Riesenmaschine

28.03.2009 | 17:51 | Anderswo

Megakagathia


Hey, die meisten Stühle sind bei Google Maps noch viel weniger
gut zu erkennen. Schönere Bilder gibt es hier.
Der griechische Begriff der Kalokagathia bezeichnet die Einheit des Schönen und Guten – ein schönes, aber falsches Konzept. Was die Welt eigentlich braucht, ist die Lehre von der Megakagathia: Was gross ist, das ist auch schön. Der nebenstehend abgebildete Giant's Chair bei Widecombe-in-the-Moor im britischen Devon ist eindeutig sieben bis acht Mal schöner als ein Stuhl der üblichen Grösse und rund hundert Mal schöner als ein Puppenstühlchen. Grosse Werbebanner sind schöner als kleine. Monets Seerosen (200 x 427 cm) werden von praktisch allen Betrachtern als schöner empfunden als Quentin Massys' Hässliche alte Frau (64,2 x 45,4 cm). Und die Riesenmaschine übertrifft alle kleineren Maschinen an Schönheit.

Weil der Giant's Chair von Henry Bruce ohne Baugenehmigung errichtet wurde und bis zum 2. März 2009 verschwinden muss, gibt es eine Facebook-Gruppe zu seiner Rettung. Andererseits muss der Stuhl wahrscheinlich gar nicht gerettet werden. Das Megakagathische kann gut auf sich selbst aufpassen. So wie dieser Riesenbiber.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Soll ich dir mal was Grosses zeigen?


27.03.2009 | 03:15 | Anderswo | Alles wird besser

Don't cry for me, Philosophia


So sieht die Zukunft aus: Berliner Polizisten halten auf der re:publica'09 Ausschau nach Deleuzianern (Foto,Lizenz)
Endlich eine Nachricht, die Anlass zu Jubel, Trubel und Heiterkeit bietet: In Argentinien kommt ein Philosophie-Professor möglicherweise ins Gefängnis, weil er unautorisierte Übersetzungen von Derrida-Texten auf seine Website gestellt hatte. Keineswegs handelt es sich dabei nämlich, wie Boingboing andeutet, um ein weiteres unsinniges Unglück im verminten Grenzbereich von Wissenschaft und Urheberrecht. Vielmehr ist der Vorfall Zeichen für die Ankunft der langersehnten antikontinentalphilosophischen Polizeidiktatur. Jochen Hörisch, der sich sicherlich unter den ersten Opfern im deutschsprachigen Raum befinden wird, raunte schon 2004 cassandramässig vor sich hin: "Analytische Philosophie fungiert als diskursive Polizei." Damit lag er metaphorisch standesgemäss daneben, denn wie zu erwarten fungiert natürlich die Polizei als diskursive Polizei. Schon in wenigen Stunden wird es vermutlich auch an deutschen Universitäten heissen: "Diskurskontrolle, Kripke-Papers und Logikschein, bitte." Als Promillegrenze für Metaphern und aufgeblasene Wortspielereien schlagen wir 0,5 vor, alles andere kann getrost dem gut aufgestellten Polizeiapparat überlassen werden.


23.03.2009 | 20:56 | Alles wird besser | Sachen kaufen | Gekaufte bezahlte Anzeige

Besser einkaufen, mehr besitzen


Aus der Antipreneur-Abteilung "Herrlich hausen":
Waldbrandtapete "Bushfire", 35€ (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Wie schwer ist es oft, die Warenwelt angemessen zu glorifizieren. Begehrenswertes kommt nie über das Prototypenstadium hinaus, und Designer bohren ganztags in der Nase, um das Ergebnis dann zu vergolden, in Waffenform zu bringen oder ein Weinregal daraus zu bauen. Aber die Riesenmaschine steht nicht allein in ihrem Kampf für das Kaufenswerte in der Welt. Unterstützt wird sie seit einigen Wochen vom Antipreneur-Shop, über dessen Hang zu fragwürdigen Wortspielen wir an dieser Stelle hinwegsehen wollen, weil wir dafür bezahlt werden. Inhaltlich ist das Angebot des Antipreneur-Shops jedenfalls tadellos, es umfasst Waldbrand-Fototapeten, ein von uns bereits getestetes, ausgezeichnetes Kriegsquartett, Not-to-Do-Listen, Unglückskekse und eine platonische Einkaufstasche.

"Nun", mag da mancher Riesenmaschineleser sagen, "genau solche Ideen und noch viel bessere hatte ich neulich unter der Dusche!" Worauf wir entgegnen: Ausgedacht ist schnell was. Aber eine Website, mehrere Logos, einen Onlineshop, Fotos von Waren, die sich vorschriftsmässig in der Unterlage spiegeln, mit Preisen in Euro, eine Service-Hotline und Werbung in der Riesenmaschine, das hat nur der Antipreneur-Shop.


21.03.2009 | 17:40 | Alles wird besser

Wenden einfach Bedarf bei Titel bei Bedarf einfach wenden


Prototyp, Preis auf Anfrage (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Der volkswirtschaftliche Schaden, der durch die Vernachlässigung des Potenzials von Unterseiten entsteht, ist kaum in Zahlen auszudrücken. Denn rund 50 Prozent der Welttischflächen sind Unterseiten und bleiben vollkommen ungenutzt, während sich auf den Oberseiten jede Menge Kram stapelt und man nichts mehr wiederfindet (Ähnliches gilt für Regalbretter).

Inspiriert von Lösungen aus dem Textilbereich nutzt der Riesenmaschine-Wendeschreibtisch den vorhandenen Raum im Universum effizienter aus und erspart mühsames Aufräumen. Wenn die eine Seite voll ist, wird der Schreibtisch einfach umgedreht. Ein rein natürlicher, bewährter Effekt schafft auf der Unterseite wieder Ordnung, während der Nutzer auf der Oberseite fast ohne Unterbrechung weiterarbeiten kann. Gleichzeitig werden beide Schreibtischseiten regelmässig belüftet und vor Schimmel und Milbenbefall bewahrt.

Im Unterschied zu Wohnungen, deren Seitenflächen immerhin zur Aufbewahrung von Bücherregalen, Kleiderschränken und Bildern dienen können, bleiben die Seitenflächen von Schreibtischen allerdings weiterhin ungenutzt, ebenso wie die Abstellflächen an der Zimmerdecke. Am Riesenmaschine-Wendebüro (500% mehr Raum bei unveränderter Miete) wird noch gearbeitet.

Michael Brake, Kathrin Passig, Michael Brake | Dauerhafter Link | Kommentare (11)


20.03.2009 | 04:21 | Berlin | Papierrascheln

Berlin, papperne Stadt


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Pappkartons sind nicht nur die Schutzpatrone der Kleinkinder und Katzen, sondern zugleich das ultimative Allesgerät. Sie dienen wahlweise als fliegende Zeitmaschine, Duplikator oder Transmogrifier und auch die Riesenmaschine ist in Wirklichkeit ein Pappkarton (Beweisfotos vom 9to5-Festival und von der Buchmesse Leipzig).

Jim Avignon und die Gebrüder Metz haben vor kurzem sogar die ganze Welt aus 47 Pappkartons nachgebaut und sie mit Hilfe einer Webcam, zwei Wii-Controllern, einem Kassenbondrucker, einem RFID-Reader und zahlreichen Servomotoren interaktiv gemacht. Das Ergebnis, optisch eine Mischung aus dem Altar des Alltags und Risiko, bloss viel grösser, hängt seit vielen Wochen in der Galerie Sakamoto in Berlin herum. Bei der Finissage am Sonntag um 17 Uhr wird es nun stückweise versteigert, online kann auf dieser Website mitgeboten werden.

Im Sommer wird ausserdem in der Brotfabrik Cardboardia errichtet, eine ganze Stadt aus Pappkartons, initiiert vom russischen Künstler Sergej Korsakov – vorab gibt es an diesem Samstag schonmal eine Party, einen Workshop und eine Pressekonferenz. Und wo wir gerade bei Veranstaltungstipps sind: Aktuell laufen auch noch der Character Walk und die Pictoplasma-Konferenz mit angeschlossener Ausstellung, bei der ebenfalls Kartons verbaut wurden.

Aber Vorsicht: Wer Pappkartons missbraucht, bekommt es mit dem Braunen Imperium zu tun.


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)


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