Riesenmaschine

30.11.2007 | 17:29 | Supertiere

Was innendrin ist in den Termiten


Darmdoppelklammer (Foto, Lizenz)
Sehr kleine Tiere, die im Darm von Termiten leben, können Holz zerkleinern. Sie tun nichts anderes, als riesige Holzmoleküle in winzige Kohlenhydrate zu verwandeln. Das können Menschen schonmal nicht; schiebt man einen Baum in uns rein, kommt er hinten wieder raus, es sei denn, wir verschlucken zusätzlich eine Säge. Menschen können halt nur die Bakterien-DNA zersägen und entschlüsseln, einige fühlen sich danach besser. Die Ameisendarmwesen zerlegen Holz natürlich auch nur, wenn die Termiten vorher genug davon essen, aber selbst wenn die Tiere, in denen wir wohnen, vorher Holz essen würden, wir könnten es nicht zerkleinern. Es sei denn, sie ässen zusätzlich eine Säge, dann ginge es wohl. All das stand so oder so ähnlich letzte Woche in Nature, dem Fachblatt für sowas.

Wer ausprobieren möchte, wie man sich so fühlt, wenn man als extrem kleines Tier im Inneren eines viel grösseren Tieres lebt, der wird bald Gelegenheit dazu haben: Schweden baut den grössten Elch der Welt, 50 Meter hoch, innendrin mit allen Mod Cons. Wenn der Elch also zur Ameise wird und der Mensch zur Mikrobe, was entspricht dann dem Ameisenbär?


28.11.2007 | 14:19 | Was fehlt | Papierrascheln

Binnenmajuskel. Wieder. Da.


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Anscheinend wird das Metier der Werbetexter derzeit von einem überraschenden Trend zur Schlichtheit ergriffen. Slogans, Head- und Taglines wie "Im Falle eines Falles, klebt Uhu wirklich alles", "Das ist schon einen Asbach Uralt wert" oder "Hilft dem Vater auf das Fahrrad" wirken nur noch anachronistisch umständlich, wo die Zeichen auf Ein-Wort-Gestammel ("More", Pepsi) und das Abstecken generischer Claims ("Das Auto", VW) stehen. Der atemlose Stil, Resultat von Platzmangel in der Domäne der Aufmerksamkeitsökonomie, bringt es mit sich, dass auch die Binnenmajuskel ein Revival feiert. Um möglichst viel Bedeutung sinnfällig in möglichst wenig Wort unterzubringen, wird ein Kürzel, idealerweise das des Absenders, semantisch mit der Botschaft verschweisst. Was sich in der AIDS-Hilfe noch organisch fügte ("PositHIV") und bei der Gebühreneinzugzentrale ("Schon GEZahlt?") schon ein wenig holperte, wirkt bei der Financial Times Deutschland ("TriebkraFTD") nur noch angestrengt hingebastelt. Zugegeben: Wir selbst haben auch schon mit dieser Mechanik herumexperimentiert ("IniZIAtive") und sollten uns deshalb hüten, einen Stein danach zu werfen. Aber so oft es auch versucht wird – das Original dieser Idee aus dem Jahre 1970 ("SchreIBMaschinen") wird doch wohl auf ewig unübertroffen bleiben.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Lonely old Slogan


27.11.2007 | 23:15 | Zeichen und Wunder

Endzeit für die Uhren


Spuren eines Uhrenträgers auf Powerbook
(Foto: thelastminute) (Lizenz)
Uhren im Wohnraum fühlen sich seit der Erfindung des PCs, der einem ständig die Zeit in einer Ecke präsentiert, überflüssig an. Bei der Benutzung eines Laptops, bei dem das linke Handgelenk nur wenig über der Oberfläche des Gerätes schwebt, wurde das Relikt schliesslich zum Störenfried und wurde nur noch zum Vorstellungsgespräch angelegt. Glückliche Menschen, die ein Powerbook mit gebürsteter Alu-Oberfläche besitzen, wissen um die Kratzer oder haben gleich auf das Klunkertum verzichtet. Denn wenn der letzten verbleibenden Armbanduhr die Batterie ausgegangen ist, stellte ein jeder fest, dass man draussen das Mobiltelefon zur bequemen Zeitfeststellung nutzen kann.

Ganz einig waren sich die Zukunftspaten der Riesenmaschine über das Ende der Armbanduhr bisher nicht. Ähnlich düster wie oben sahen es die einen, andere erblickten im emsigen wie hilflosen Vortäuschen von Innovation die Blütezeit des Utensils. Jetzt mehren sich jedoch die Hinweise, das eine Krise erkannt und von oben her angegangen wird: Grosse Anbieter von Uhren schwenken auf das Mobiltelefon als Chronometer um. Nachdem kürzlich Rolex das Release eines Mobiltelefon verkündete, hat nun auch der Schweizer Uhrenhersteller TAG Heuer angekündigt, seinen guten Namen in den Todfeind Telefon zu stecken.

Somit drängen Uhrenhersteller in den Handymarkt, vermutlich um sich dafür zu rächen, dass ihnen die Handyhersteller ihr Geschäftsfeld kaputt gemacht haben. Interessant wird das aber erst, wenn das alle machen und es demnächst Handys von Konica-Minolta, Kurvendiskussion im Browser von Texas Instruments, irgendwas anderes von TrekStor und Stoppuhren von BenQ gibt. Nokia könnte sich dann ja mal zur Abwechslung mit Fahrradreifen beschäftigen.

Dieser Beitrag ist so eine Art Update zu Armbanduhr: Segen oder Segen,
Armbanduhr: Fluch oder Fluch, Zeitlose Uhr und Time is on my up side


26.11.2007 | 00:24 | Berlin | Alles wird besser | Vermutungen über die Welt

Reclaim the Seats


Foto: regular gonzales
Die Urbarmachung der städtischen Infrastruktur durch ihre Bewohner lässt auch in ihrer banalsten Form noch einen revolutionären Impetus erkennen. Selbst die Anwendung der einfachen Kulturtechnik "Sitzen" referiert auf den zugrunde liegenden "Reclaim the Streets"-Überbau, wenn auf allem Platz genommen wird, das einigermassen gerade und stachelfrei ist, ob Brücken, Gehwege, Treppen oder Baumschutzumrandungen. In Berlin hat die Aneignung des Stadtmobiliars dabei längst eine höhere Ebene erreicht. Nicht länger nur engagierte Einzelpersonen fremdverzwecken die Stadt um sich herum, sondern auch privatwirtschaftliche Institutionen, sprich: das Hotel- und Gastronomiegewer be. So berichteten wir gerade erst von einem Poller, der zur Tischstütze umfunktioniert wurde. Und beim Burgermeister am Schlesischen Tor, der sich passend zum Thema in einer ehemaligen öffentlichen Toilette befindet, wurden mehrere Kreuzberger Bügel mithilfe von Polsteraufsätzen zu Sitzen gemacht. So kann es weitergehen. Einen Verlierer kennt diese Entwicklung allerdings auch: die sitz- und tischverarbeitende Industrie. Aber wen interessiert die schon? Eben.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Vom Deutschen Wesen kann die Welt genesen


25.11.2007 | 00:12 | Essen und Essenzielles

Wer länger sitzt, ist auch nicht besser als jemand, der nicht so lange sitzt


Fat Boy geht es jedenfalls ganz gut.
(Foto: mandj98) (Lizenz)
Irgendwann muss mal die Vermutung in die Welt gesetzt werden, dass unser Ansporn zu Sport und Bewegung ausschliesslich im Wunsch unserer Eltern begründet ist, uns in Kindesjahren ruhig und still zu halten. Neue Forschungen zur Wechselwirkung zwischen Gesundheit und Bewegung unterstreichen jedenfalls mit hartem, aber unangespitztem Bleistift, was auf den Schwarzen Brettern der Festangestelltenvorhöllen steht: Bewegt euch, selbst aufstehen und mal zum Kopierer gehen ist gut für Durchblutung und Stoffwechsel. Druckt auch mal im Nebenraum, ist auch besser für das eigene Raumklima.

Man möchte hinzukritzeln, dass man für wenige Euro am Kiosk sogenannte Zigaretten erwerben kann, die einen zu regelmässigem Konsum vor die Tür der meisten Bürogebäude und Fabriken treiben. Im Gegensatz zu anderen gefühlten Lichtgestalten des Internets möchten wir uns nicht vor den Karren der Zwangssportler und Fatisten spannen lassen, aber genauso wenig auf dem der Kalorienunterbewussten herumgammeln. Weisen wir also auch auf Untersuchungen hin, aus denen hervorquillt, dass übergewichtige Menschen gar nicht früher sterben. Zugegeben, das erste Faktoid kommt aus den USA, das zweite aus Grosssbritannien, wir vergleichen also Orangen- mit Pfirsichhaut. Die daraus abzuleitenden Lebensweisheiten lauten dann wohl eher, dass man die Riesenmaschine nur im Stehen lesen sollte, wenn man Poutine isst. Und dann wäre da noch die Frage, wie es sich mit dem Mineralwasser-Trinken verhält, das einem Seite an Seite mit guter Ernährung eingetrichtert wird (sog. europäische Wasserfolter).

Roland Krause | Dauerhafter Link


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