Riesenmaschine

29.09.2007 | 14:31 | Alles wird besser | Zeichen und Wunder

Am Ende der CD


Auch als Vogelscheuche zu bemitleiden: Die CD (Foto: zenera) (Lizenz)
CDs, das waren runde, häufig silbrig glänzende Scheiben zur Datenspeicherung aus den 1990er Jahren. In der ursprünglichen Form wurde ihre Kapazität von immerhin 0.0007 TB häufig mit nur 45 Minuten Musik vergeudet, die anfangs nur auf Geräten für sogenannte Stereoanlagen abzuspielen war. Später wurde sie mangels Alternativen von Menschen, die dafür Zeit hatten, zur Datensicherung eingesetzt. Dazu liess man wegen des starren Formats grosse Teile leer oder versuchte mühselig diese oder jene Datei hinzuzustückeln, damit sich das Brennen auch lohnte. Es soll sogar einige Computerspezialisten gegeben haben, die sie als wiederbespielbares Medium verwendeten. Ebenfalls unnütz war der Einsatz der CD als Untersetzer, sie war eindeutig zu gross und meist unangenehm bedruckt.

Da freut man sich, dass am Ende des ihres Technologiezyklus doch noch jemand etwas Interessantes mit ihr anfangen konnte: Spanische Tüftler haben aus einem handelsüblichen CD-Spieler ein Messgerät zur Hochdurchsatzanalyse von Pestiziden mittels Immunoassays gebaut. Wenig überraschend kann es trotz extra Lasern mit spezialisierten Geräten nicht mithalten, ist aber schön billig. Eines schönen Tages verspricht man sich 300.000 Proben auf einer Scheibe unterzubringen und soll damit Heimdiagnose von Krankheiten durchführen können. Den CD-Spieler also noch zweimal umziehen und dann mutig entsorgen ("Werde sowieso nicht krank"). Zum Werfen sind Floppies sowieso besser geeignet.


28.09.2007 | 14:48 | Gekaufte bezahlte Anzeige

Dosen, euch will ich kosen


He's not telling lies when he's using Mais: Stefan Marquard (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Die Vorurteile über Lebensmitteldosen sind so alt wie Lebensmittel selbst. Zumindest wie die in Dosen. Die Dosenköche müssen handeln. Und zwar, wie es sich gehört, mit einem Experiment unter fachkundiger Advertorial-Aufsicht der Riesenmaschine: dem Dosentest.

Vier Probanden werden sich in den kommenden sechs Wochen vornehmlich aus Dosen ernähren: Alles, was es in Dosen gibt, muss auch aus Dosen gegessen werden. Ein nachgerade ketzerisches Vorhaben, bedenkt man, dass aus Dosen normalerweise Telefone oder Songschreiberinnen gemacht werden. Schade, aber was tut man nicht alles für die Wirtschaft Wissenschaft.

Dienstag morgen begann das Experiment – mit einer Blutabnahme für den Vorher/Nachher-Vergleich. Wir müssen schliesslich wissen, was genau nach sechs Wochen noch von den Testern übrig ist (abgesehen von über 400 Weissblechdosen Abfall). In einem Kölner Kochstudio versuchte sich Sternekoch Stefan Marquard dann tapfer an einem 3-Gänge-Menü aus Dosenzutaten. Die Tester entschieden basisdemokratisch über den Inhalt der Frühlingsrollen – und da zwischen der Sauerkraut- und Erbsenfraktion keine Eingkeit erzielt werden konnte, packte Marquard unter häretischen Reden ("Wer behauptet, er kocht ohne Dosen, lügt") kurzerhand beides rein. Vielleicht als Ergebnis geschickter Erwartungssteuerung ("Was kann da schon bei rauskommen?") schien es allen Anwesenden dann tatsächlich geschmeckt zu haben.

Protokoll des ersten Testtags: Geöffnete Dosen samt Inhalt darf man durchaus im Kühlschrank aufbewahren. Probandin Petra, 50, hatte Probleme, ihre Ration von über 100 Dosen in den vierten Stock zu expedieren, und es gibt tropenfest eingedostes Norddeutsches Schwarzbrot. Spätestens jetzt sollte eigentlich jeder Sinn und Sinnlichkeit der Dose erlegen sein.


28.09.2007 | 01:01 | Anderswo | Zeichen und Wunder | Vermutungen über die Welt

Und dann die Hände zum Himmel


Bild und Hinweis von: Popblog / Christian Ihle (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Symbole haben im Allgemeinen genau eine Funktion: schnell verstanden zu werden. Wie schnell aber aus Verstehen Missverstehen werden kann, zeigt sich regelmässig am Nürnberger Flughafen. Schon bei der Beschilderung für Behinderte hatte der zuständige Grafiker nicht seinen allerbesten Tag. Und auf dem dortigen "Observation Deck" muss, wie man links erkennen kann, auch heute noch brav dem Führer salutiert werden. Warum es nun aber immer und überall nur Männer sind, die dem Hitler zu huldigen haben, man weiss es nicht. Möglicherweise haben die guten, nationalsozialistischen Frauen einfach alle Hände voll zu tun, ihren Männern die Stange zu halten.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Behinderte raus


27.09.2007 | 08:58 | Anderswo | Essen und Essenzielles

Laktieren auf Französisch


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Schon seit Napoleon seiner Joséphine aus Ägypten einen Brief zukommen liess, sie solle sich gefälligst nicht mehr waschen, er befinde sich auf dem Heimweg, ist das Klischee zementiert, die Franzosen seien in einer Weise an weiblichen Ausscheidungen und Emissionen interessiert, die Mitglieder anderer Nationen befremdlich anmutet.

Tatsächlich scheint an dieser Obsession der Franzosen etwas dran zu sein: Noch im 19. Jahrhundert echauffierten sich die bürgerlichen Pariserinnen über "Schnüffler" – Herren, die sich in Kaufhäusern heimlich von hinten an Damen pirschten, um unvermittelt lautstark deren Achselduft zu schniefen. Wenn nun noch die allbekannte französische Vorliebe für Nahrungsmittel seltsamer Herkunft (Frösche, Schnecken, Gänsestopfleber) in die Gleichung mit einbezogen wird, so befremdet es einen, dass das Produkt "Petit Singly, l'authentique fromage au lait maternelle de femme" der "Fromagerie Cosma" nicht schon bekannter ist. Sicherlich handelt es sich bei dem Halbhartkäse aus menschlicher Brustmilch um eine derart gelungene Verschmelzung zweier nationaler Obsessionen, dass das Nischenprodukt in Frankreich schon seit Dekaden reissenden Absatz finden sollte.

Natürlich könnte der Grund für die mangelnde Akzeptanz von "Petit Singly" auch sein, dass amerikanische Reisejournalisten voneinander abschreiben, ihre Quellen nicht prüfen, schlecht französisch sprechen und generell an kompletter Ironiefreiheit leiden. Da fällt es natürlich schwer, einen Hoax zu erkennen, auch wenn der einem frech ins Gesicht laktiert.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Soylent Green ist Mösensaft


26.09.2007 | 23:16 | Supertiere | Sachen kaufen

Virales Marketing


Nein, trotz schöner Deko: Wir schreiben nicht darüber! (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Wat ham wa jelacht, Ikea, all die Jahre lang über all die anspielungsreichen und zweideutigen Produktnamen mit skandinavischem Einschlag. Und artig jedes Mal darüber geschrieben, wenn der neue Katalog vorlag. Und damit immer wieder gratis Werbung für euch gemacht. Aber irgendwie ist die Luft raus, bzw. scheint uns der Bogen eindeutig überspannt. Nicht nur, dass die getriggerten Assoziationen angesichts dieses Badezimmer-Sets ins Unappetitliche kippen und jede Subtilität vermissen lassen – man merkt auch die buchstäblich viralen Marketing-Absichten dahinter und ist zu Recht verstimmt. Wie wäre es also zur Abwechslung und Entspannung mal mit einer Saison semantischem Nulldurchlauf, mentaler Hygiene und generischen Produktnamen? Geht doch auch.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Reisen im Esstisch "Norden" (199,-)


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Minus: 7, 43, 99, 118, 138, 166, 183, 184, 202, 214 doppelt
Gesamt: 1 Punkt


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