Riesenmaschine

14.05.2008 | 14:23 | Nachtleuchtendes | Alles wird besser

Der Reichsflugscheibenfilm ist da!

Der Mond, machen wir uns nichts vor, ist unbeliebt. Kein Wunder, er ist aus Käse, riecht streng und ruft nie zurück. Der Grund dafür ist aber nicht, dass der Mond von blinden, blöden Kräften der Natur gemacht wurde und nicht von – sagen wir – einem betrunkenen Rudel Internetbewohner. Er sähe nämlich sonst aus wie eine niedliche Katze, der ein Cola-Geysir aus dem Mentos spritzt, das sie statt eines Auges hat, und wäre noch viel unbeliebter. Wer heutzutage dem Irrglauben, viele Narren seien klüger als ein einzelner Narr, noch anhängt, braucht aber nicht auf den Katzenmond zu warten, er kann sich anhand des Wikiromans von Penguin bequem vom Gegenteil überzeugen. Leider kann er sich jedoch sofort danach mit dem am 6. Mai veröffentlichten Trailer von Iron Sky vom Gegenteil dieses Gegenteils einwickeln lassen, die Welt ist nämlich komplizierter als der Mond. Iron Sky ist ein Film über die Rückkehr der aus der Antarktis auf den Mond geflüchteten Nazis, kollektiv gedreht von den Bewohnern des Internet, mittels einer wikiartigen Produktionswebseite. Mit diesen Mitteln hätte man womöglich sogar den Mond selbst so hingekriegt, dass er nach was aussieht.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Wunderwaffen: der Haunebu II


13.05.2008 | 22:42 | Sachen kaufen | Listen

Gegenwart und Zukunft des Angebens in den verschiedenen sozialen Schichten anhand des konkreten Beispiels einer ungenannt bleiben wollenden Schicht unterhalb der Oberschicht


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Angeben ist kein einfaches Geschäft. Ständig tänzelt man am Rande der Lächerlichkeit entlang, man muss mit einer Vielzahl verschiedener Zielgruppen und ihren komplizierten Ansprüchen zurechtkommen und die Halbwertzeit angabeorientierter Konsumgüter verringert sich ständig. Ausgedachte Untersuchungen wichtiger Institute geben wieder, dass sich das Durchschnittsbudget des Angebers seit den 1990er Jahren beinahe verzwölffacht hat (nach eigenen Angaben). In der gebildeten Oberschicht ist die scheinbare Abkehr vom konsumorientierten Angeben einer der grossen Angeber-Trends des 21. Jahrhunderts. Tatsächlich wird dort das Angebertum in eine Wolke aus fein zerstäubtem Understatement gehüllt – das Porsche-Cabrio wird in farblich zurückhaltendem, umweltfreundlichem Lack bestellt, versehen mit dem Aufkleber "Mein Zweitwagen hat einen Hybridmotor".

Aus blossem Geldmangel gibt die Mittelschicht eher mit sich selbst und ihren Fähigkeiten an als mit hochwertigen Konsumgütern. Der Trend dort geht eindeutig zur Bildung als Statussymbol. Auf jedem normalen Klassentreffen zählt man heute 15 verschiedene Titel aus 10 Ländern, auf Alumnitreffen der Wirtschaftswissenschaften wirkt man ohne MBA, Doktor und profunde Kenntnisse von sieben aussereuropäischen Sprachen eher wie ein Aussenseiter als ohne Hose.

Und die Unterschicht? Dort gibt man sich gewitzt und nicht geschlagen, schon allein, weil in der Unterschicht Angeben als offensiver Teil der Balzstrategie unmittelbar zum Überleben der eigenen Gene beiträgt. So kauft man sich, wann immer möglich, brandneue Teile für sein – wie man noch Anfang dieses Jahrtausends sagte – aufgepimptes Automobil. Ein Nachteil für den Unterschichts-Angeber von Unterwelt war bisher, dass auch der teuerste, vergoldetste Zylinderkopf von aussen ebenso wenig sichtbar ist wie der 5.000-Watt-Verstärker im Kofferraum. Dieses Problem löst man bei Unterschichts inzwischen, indem man die Logos aller eingebauten Produkte an der Seite des Autos aufklebt. Das Verfahren ist nicht ganz zu Ende gedacht, weil noch das jeweilige Modell und vor allem der Preis (am besten relativ zum Monatsgehalt) fehlen – aber es ist der Anfang einer Weltrevolution, nämlich des Virtuellen Angebens. Denn um ein Logo auf die Autotür zu kleben, braucht man natürlich kein eingebautes Produkt.

Und so sehen wir die Zukunft der Angeberei in allen Schichten vor uns: die Menschen werden herumspazieren und Bluetooth-Botschaften mit angeblichen Statussymbolen aussenden. Holographische Projektionen werden über dem Kopf des Angebers schweben und ihn, seinen ausgedachten Bildungsweg, seine tolldreist gelogenen Erlebnisse im Dschungel von Tibet und seine vorgeblich erworbenen Edelkonsumgüter in schillernden Bewegtbildern preisen. Schliesslich wird die Angebe-Holographie auch noch mit einer eigenen künstlichen Angeber-Intelligenz ausgerüstet werden und endlich wird so ein alter Menschheitstraum wahr geworden sein: die Existenz des Über-Über-Ich.


11.05.2008 | 11:54 | Alles wird besser | Sachen kaufen

Fünf Tonnen Wasser ins Gesicht


Aquapower: Die hochkonzentrierte Essenz von Wasser (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Zwar ist Wasser an sich schon ein faszinierendes Zeug mit mannigfaltigen Eigenschaften. Dennoch bleibt die Zahl irgendwie etwas abstrakt: "Mit der Power von 5000 Litern Thermalwasser". Ginge es um die gesundheitsfördernde Kraft des reinen Wassers, die sich hinter dem Konzept SPA ("Sanus Per Aquam") verbirgt, wäre die Information eine glatte Nullaussage, zumal sie nicht mal Angaben über die Menge enthält, auf die diese 50 Hektoliter buchstäblich eingedampft werden. Auch nach den Regeln der Homöopathie wäre der Gedanke, eine Lösung so lange wieder einzudicken, bis die reine Wirksubstanz übrig bleibt, nachgerade kontraproduktiv. Dem Kleingedruckten entnehmen wir aber, dass es sich bei dem wirksamen Äquivalent der fünf Tonnen Thermalwasser in Biotherm Homme um hochkonzentriertes "Reines Thermalplankton-Extrakt (RTPE)" handelt, dessen regenerative und vitalisierende Wirkung auf Haut und Zellen angeblich wissenschaftlich nachgewiesen ist. Zwar kann Wikipedia mit dem Begriff "Thermalplankton" nichts anfangen, auch das Kürzel RTPE scheint landläufig eher andere Bedeutungen aufzuweisen. Dennoch sind wir unterm Strich froh, nicht länger ständig fünf Kubikmeter Wasser im Kulturbeutel mit herumtragen zu müssen.


08.05.2008 | 18:57 | Berlin | Alles wird schlechter | Vermutungen über die Welt

Peak W-LAN


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Viel ist derzeit zu lesen über den Aufstieg Neuköllns zum neuen Berliner Ausgehbezirk. Doch wer einen Blick hinter die schillernde Fassade aus Kleinstgalerien, Kulturprojekten und der neuen Ausgehmeile Weserstrasse wagt, muss feststellen, dass selbst Nordneukölln zu grossen Teilen noch auf dem Stand von vor zehn bis fünfzehn Jahren ist. Die Infrastruktur konnte mit dem schnellen Wandel einfach nicht mithalten und so wird beispielsweise vom Bezirksamt das WLAN nur für wenige Stunden am Tag angeschaltet, wie ein Aushang an der Kantina von Hugo in der Friedelstrasse zeigt.

Mitte- oder Kreuzbergbewohner werden nun schmunzeln – weil sie die Tragweite des Problems noch nicht erfasst haben! Denn auch WLAN ist nicht unendlich vorhanden, auch wenn der sorglose Umgang mit der Ressource (Hallo, Estland!) das nicht unbedingt erwarten lässt. Seriöse Studien gehen sogar davon aus, dass die Menschheit schon heute mehr als die Hälfte des Welt-WLAN-Aufkommens verbraucht hat. Und wenn erst mal jeder der über 300.000 Neuköllner ein eigenes Notebook besitzt, drohen spätestens 2020 Mondpreise und Verteilungskriege.


07.05.2008 | 14:02 | Berlin | Supertiere | Vermutungen über die Welt

Sandkastenkreuzzüge


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Vorbei die Zeiten, in denen alle Spielplätze gleich aussahen, in denen überall die wie buntangepinselte Holzsägearbeiten anmutenden Schaukeltiere pflichtbewusst ihren Dienst versahen, während der Rest der Plätze mit lieblosen Klettergerüsten von der Stange ausgestattet war. So wurde beispielsweise in Berlin-Friedenau erst vor einigen Wochen ein komplett durchgebrandeter Spielplatz im "Der kleine König"-Look eröffnet. In anderen Bezirken setzt man hingegen krampfhaft auf kreative und individuelle Lösungen, wobei in Kauf genommen wird, dass diese manchmal eine Spur an der Zielgruppe vorbeigehen – wie etwa der Drogenspielplatz vom Prenzlauer Berg.

Beim Platz an der Kreuzberger Ohlauer Strasse dürfte aber zumindest klar sein, mit welchen Argumenten die Gestalter bei der Präsentation im zuständigen Bezirksamt punkten konnten. Man wolle an die "Lebenswelt der vielen Menschen mit migrantischen Hintergrund im Kiez" anknüpfen und gleichzeitig den deutschen Kindern "schon früh eine Auseinandersetzung mit fremden Kulturen" ermöglichen, auf diese Weise "Brücken bauen" und "Integrationspotenziale aktivieren". Der Spielplatzbeauftragte von Friedrichshain-Kreuzberg war begeistert. Das Ergebnis sieht hingegen aus wie ein Schlachtfeld zu Zeiten der Kreuzzüge: Zwei geköpfte und gepfählte Moslems säumen das zentrale Klettergerüst, eine Kampfansage, die am anderen Ende von einem Paar gigantischer Krummsäbel erwidert wird. Auch das Kamel ist offensichtlich tot, streckt es doch alle Viere von sich. Da können ein paar friedliche Alibiholzpalmen auch nichts mehr retten.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Spielen auf Pilzen


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