Riesenmaschine

23.08.2008 | 13:50 | Alles wird besser | Essen und Essenzielles

Nordkorea rettet die Welt


Nordkoreanische Nudelflotte (Foto, Lizenz)
Eine obskure Nachrichtenquelle berichtet von einer sagenhaften Ernährungsinnovation aus den Forschungslaboren Nordkoreas, dem Weltzentrum des Hungers. Dabei beruft man sich auf Choson Sinbo, ein japanisches Organ, das offenbar den Vorgängen in Nordkorea positiv zugewandt ist. Choson Sinbo jedenfalls meldet laut BBC die Erfindung einer neuen Sorte Nudeln, die aus Mais und Sojabohnen anstatt aus Getreide hergestellt werden. Nun sind Nudeln aus Bohnen vielleicht gar nicht so neu, wie es sich zunächst anhört, aber mit unserem begrenzten Erkenntnisstand über den asiatischen Nudelmarkt wollen wir darüber nicht urteilen. Viel wichtiger scheint, dass die neuen Nudeln nicht etwa satt machen, sondern stattdessen, "das Hungergefühl verzögern"**. Aufmerksam nämlich haben Nordkoreas Strategen zur Kenntnis genommen, dass sich die Menschen im Land weniger über Nahrungsmangel, aber deutlich mehr über Hunger beklagen. Das weniger Essen, so hört man auf Nordkoreas (schlechten) Strassen, sei gar nicht so schlimm, wenn nur nicht immer dieser Hunger wäre. Zielgerichtet und intelligent also reagiert die Diktatur des Volkes auf die Klagen des letzteren. Nordkorea hat es wieder einmal geschafft.

**Wir geben hier den englischen Text der japanischen Meldung über ein Ereignis in Korea in deutscher Übersetzung wieder, bitten also um Verzeihung, falls es zu Ungenauigkeiten kommt.


21.08.2008 | 05:05 | Berlin | Was fehlt | Zeichen und Wunder

Der neue Berliner Google-Map-Bericht liegt vor


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Im März 2007 beklagten wir den kargen Stand der Kartographierung Deutschlands mit Hilfe von selbsterstellten Google Maps. Zeit zu schauen, was seitdem passiert ist, anhand des zufällig gewählten Beispiels Berlin: Vorbildlich, aber selten, sind umfangreich gestaltete Mash-Ups wie die für eine Street-Art-Ausstellung erstellte Graffiti for God-Map, die bequem vom Himmel aus einsehbare Flachdachgraffitis auflistet, oder das klassisch gestaltete ÖPNV-Tool Überbahn. Gleich zweimal am Start: die Visualisierung des RSS-Feeds der Berliner Polizei: Der Blaulichtatlas und Pretty Crime können die Verbrechen jeweils nach Art und Zeitpunkt filtern, zudem gelangt man von der Karte direkt zu den stets markant betitelten Tickermeldungen – warum auf beiden Karten trotz gleicher Quelle weitestgehend verschiedene Verbrechen zu sehen sind ist hingegen, ach, man soll auch nicht immer alles hinterfragen.

Ergänzt wird das Angebot durch zahlreiche nur bei Google Maps einsehbare Karten ohne Website drumrum, die vor allem auf einen spröden DIY-Charme setzen. Besonders gelungen ist das bei den rührenden Map Air Tempelhof – Treffpunkte, die aus genau vier Orten besteht: Dem Hangar, dem GAT, dem Meeting Point am Flugplatz Finow und dem Geschäftssitz am Werner-Voss-Damm. Auch Kirchenligasportplätze, Fachmarktagglomerationen, die Schülerlabore des Netzwerks GenaU, Hitlers Berlin, Second Hand Bike Shops, Random Museums, Frühstückscafés, Babyläden, Obi@Berlin, Strassennamen mit Bezügen zum Kolonialismus in Berlin und vieles mehr ist bereits vergooglemappt.

In der Breite ist man also bereits gut aufgestellt, dennoch bleibt einiges zu tun. Als Notversorgungsprogramm bis Jahresende wären angebracht: Eine Map "Doofe Nachbarn", die man vor Umzügen konsultieren kann. Fähnchen in verschiedenen Farben warnen vor "mehrere Polkaabende pro Woche", "Kinder mit Betonschuhen", "Ausleihterror" usw. Eine Unrat-Map, auf der man Sperrmüll und Hundekot vermerken kann und die stündlich von der BSR gegengelesen und bereinigt wird. Dazu Karten mit Sam+Max-Memorabilia-Bezugspunkten, öffentlich zugänglichen Brombeervorkommen und Stellen, an denen man Igeln unauffällig Nahrung hinterlegen kann – und zwar nicht nur für Berlin, sondern auch für den Rest des Landes.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Brandneues Mash-Up


19.08.2008 | 14:13 | Alles wird besser | Essen und Essenzielles

Seegras für Abgehobene


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Endlich ein neuer Dreh in der allmählich wirklich nervigen Energiefrage: Auf der Verpackung der Seegras-Muffins der Firma Monchongloong erfolgt die Angabe der Nutrition Facts dreimal, wobei jedesmal andere Teile in chinesischen Zeichen gesetzt sind, darüberhinaus sind die Zahlenwerte auf kundenfreundliche Art sehr unterschiedlich. Die gesamte Hundert-Gramm-Packung enthält Portionen zu je 25 g, und zwar je nach Tabelle etwa 3,5 bis 4 davon. Eine der Tabellen ist offenbar gedacht für Menschen auf krasser Diät: pro Portion nur 88 kcal, 0,57 g Fett (davon gesättigt 1 g), 0,1 g Protein, 0,9 mg Kohlenhydrate (davon 2 g Zucker), 0,3 mg Salz. Was in den restlichen circa 23 g ist, erfährt man leider nicht. Die zweite Tabelle ist nur für Arktisreisende und Sahelzonenbewohner zu empfehlen: 352 kcal pro 25 g, in denen sich plötzlich auch fünfmal mehr Fett (2,26 g), zigmal so viel Zucker und viermal so viel Salz befinden. Wer diese Tabelle liest, wird endlich richtig satt. Die dritte Liste liegt energiemässig irgendwo in der Mitte zwischen den Extremen, mit etwa 100 kcal, aber total überraschend dann volle 8g Fett und 12g Zucker. Mathematisch macht das zum ersten Mal etwas Sinn, weswegen davon auszugehen ist, dass es sich hierbei um so was wie die Wahrheit handelt. Für die 2 Prozent nicht ernährungsgestörten Menschen auf dem Planeten. Monchongloong – hier isst jeder, was er sich selbst vorstellt. Und hier erlebt die Arithmetik ihre erste post-Riemannsche Renaissance.

Bei den Seegras-Muffins handelt es sich im übrigen um ein ausgezeichnetes Lebensmittel. Zu kaufen in Taiwan (vermutlich) und überall dort, wo sie im Regal stehen.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Korrektes Zitieren auf Müslipackungen


16.08.2008 | 13:16 | Anderswo | Alles wird besser

Forestle – Gefunden!


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Einmal Googeln verbraucht so viel Strom wie eine Stunde Glühbirne brennen lassen, und dann hat man noch nicht mal Licht. Oder so ähnlich oder so ähnlich oder so ähnlich. Man ahnt, dass der verantwortungsbewusste und ressourcenschonenende Umgang mit dem Internet bald zum Megathema wird, nämlich genau dann, wenn sich der Individualverkehr mit dem Durchbruch des Wasserstoffautos aus der Schusslinie genommen hat, also schon 2009. Bis dahin muss man sich mit den aus dem Flugbereich beliebten Gute-Gewissen-Freikauf-Programmen behelfen: Die neue Suchmaschine Forestle etwa verspricht die kostenlose Rettung von 0,1 m² Regenwald bei jeder Suchanfrage (so funktioniert es), womit eine "Regenwaldfläche der Grösse Ihres Bildschirms für die Ewigkeit bewahrt" wird, iPhone-Nutzer scheiden als Zielgruppe also aus. Zwar wurde das Prinzip "nutze unser Produkt und rette damit soundsoviel Regenwald" durch die Krombacher-Aktion und ihre Wiederauflagen etwas ins Lächerliche gezogen, und man kann sich selbst klar machen, wie wenig 0,1 m² im Vergleich zur weltweiten Regenwaldgesamtfläche sind. Aber andererseits kommen bei Forestle ganz normale, handelsübliche Google-Suchergebnisse heraus und es gibt zusätzlich sogenannte Indikatoren, die vielleicht auch irgendwer sinvoll nutzen kann, also warum eigentlich nicht. Einziger Schwachpunkt bleibt der dumme Name, der, wie auf der Seite erklärt wird, "eine Mischung aus dem englischen Wort 'Forest' (Wald) und aus dem Markennamen unseres Suchpartners 'Goog-le'" sei. Denn wer will schon forestlen? Da hätte man die Seite auch Forgoog nennen können. Oder Googest, Forrel, Restle, Woodle oder Gumple.

Beim Schreiben dieses Beitrags wurden übrigens 1,6 m² Regenwald für die Ewigkeit bewahrt. Das ist eine Fläche von der 16fachen Grösse Ihres Bildschirms.


15.08.2008 | 08:15 | Zeichen und Wunder

Man schreibt nie zweimal in dasselbe Blog


Foto, Lizenz
Mark Cuban kennt wohl jeder. Er hat zweimal seine Firma verkauft, einmal für sechs Millionen Dollar an Compuserve, einmal für sechs Milliarden an Yahoo. Wenig überraschend handelte es sich um vollkommen unterschiedliche Firmen. Denn man verkauft nie zweimal dieselbe Firma.

Mark Cuban ist eine Legende. Ihm gehören knapp drei Milliarden Dollar, und er steht im Guinness Buch der Rekorde, weil er via Internet 40 Millionen seiner Dollar in einen Gulfstream-Jet umtauschte. Er erstand eine Basketballmannschaft für 285 Millionen und bald wird ihm auch eine gehören, die Baseball spielt. Er ist vermutlich der einzige Mensch im Universum, der anderthalb Millionen Dollar Strafe für Schiedsrichterbeleidigungen bezahlt hat. Denn jeder Dollar, den man heute besitzt, ist morgen schon ein ganz anderer Dollar.

Mark Cuban ist ein Genie. In seinem Blog "Blog Maverick", dem Mark-Cuban-Weblog, lässt er uns an seinem Genie teilhaben. In seinem vermutlich kürzesten Beitrag aller Zeiten vermerkt er luzide, dass wir nicht in der Welt wohnen, in der wir geboren worden sind. Mit anderen, Marks, Worten: You Don't Live in the World You Were Born Into. Mit nochmal ganz anderen (jetzt wirklich) Worten: Unaufhörlich rinnt die Zeit davon. Dinge ändern sich. Aus Bäumen werden Mobiltelephone. Aus Giraffen Nähzubehör. Und wenn Mark Cuban das nächste Mal in sein Weblog sieht, wird er ganz viele sogenannte Kommentare finden. Nichts bleibt so, wie es einmal war.

Mark Cubans Gehirn ist jetzt im Moment schon ein ganz anderes als noch am 12. August. Dieser Blogeintrag wird sich sofort nach seiner ordnungsgemässen Verwendung in ein Walross verwandeln. Das Wetter war auch schonmal anders.


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