15.11.2005 | 09:17 | Papierrascheln | Vermutungen über die Welt
(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)Aus dem immer sehr nützlichen Informationsbulletin Dose, erhältlich an allen guten kanadischen Kreuzungen, erfahren wir vom spektakulären neuen Buch von Prof. Bruce Lawrence: "Messages to the World: The Statements of Osama bin Laden" enthält nämlich alle Statements von Osama bin Laden, und, das ist das Besondere, zum ersten Mal in sauberem Englisch. Schnell wird klar, so Lawrence sinngemäss, dass OBL, wie ihn Freund und Feind nennen, historisch und literarisch verblüffend gebildet daherredet, und zudem auch noch Kasuistik, Metonymien, Albernheiten und lyrische Strukturen beherrscht, was man bei Terroristen ja eher selten findet. OBL hat nicht nur ein einwandfreies Alibi für fast alle grossen Verbrechen (Prager Fenstersturz, Vergiftung Cäsars, Erfindung der Stechmücke), sondern ist auch "one of the best prose writers in Arabic", so Lawrence jedenfalls. Zieht man jetzt noch in Betracht, dass OBLs wichtigster Gegenspieler, Donald H. Rumsfeld, in Insiderkreisen schon länger als herausragender zeitgenössischer Lyriker verehrt wird, so ergibt sich ein völlig neues Bild der Weltlage. Irak, Afghanistan, 9/11, war das alles nur ein grausames Missverständnis? Ist der "Clash of Civilisations" in Wahrheit nur ein Gedichtewettstreit, ein interkontinentales Wettlesen, ja, der weltgrösste Poetry-Slam? Wir jedenfalls wissen es nicht. Zum Abschluss noch Lyrik: zunächst ein klassischer Fünfzeiler aus der grossen arabischen Masochistentradition, dann ein Meisterwerk des Neuen Amerikanischen Nihilismus.
Let me be a martyr / dwelling in a high mountain pass / among a band of knights who / united in devotion to God / descend to face armies.
Once in a while / I'm standing here, doing something. / And I think, / "What in the world am I doing here?" / It's a big surprise.