Riesenmaschine

20.11.2007 | 14:42 | Sachen anziehen

Tragbar


Mit RFID in T-Shirt und Wandschrank kann man sich auch abends bequem mit der Kleidung der Kollegen abstimmen. (Foto: adactio) (Lizenz)
Lauter gute Nachrichten: Wearables sind gar nicht tot, sie riechen nur ein bisschen komisch. Ein paar australische Informatiker – vor Jahren hätte man sie Nerds genannt – sind auf die Idee gekommen, der Kleidung RFID-Chips mitzugeben, die im Schrank ausgelesen werden. So hat man einen Überblick, welchen Pulli man im Kaffee Burger angezogen hatte. Aber was reden wir von Pullis, die Zielgruppe für solche Technologie sind natürlich die Leute, die an der Front des modernen Verkaufsgeschäfts kämpfen und für die es essentiell ist, nicht wieder den gleichen gestreiften Anzug zum Geschäftsessen oder zum zweiten Date mit dem Elite-Partner anzuziehen, wie die Ontario-Ausgabe von Business Edge ausführt.

Zugegeben, Killerapplikationen sehen anders aus. Aber da Computer seit ein paar Jahren eher in die Hosentasche gesteckt, als vor den Bauch gebunden werden, müssen sich die Ideengeber wieder was für die Wearable-Forschung einfallen lassen. Es wäre beängstigend, wenn sich junge Informatiker nun über automatisierte Anzugwahl Gedanken machen sollen. Aber wahrscheinlich ist das Konzept um die integrierte Erinnerungseinrichtung für das Wäschewaschen herumgedacht. Danken wir den Erfindern wenigstens für das Wässern des verkümmernden Informatikerklischees.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Godot Trends II: Wearables


20.11.2007 | 06:00 | Alles wird besser

Nebelernte


Nebelernte (typähnlich) (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Die Israelis Joseph Cory und Eyal Malka haben einen Preis gewonnen, für ein neues, portables Gerät zur Gewinnung von Wasser aus Luft: Man faltet eine invertierte Pyramide aus einer Art Stoff auf, hängt sie an Bäume und wartet, bis sie aus der Luft der Umgebung Wasser gemacht hat, das sich in der Spitze der Pyramide ansammeln wird – angetrieben von den einfachen physikalischen Mechanismen Schwerkraft und Geduld. Damit kann man nicht nur Nebel ernten, wie mit herkömmlichen Wunderplanen, sondern auch Morgentau, Abendtau, Klammfeuchte und Inkontinenz (die von Vögeln), vermutlich auch Regen, wenn man's drauf anlegt. Ökonomisch kaum verständlich, warum das Gerät ausgerechnet in Gegenden verkauft wird, wo es überhaupt kein Wasser gibt. Schottland dagegen scheint kein Interesse zu haben.

(via Technovelgy)


19.11.2007 | 12:24 | Alles wird schlechter | Essen und Essenzielles | Vermutungen über die Welt

Aus dem Archiv der Riesenmaschine (1995): Randmarginalien

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Brot für die Brut


18.11.2007 | 16:33 | Supertiere | Essen und Essenzielles | Papierrascheln

Fisch- und Pressefutter


Eine aussergewöhlich banale Erklärung für vieles.
Wissenschaftliche Studien, die nicht das Ende von Übergewicht, schlechtem Aussehen morgens und Krebs in den nächsten fünf Jahren ankündigen, finden nur ein Medienecho, wenn die Tiere und ihr Sexualverhalten niedlich sind und man das Ganze doch noch irgendwie auf den Menschen anwenden kann.
Nehmen wir zum Beispiel das folgende: Buntbarsche sind Maulbrüter und Weibchen, die bereits unbefruchtete Eier in ihrem Mund tragen, reagieren auf die Muster der Afterflosse des Männchens, die ihren Eiern ähnlich sieht. Sie versuchen, die beim Transfer vermeintlich übersehenen aufzusammeln, was das Männchen zur Samenabgabe nutzt. Die Befruchtung erfolgt so im Mundraum. Forscher an den Universitäten von Basel und Konstanz fanden nun unlängst heraus, dass sich diese Muster mehrfach in der Evolution der Buntbarsche entwickelt haben und konnten auch ein zugehöriges Gen ausmachen. Nun wird die Studie von den Hochschulen nicht eben wie Fernsehbier angepriesen. Die Aufmerksamkeits-Fach- und Einzelhändler vom New Scientist laubsägten zwar die glitschige Schlagzeile "Oral sex gene helps male fish fake it" aus herumliegendem Jahrmarktattrappen, aber viel Medienecho hat die Studie trotz Erfüllung der eingangs genannten Kriterien nicht erhalten.

Geschickter ist es nämlich, wenn man der Orginalarbeit nicht irgendeinen sperrigen Namen gibt, sondern gleich zur Sache kommt. "An Exceptionally Simple Theory of Everything", zack, mit solchen Titeln muss man auch keine entstellenden Verkürzungen der Medien fürchten, und mit everything hat man Tiere und Menschen gleich mit abgedeckt. Wer für 16,95 Euro Quantenphysik studiert, in dem er Roger Penrose' Road to Reality koquergeblättert hat, kann sogar beim Abstract mit dem Kopf nicken, als hätte er es verstanden. Ein guter Teil der Physiker reagierte zwar mit der üblichen Litanei, dass es zu jedem Problem eine einfache, weil falsche Lösung gibt, aber wenigstens haben sie es gelesen. Die Medien haben Nachricht und den als Surfer-Dude posierenden Autor gleich geschluckt, so kann man es halt auch machen.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Sexlos gerädert

Roland Krause | Dauerhafter Link


18.11.2007 | 00:43 | Anderswo | Alles wird besser

Islandaufschlag


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Länder! Was wären wir ohne sie. Doch – es gibt solche und solche, und es gibt Island. Island ist das jüngste unter allen Ländern überhaupt, erdgeschichtlich ist es mit 20 Millionen Jahren gerade mal in der Pubertät, während die anderen Kinder in der Klasse mindestens 200 Millionen Jahre alt sind und auch noch alle aus der gleichen Familie stammen. Diese Aussenseiterposition hat Island frech umgedeutet und ist nun die coole Sau in der Kontinenteschule, und zwar in den Fächern Aussehen, Natur, Action und Bewohner. Nur Klima verhagelt Island regelmässig das Zeugnis. Aber sonst herrscht angenehme, drucklose Innovation. Es wird nicht einfach bei der Inneneinrichtung mit Copy & Paste gearbeitet wie so oft, sondern auch scheinbar notwendige Standards werden hinterfragt. Bäume etwa hat Island als ständig im Weg herumstehend erkannt und abgeschafft, stattdessen stehen überall hübsch geformte (und wesentlich haltbarere) Dekofelsen herum. Auch auf Beschwerden ("ist ja gar nicht grün") hat Island reagiert und seine gesamte Oberfläche mit grünem, weichem Moos überzogen. Die Klimaschwäche, ausgelöst durch eine hartnäckige Regenveranlagung und übertriebene Kühlheit, gleicht Island von innen wieder aus: Island ist das einzige Land mit eingebauter Fussbodenheizung. Die felsigmoosige Landschaft auf dem Foto etwa, ein Teil der blauen Lagune, gewinnt noch an Attraktivität, wenn man weiss, dass das weisslichblaue Wasser etwa 37 Grad warm ist und an Menschen gewöhnt; dazu kann man sich den weissgrauen Schlamm vom Grund des Wassers ins Gesicht schmieren und wird gefühlte Verbrennungen neunten Grades erleiden, aber schon nach dreissig Minuten klingen die Schmerzen ab und die Gesichtshaut fühlt sich an wie ein frisch aus der Plazenta geschältes Kaiserschnittkälbchen. Stehend warmes Wasser mit Peelingmöglichkeit auch im Winter – andere Länder könnten ruhig einmal ihre vulkanischen Aktivitäten feinjustieren, anstatt lange nichts zu tun und dann alles aufeinmal nachholen und mit heissen Steinen um sich werfen. Dieser Beitrag soll der Start sein zu einer losen Serie über Island, einem Ort, der sehr viel mehr richtig macht als falsch und wer kann das schon von sich behaupten.


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