Riesenmaschine

26.11.2012 | 01:22 | Was fehlt | Fakten und Figuren | Sachen kaufen

Die Depixilierung der Welt


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Da fahren wir die Maschine extra zwei Jahre auf Reservemodus, damit da draussen wieder neue Dinge passieren können und was kommt dabei raus? Nichts. Damals: 8-Bit-Krawatte, 8-Bit-Uhr und 8-Bit-Halskette, die Rückkehr der Pixel in die mittelgutauflösende Welt der Nullerjahre. Heute: Minecraft-Spitzhacke aus Schaumgummi bei Amazon, die Retrofreunde von der VG Wort fluten das Netz mit Zählpixeln und, ganz neu: Das Original Windows Solitaire als ausgedrucktes Kartenspiel – die Rückkehr der Pixel in die HD-Welt der Zehnerjahre. Nicht auszudenken, wenn unsere Autoren auch noch mit sowas anfangen würden.

Das bleibt jetzt so, das geht nicht mehr weg, dafür sind die 8-Bit-Nostalgiker zu alt. Da hilft nur nach vorne schauen: Die Kinder, die heute mit Retina-Displays aufwachsen, werden in den 2020ern dafür sorgen, dass alles so superfeinauflösend ist. Berge werden durch Geröll ersetzt, Geröll durch Sand und Sand durch Mehl. Treppen werden zu schiefen Ebenen, weil niemand mehr diese groben Stufen sehen mag. Karohemden werden einfarbig. Es wird eine neue Flurbereinigung geben, nach der alle Felder nur noch bierdeckelgross sind. Leibnizkekse sind nur noch echt mit 52.000 Zacken. Badezimmerböden werden nur noch aus einer Riesenfliese bestehen. Legosteine werden so klein sein wie Atome. Und Atome so klein wie 1:100-Legomodelle von Atomen!

Bei Koalastothemax lässt sich der Depixilierungsprozess bereits wunderbar nachvollziehen. Und wenn dann alles eine hochauflösende Suppe ist, bleibt der Generation 8 Bit nur noch, ihren Schmerz mit 8-Bit-Bier zu töten.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Unscharf ist das neue Schwarz

Kathrin Passig, Michael Brake | Dauerhafter Link | Kommentare (2)


02.01.2011 | 02:07 | Was fehlt | Sachen anziehen | Listen

Die Trends 2011


2007 noch Trendboy, heute voll der Outtrender – verrückt! (Foto von Joel Bedford / Lizenz)
2010, das Jahr der Schlafmasken- und Vollbarttrends ist vorbei und endlich hat das Trendjahr 2011 begonnen – ein in seiner Trendyness richtungsweisendes Jahr, das sich Trendexperten in aller Welt Honeysuckle-rosa im Trendkalender angestrichen haben! Uns erwartet ein wahres Trendeldorado aus Mikro- und Makrotrends, Meta- und Ubertrends, Trend- und Trendtrendtrends. Auch wir sind dem Trend gefolgt und haben zum Jahreswechsel unsere Trendabteilung aufgestockt, um bei den trendheissen Jahrestrends 2011 ganz vorne mit dabei zu sein.

"Trend 2011 – Boho Kleider" (sexykleider.net) ... "Farblaserdrucker – Der neue Trend in 2011" (Trendblog) ... "Eleganter Trend 2011: Sattes Dunkelblau" (Jolie) ... "Transparent ist ein Trend 2011" (Fashion-Insider) ... "Verkaufs-Trend 2011: Die Bedeutung von After-Sales-Betreuung nimmt weiter zu" (Fachverlag für Marketing & Trendinformationen) ... "Trend 2011: Digital Signage" (Werben&Verkaufen) ... "Trend 2011: Hochzeit in Pink" (zankyou.com) ... "E-Learning Trend 2011: Kenduring" (MasterSolution Blog) ... "Untot: Der Trend 2011" (callofduty.4players.de) ... "Tischdeko-Trend 2011! Naturmaterialien sind angesagt!" (tafeldeko.de) ... "Pharma-Aussendienst-Trend 2011: Pharmareferenten setzen auf die betriebswirtschaftliche Beratung ihrer Kunden" (reizkraft.com) ... "Der Karibik-Look ist der Make-Up-Trend 2011" (Beauty Kollaps) ... "Trend 2011: Plateau extrem" (Glamour)


Die Farbtrends 2011 von Pantone persönlich (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Noch neuere neueste Trends


23.08.2010 | 13:55 | Was fehlt | Papierrascheln

Portrait der Madame von Loe auf ihrem Sofa


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Realitätsfiktionen bei der Arbeit. (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Nachdem das iPad nun eine Weile in der Welt ist, die Wartelisten gut gefüllt, und die Plakate wieder abgehängt sind, wird es Zeit für ein in historischen Dimensionen denkendes Medium wie die Riesenmaschine, einmal nachzuschauen, was es denn mit den Realien hinter der so puristisch-real wirkenden Einführungskampagne auf sich hat. Das bemerkenswerte an dieser war ja, dass sie Authentizität durch Schlichtheit herzustellen versuchte, wodurch jedem sichtbaren Detail maximale Bedeutung zuwuchs und man hochgradige Inszeniertheit im Hintergrund witterte. Zu sehen waren aus subjektivem Kamerawinkel vor weissem Matrix-Hintergrund die Rümpfe, und insbesondere die entspannt gelagerten Beine und topmodisch verpackten Füsse, die die eigentliche Aussage transportierten: Das Internet wird zum Lean-back-Medium. Dadurch konnten die Motive – auch das ein gewisses Novum – gänzlich ohne Text auskommen, bis auf die vier Buchstaben "iPad" und das Apple-Logo. Stimmt aber gar nicht. Auf den gezeigten Displays war sehr wohl Text zu sehen, eingebunden in alltägliche und wie schnappschussartig aufgenommene Nutzungssituationen – und die haben es durchaus in sich. Das annoncierte neue Youtube-Musikvideo von Juliette Lewis beispielsweise ist hierzulande aufgrund von Urheberrechtsstreits in Deutschland nicht abrufbar.

Anspruchsvoller gerät die Realitätsfiktion im Falle von Facebook, womit sich ja auch andere Anbieter bereits schwer getan haben. Aber Apple sollte das doch eigentlich hinbekommen. Da meldet also eine Theresa von Loe in himmelblauer Jeans und flachen Wildleder-Sneakers, offensichtlich frisch zurückgekehrt aus einem gelungen Surfurlaub in Südfrankreich, auf die Pinnwand-Anfrage einer gewissen Nadine Nederbrö (607 Freunde, darunter der Werber Oliver Voss, 14 Profilbilder), die cheesy Anmache eines Timm Weber salopp ignorierend, dass sie, von Loe, sehr gern mit ihr, Nederbrö, Kaffee trinken gehen würde, wenn diese ausgepackt habe. Anscheinend waren die beiden nicht im selben Urlaub, sonst würde Nederbrö nicht ihre Ungeduld hinsichtlich des Wiedersehens thematisieren, aber kehren zufällig zeitgleich zurück. Vielleicht war sie vor dem Südfrankreich-Urlaub auch auf von Loes Party, die weiter unten Thema ist, und zu der Daniel Frericks, seines Zeichens Creative Director bei Jung von Matt, es leider nicht geschafft hat, von der ihm aber zu Ohren gekommen ist, "dass ihr viel Spass hattet!"

Wer ist nun aber diese am 14. Mai 1984 geborene, ergo 26jährige Theresa von Loe, die einen Ausschnitt ihres postadoleszent-bewegten Lebens voller "Quality Time" in einer Apple-Kampagne öffentlicher macht, als sie das inzwischen auf ihrer Facebook-Seite tut. Von den dort angezeigten 193 Freunden werden dem nicht persönlich befreundeten Nutzer (die Freundschaftsanfrage wurde noch nicht beantwortet) nur eine schmale Auswahl angezeigt, darunter ein Scherzkeks namens Schmuddel Wetter (129 Freunde), Akanita López Momota (aka Akane Bihac, 176 Freunde) und die freizügige Lynn Klinkert. Auch das Internet weiss nicht viel über Theresa von Loe. Handelt es sich um eine Praktikantin, die zufällig bei der adaptierenden Agentur im Weg stand, deren digitale Unbeflecktheit sie gerade für den Part prädestinierte? Oder doch um eine sehr gut gebaute fiktive Person, die wie wie Zelig mit so vielen realen Personen umstellt wurde, dass sie am Ende echt erscheint? Und kann man das heute, im Zeitalter des Instant-Ruhmes und der Bastel-Identität überhaupt noch sinnvoll unterscheiden? Wie auch immer: Wir würden uns wundern, wenn Theresa von Loe gänzlich wieder in der Versenkung verschwände, aus der sie über uns kam. Der Google-Alert ist eingerichtet.

Update: Theresa von Loe hat unsere Freundschaftsanfrage akzeptiert, verfügt inzwischen über 266 Freunde, die sie als Fake beschimpfen, und postet Sätze wie " Ich geniesse die Stille am Rande des Nirgendwo ... einfach nur schön!"

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Facebook according to Nokia


19.05.2010 | 11:20 | Was fehlt

Leitfossilien einer alternativen Gegenwart I


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)


01.02.2010 | 09:56 | Anderswo | Alles wird besser | Was fehlt

Ironisch reisen


Da sage "einer", "die" Chinesen hätten keine "Ideen"
Ein ironischer Orgasmus, meinte Robert Gernhardt einst, sei kaum vorstellbar. Genauso wenig kann man wohl ironisch reisen, es sei denn, man heisst Hermann Hesse. Aber dessen Ironische Reise von 1927 wird wahrscheinlich nur ein ironischer Reisebericht sein, so wie alle anderen ironischen Reisen auch, wenn es sich nicht gar um Reisen im übertragenen Sinne handelt. Jetzt hat sich ein Pekinger Omnibusunternehmen offenbar dazu entschlossen, zu zeigen, dass man auch wirklich ironisch reisen kann. Und wer weiss: Wenn es über Stock und Stein geht, fühlen sich die Passagiere am Ende so "well", dass die eine oder der andere am Ende doch zu einem ironischen "Orgasmus" kommt.

Christian Y. Schmidt | Dauerhafter Link | Kommentare (12)


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