Riesenmaschine

20.11.2008 | 16:27 | Anderswo | Supertiere | Listen

Der grosse Ameisenbär


Hollywood-Denkmal im Smithsonian National Zoological Park, Washington, DC (Foto: Kimberlyfaye, Lizenz)
Hollywood muss man sich im Prinzip vorstellen wie einen grossen, mechanischen Ameisenbär, der seine zahnlose Röhrenschnauze überall hineinsteckt, um die besten Geschichten herauszulecken. Nachdem der Bär in den letzten Jahren auf den Geschmack von in Plastikschutzfolie aufbewahrten Papierheftchen gekommen ist, will er jetzt mehr und hat einen neuen, leckeren Futtervorrat entdeckt: Animes.

Gleich vier Life-Action-Verfilmungen von Anime-Klassikern wurden dieses Jahr angekündigt. Begonnen hat alles im Februar, als Warner mit der Meldung vorpreschte, dass man sich bereits 2009 einen Akira-Film mit echten Schauspielern im Kino angucken kann und irgendwann später sogar noch einen zweiten. Im April hiess es dann bei Dreamworks, Spielberg persönlich habe sich erfolgreich darum bemüht, die Rechte für eine Verfilmung von "Ghost in the Shell" zu erwerben. Im Juli schliesslich war auch "Cowboy Bebop" fällig und vor ein paar Wochen "Ninja Scroll". Wem das noch nicht genug ist, der kann noch die seit mehreren Jahren gärende Dragonball-Verfilmung dazunehmen.

Der grosse Ameisenbär wird das östliche Kulturgut nun in seinem Magen intensiv verdauen und lange darüber nachgrübeln, wie er den Schauspielern die genre-üblichen Frisuren verpassen kann. Bestenfalls spuckt er am Ende den besten Science-Fiction-Film seit "Blade Runner" wieder aus, schlechtestenfalls ist er einfach nur satt geworden. Bis er sich dann das nächste Kulturgut einverleibt.


19.11.2008 | 15:34 | Anderswo | Essen und Essenzielles | Vermutungen über die Welt

Extrawurst entdeckt


Der Engländer mag es lieber etwas mehr "down to earth" (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Und zwar im Courtyard Marriot in Graz. Was wir seit jeher für eine blosse Redewendung hielten, lag dort ungebraten aber deklariertermassen auf dem Frühstücksbuffet herum. Darüber amüsiert wurden wir von Einheimischen darüber aufgeklärt, dass in Österreich gängigerweise belanglose Fleischwurst zur "Extrawurst" hochgejazzt wird – so wie standardmässig aus dem Abiturienten der Herr Professor, aus der alten Schachtel die Gnä'frau Geheimrat wird. Wir vernahmen es verwundert und assen unser Rührei (vermutlich aus dem Konsum stammend), während draussen vor dem Fenster Maulaffen feilgehalten wurden. Ob der Küchenchef zufälligerweise Schmalhans hiess, haben wir indes nicht überprüft.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Das Missing Link zwischen Zwieback und Toast


18.11.2008 | 13:36 | Alles wird besser

Write Or Die

Schreiben, Schreiben, Schreiben. Einfach irgendwas hinschreiben. So lange, bis der Beitrag fertig ist. Und dabei keine Pausen machen. Im "Gentle Mode" zeigt das Schreibehelfertool "Write Or Die" nur ein lästiges Mahn-Popup an, wenn man nicht weiterschreibt. Im "Normal Mode" erzeugt es in den Schreibpausen grässliche Geräusche, und im "Kamikaze Mode" wird der bereits entstandene Text Wort für Wort wieder gelöscht. Das darf nicht passieren. Es gibt zwar eine Pausenfunktion, "but it will only work once! This is the only concession I make to your human needs." Gesamtschreibzeit für diesen Beitrag: 120 Sekunden. Durchschnittliche Schreibzeit für ohne "Write Or Die" entstandene Beiträge vergleichbarer Länge: 45 Minuten. Danke an Susanne Richter aus Strasbourg für den Hinweis auf dieses jetzt schon unentbehrliche

Dieser Beitrag steht zwecks Produktivitätsverdopplung auch bei prokrastination.com.


17.11.2008 | 11:05 | Listen

Noch neuere neueste Trends


Die Trendantenne wird in Position gebracht
(Foto: Argenberg, Lizenz)
Die Trendwelt dreht sich immer schneller! Selbst die trendgeilsten Trendsetter verlaufen sich immer häufiger im Trenddschungel der allerneuesten Neutrends. Doch das muss nicht sein: Die Riesenmaschine, das Trendmagazin auch für die trendige Jugend, hat mal wieder ihre gigantischen Trendantennen ausgerichtet und die heissesten neuesten Trends herausgefiltert – dieses Mal mit einem besonderen Schwerpunkt für die trendbewusste Frau von heute.

"Der neueste Trend in Sachen Natururlaub heisst Glamping." (www.fem.com) ... "Der neueste Trend ist, Gestricktes aus Wolle bei 60 Grad heiss zu waschen damit es einläuft und verfilzt." (Ibbenbürener Volkszeitung) ... "Gospel-Aerobics: Der neueste Trend in den USA." (N24) ... "Facelifting war gestern. Der neueste Trend aus den USA heisst 'The New New Face' und lässt selbst 60jährige Damen wieder wie Mitte 30 aussehen." (frauenzimmer.de) ... "Der neueste Trend sind jetzt mit Blattgold verzierte Zinnfiguren." (Ahlener Volkszeitung) ... "Social Network-Phones sollen laut Analysten der neueste Trend sein." (connect.de) ... "Der neueste Trend am Videospielmarkt sind so genannte Selbsthilfe-Games." (Bild.de) ... "Brand NEU – Jetzt gibt es Jeans im Party-Verkauf, der neueste Trend." (pressemeldungen.at) ... "Elektro-Fahrräder sind der neueste Trend in Sachen fahrbarer Untersatz." (MSN Shopping) ... "Der neueste Trend im Bereich "Wohnen und neue Accessoires" ist der so genannte Bohèmian-Look und ist eine Anleihe aus unbürgerlichen, leichtlebigen und Genuss orientieren Künstlerwelt-Zeiten des 19. Jahrhunderts." (SWR) ... "Das hauchzart Geklöppelte ist nach Angaben von Experten der neueste Trend bei der Abendmode auf dem Tanzparkett." (20 Cent) ... "Schönheitschirurgie mit angeschlossener Safari ist der neueste Trend im Südafrika-Tourismus." (AFP) ... "Gratiskonzerte – das scheint der neueste Trend unter Musikern zu sein." (TAGEBLATT online) ... "Der neueste Trend nach den Netbooks sind so genannte 'Nettops'." (taz) ... "Der neueste Trend verängstigter Bankkunden ist nach Medienberichten, Geld in Gold einzutauschen." (Augsburger Allgemeine)

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Aktuelle neueste Trends


16.11.2008 | 07:13 | Berlin | Alles wird besser | Sachen anziehen

Die Revolution ist das Shirt


Vorher: Das revolutionäre Shirt über dem Plakat unter den Yorck-Brücken in Berlin-Kreuzberg

Nachher: Das Plakat ohne das revolutionäre Shirt, das sich jetzt auf mysteriöse Weise ins rote China verflüchtigt hat
Auf wohl einzigartige Weise wirbt man zur Zeit an einigen Orten in Berlin für die noch bis zum 25. Januar 2009 laufende grosse Beuys-Ausstellung "Die Revolution sind wir" im Hamburger Bahnhof. Über dem Plakat zur Ausstellung, das einen Menschen zeigt, der ein weisses T-Shirt mit der Aufschrift "Die Revolution sind wir" trägt, hängt, mit schwarzem Gaffer-Band befestigt, ein echtes weisses T-Shirt mit der Aufschrift "Die Revolution sind wir". Dabei handelt es sich keineswegs um Billigware aus China, sondern um ein echtes "Fruit of the Loom" "Heavy Cotton"-Qualitätsshirt in XL aus El Salvador. Nimmt man dieses jedoch ab, kommt gleich darunter ein Foto des zerknitterten Mannes mit dem Hut zum Vorschein, der 1971 das Ausstellungsmotto formulierte, damals allerdings auf Italienisch : "La rivoluzione siamo noi".
Das ist nun tatsächlich einmal revolutionär geworben, und von uns aus könnte dieses Beispiel Schule machen. Die Modekette pappt also demnächst echte Röcke, Unterwäsche oder Pullunder an die Plakatwände, der Bierwerber stellt je einen vollen Kasten Bier davor, an der Zigarettenwerbung klebt eine ganze Stange Zigaretten, und ein jeder, der eines solchen Produkts bedarf, kann sich jederzeit direkt am Werbeträger frei bedienen. Damit entfiele dann allerdings auch die Notwendigkeit eine Revolution zu machen, denn wenn "jedem nach seinen Bedürfnissen" gegeben wird, wäre das ja bereits Kommunismus. Wer aber braucht dann noch Ausstellungen, die für die Revolution revolutionäre Werbung machen? Und wieso ist Joseph Beuys bzw. die Revolution eigentlich ein Shirt?

Christian Y. Schmidt | Dauerhafter Link | Kommentare (12)


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