachgerufen hatte:

So richtig faustdigge hinter den Horchern hat es die heisse Anni.
So unschuldig schaut sie aus und dann nagelt sie wie ein Bunny.
Als der Mega Schwanz dann blitzartig in ihren Popo verschwindet,
Dreht die junge Hure fast durch vor Begierde!
Perfekter geht es bereits gar nicht mehr, oder?


Nein, gemessen am mittlerweile erreichten Perfektionsgrad ist viel Luft nach oben wahrlich nicht mehr. Wahrhaftig ist hier ein sprachbegabtes und feinsinniges Talent am Werk, das gleichwohl vor der Anwendung sprachlicher Drastik nicht zurückschreckt. Dennoch wollen wir uns noch nicht ganz zufrieden geben und stattdessen mehr noch vom sensationell verdorbenen Angebot kosten. Lieber anonymer Autor: Jetzt bloss nicht "abschlaffen"! Zu astreinen Distichen fehlt nur noch das allergeringste Quentchen. Und zur Not schicken wir einen lyrisch versierten Fluffer aus unseren Reihen vorbei.


20.11.2007 | 14:42 | Sachen anziehen

Tragbar


Mit RFID in T-Shirt und Wandschrank kann man sich auch abends bequem mit der Kleidung der Kollegen abstimmen. (Foto: adactio) (Lizenz)
Lauter gute Nachrichten: Wearables sind gar nicht tot, sie riechen nur ein bisschen komisch. Ein paar australische Informatiker – vor Jahren hätte man sie Nerds genannt – sind auf die Idee gekommen, der Kleidung RFID-Chips mitzugeben, die im Schrank ausgelesen werden. So hat man einen Überblick, welchen Pulli man im Kaffee Burger angezogen hatte. Aber was reden wir von Pullis, die Zielgruppe für solche Technologie sind natürlich die Leute, die an der Front des modernen Verkaufsgeschäfts kämpfen und für die es essentiell ist, nicht wieder den gleichen gestreiften Anzug zum Geschäftsessen oder zum zweiten Date mit dem Elite-Partner anzuziehen, wie die Ontario-Ausgabe von Business Edge ausführt.

Zugegeben, Killerapplikationen sehen anders aus. Aber da Computer seit ein paar Jahren eher in die Hosentasche gesteckt, als vor den Bauch gebunden werden, müssen sich die Ideengeber wieder was für die Wearable-Forschung einfallen lassen. Es wäre beängstigend, wenn sich junge Informatiker nun über automatisierte Anzugwahl Gedanken machen sollen. Aber wahrscheinlich ist das Konzept um die integrierte Erinnerungseinrichtung für das Wäschewaschen herumgedacht. Danken wir den Erfindern wenigstens für das Wässern des verkümmernden Informatikerklischees.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Godot Trends II: Wearables


20.11.2007 | 06:00 | Alles wird besser

Nebelernte


Nebelernte (typähnlich) (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Die Israelis Joseph Cory und Eyal Malka haben einen Preis gewonnen, für ein neues, portables Gerät zur Gewinnung von Wasser aus Luft: Man faltet eine invertierte Pyramide aus einer Art Stoff auf, hängt sie an Bäume und wartet, bis sie aus der Luft der Umgebung Wasser gemacht hat, das sich in der Spitze der Pyramide ansammeln wird – angetrieben von den einfachen physikalischen Mechanismen Schwerkraft und Geduld. Damit kann man nicht nur Nebel ernten, wie mit herkömmlichen Wunderplanen, sondern auch Morgentau, Abendtau, Klammfeuchte und Inkontinenz (die von Vögeln), vermutlich auch Regen, wenn man's drauf anlegt. Ökonomisch kaum verständlich, warum das Gerät ausgerechnet in Gegenden verkauft wird, wo es überhaupt kein Wasser gibt. Schottland dagegen scheint kein Interesse zu haben.

(via Technovelgy)


19.11.2007 | 12:24 | Alles wird schlechter | Essen und Essenzielles | Vermutungen über die Welt

Aus dem Archiv der Riesenmaschine (1995): Randmarginalien

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Brot für die Brut


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