Riesenmaschine

21.06.2008 | 10:28 | Alles wird schlechter | In eigener Sache

Gestern war alles besser


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Radio ist in vielerlei Hinsicht schlechter als Internet. Dazu gibt es Literatur und Talkshows, deshalb soll hier nicht weiter darauf eingegangen werden. Andere Medien sind aber durchaus auch manchmal deutlich schlechter als Radio. Das traditionelle Fenster zum Beispiel. Es beschlägt bei Nässe, zeigt jeden Tag dasselbe Bild und ab und zu scheissen die Vögel drauf, alles Nachteile, die das Radio elegant vermeidet. Die Welt vor dem Radio war darum klar schlechter als die Welt nach dem Radio. Zum Beispiel auch deswegen, weil man, als es das Radio noch nicht gab, auch nicht im Radio erfahren konnte, dass es in Wahrheit umgekehrt ist und die Welt prinzipiell immer schlechter wird. Dieses denkwürdige Ereignis wird sich in der Nacht von Samstag auf Sonntag abspielen, und zwar in der ZIA-Radioshow Folge 137, "Gestern war alles besser – Das kulturpessimistische Magazin". Deutschlandradio Kultur, 00:05 bis 01:00.


19.06.2008 | 23:45 | Anderswo | Essen und Essenzielles

Kontraste


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Über Kontrastflüssigkeiten für Windeln, Tampons und Katzenstreu wurde schon viel spekuliert, eine konkrete Antwort ist noch ausständig: Warum sie blau sein muss, wenn die Auscheidungen nicht auch blau sind, wie beim Wegdornbeeren essenden Kaninchen. Warum nun ausgerechnet Blau der Stellvertreter für Rot, Gelb und Braun ist, warum nicht Grün?

Ja, assoziiert man nicht mit Blau Frische, so wie uns die Kloreinigungsnabobs einzureden versuchen? Es scheint da einen nicht eindeutig definierten Graubereich zu geben. Was ist gutes Blau, was böses? Vollends verwirrend wird es, wenn Katzen das Blau ihrer Ausscheidungen so ans Herz gewachsen ist, dass sie in blauen Waschbecken schlafen. In Japan z.B. wirbt die Schlagersängerin Jun Tugawa seit Jahren für das Washlet der Firma Toto, indem sie sich die Hände mit Tubenfarbe blau beschmiert. Schmutz und Reinheit in einem. Nun scheint Japan generell ein Land der diffusen Grenzen zu sein, das braune Pepsicola wurde zuerst grün und jetzt blau. Noch hat keiner gesagt: Schmeckt wie Elvis. Das Argument, dass etwas, das so blau aussieht, nicht natürlich sein kann, kann man dann mit dem Schmutzargument entkräften. Andererseits: sind Ausflüsse und -scheidungen nicht auch natürlich?

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Man schmeckt nur mit den Augen gut

Tex Rubinowitz | Dauerhafter Link | Kommentare (7)


18.06.2008 | 08:59 | Anderswo | Alles wird schlechter

Nazivergleiche in die Steinzeit gebombt


Bunker (Foto, Lizenz)
Hitlervergleiche sind ein unverzichtbarer Bestandteil unserer Kultur, nicht nur, weil sie Kohärenz von Vergangenheit und Gegenwart herstellen, sondern auch wegen ihrer inhärenten Unschlagbarkeit. Wer sich so ähnlich verhält wie Hitler, hat verloren, nicht nur den Weltkrieg, sondern auch seinen Ariernachweis oder so. Der Hitlervergleich, das einäugige unter den blinden Totschlagargumenten.

Aus Amerika jedoch kommt heute Kunde von einem Debakel in der neuzeitlichen rhetorischen Nutzung des Nazidebakels. Jemele Hill, kurzatmige Kolumnistin des Sportgiganten ESPN, kommentiert am Samstag die Finalserie der NBA mit folgender Sentenz: Rooting for the Celtics is like saying Hitler was a victim. It's like hoping Gorbachev would get to the blinking red button before Reagan. Ein Hitler- und ein Gorbatschowscherz in einem einzigen Satz! Grossartiges Beispiel abwegiger Sprachentartung.

Dann aber der Untergang. ESPN entschuldigt sich am Montag für den absolutely unacceptable comparison und entfernt die Statements. Was soll bitte daran inakzeptabel sein, eine altgediente rhetorische Figur in neuem Gewande zu verwenden, vermutlich historisch zum ersten Mal im Zusammenhang mit Basketballfans? Dumm, ja, aber inakzeptabel? Was soll's, Hill jedenfalls ist vorerst beurlaubt, um über ihre Worte nachzudenken.

Aber jetzt der eigentliche Skandal. Was folgt, ist die zensierte Fassung der Kolumne: Rooting for the Celtics is like supporting inflation, unemployment and locusts. It's like praying for Eva Mendes to get married and for Brad Pitt to be disfigured. So ja nun nicht, ESPN. Wer Hitlervergleiche durch Brad-Pitt-Vergleiche ersetzt, klebt auch Micky-Mouse-Sticker auf die Goldedition von "Mein Kampf". Celtics trotzdem 131:92.


16.06.2008 | 17:56 | Essen und Essenzielles | Vermutungen über die Welt

Psycho-Kaugummi


Lebensmittelrechtlich herausgeforderte Designerdroge (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Das letzte Mal, dass Kaugummis unmittelbar auf die Psyche wirkten, muss in (West-)Deutschland gegen Ende des Zweiten Weltkriegs gewesen sein, als die GIs mit ihnen den Geschmack von Freiheit und westlicher Konsumkultur einschleppten. Seither war die Wirkrichtung lange Zeit eher der Körper, die Bekämpfung von Mundgeruch und später Karies. Mit Orbit balance ist nun der erste "Functional Food"-Kaugummi auf den Plan getreten, der dezidiert auf den Geist wirken soll, und mit dem man "auf einfache Art etwas für Ausgeglichenheit und Wohlbefinden" tun kann, wo immer einem danach ist. Zutat, die das Versprechen einlösen soll, ist Aloe Vera, jener Kakteensaft, dessen Siegeszug Wellness-Marker von den Hautpflegeprodukten über die Joghurts nun also bis zur Quengelware reicht und dort sicher nicht enden wird. Demnächst werden sie Dachgepäckträger und Mobiltelefone mit Aloe Vera auf den Markt bringen. Das Resultat ... nun ja.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Rosenlassi


11.06.2008 | 16:26 | Anderswo | Alles wird besser | Effekte und Syndrome

Na endlich ein EM-Beitrag!

Aus einem regulationstheoretischen Ansatz heraus lässt sich die Gesetzmässigkeit formulieren, dass je durchkapitalisierter ein gesellschaftliches Teilsystem ist, desto schwerer es sich tut mit der Hervorbringung von immer neuen Innovationen, die zu einer Steigerung der Leistungsfähigkeit des Systems führen.

Beispiel Hochleistungssport: Abgesehen vom Kempa-Trick im Handball 1954, vom Fosbury-Flop im Hochsprung 1968, der den bis dahin hegemonialen Straddle ablöste, und von der V-Stil-Revolution von Jan Boklöv im Skispringen Anfang der 1990er, der die parallele Beinhaltung zur Geschichte machte, hat sich in den letzen Jahrzehnten nicht mehr viel getan.

Aus den USA ist jetzt aber beim Fussball eine Neuerung am Herüberschwappen zu uns, die man vielleicht sogar bei der gerade begonnenen Europameisterschaft erstmals beobachten können wird, wer weiss: Der Flip Throw-In, bei dem durch einen zum Zwecke der Beschleunigung dem Einwurf vorgeschalteten Überschlag der Ball viel weiter und also viel gefährlicher in den Strafraum der gegnerischen Mannschaft gebracht, ja katapultiert werden kann als mit der herkömmlichen Technik.

Bilddokumente belegen, dass an der Technik aber noch gefeilt werden muss, will man verhindern, dass einen der dicke Schiedsrichter im gelben Hemd vom Platz stellt.


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