Riesenmaschine

31.12.2008 | 11:22 | Anderswo | Essen und Essenzielles | Zeichen und Wunder

Alles Güte für 2009


Café Güte-Filiale, Kornhill Plaza
Die Hongkonger Hitlerwiedergutmachungsbäcker von Das Gute müssen vollkommen perplex gewesen sein, als sie bemerkten, dass ausgerechnet ihnen als Vertretern des deutschen Brauch- und Backtums durch den in Asien grassierenden Umlautwahn die Butter vom "Mischbrot" (ein "Das Gute"-Produkt) genommen zu werden drohte. Also haben sie gehandelt und über Nacht gleich zwei Ableger als "Café Güte"-Restaurants in die Shopping Mall-Landschaft der chinesischen Sonderverwaltungsregion gepflanzt. Pech allerdings, dass die Zulieferer der hiesigen "Ich fotografiere mein serviertes Essen"-Seite openrice.com sich nicht die Mühe machen, das vertrackte Sonderzeichen im Sonderzeichenvorrat zu suchen. So bleibt dort die Güte bloss das extrem viel weniger hippe Gute. Wir Umlautjäger von der Riesenmaschine aber verfügen auch in China immer noch über Umlaute satt, und können so diese Gelegenheit nützen, allen unseren Lesern – auch und speziell den Asiaten unter ihnen – für das neue Jahr im hübschesten Umlautdeutsch alles Schöne zu wünschen, sowie Güte und eine gesunde Blässe auch. Güten Rötsch!

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Wiedergutmachungsbäckerei

Christian Y. Schmidt | Dauerhafter Link | Kommentare (1)


30.12.2008 | 07:18 | Anderswo | Sachen kaufen | Vermutungen über die Welt

Wü wie Wii


Whü not? (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Der weiseste aller Riesenmaschinenkollegen, Christian Y. Schmidt, leistet für die Werbung unersetzbare Dienste; er erforscht, wie Marken auf den asiatischen Märkten (Schwerpunkt: China) angenommen werden. Das Resultat bisher: Marken sind dort so wichtig, dass sie weitgehend egal sind. Im Westen sind Vertrauen in die Qualität und ein Mosaiksteinchen im Ausdruck der eigenen Konsumpersönlichkeit Elemente der Markenbedeutung. Im asiatischen Raum dagegen geht es um die schiere, emotionale Essenz: Hauptsache, es fühlt sich gebrandet an. Was Y. Schmidt in Asien durch Sammlung und Analyse neu definiert, ist nichts weniger als ein neues Stadium der Markenkommunikation: die "gefühlte Marke" – oder angemessener "Brandiness". Dem Markengefühl kann man nachhelfen, indem man sich an eine tatsächlich bestehende Marke, sagen wir, visuell anlehnt – wer mit halbgeschlossenen Augen durch einen Aldimarkt läuft, kann das nachvollziehen.

Die aktuelle Hochweihe der Brandiness hat sicher ein indonesisches Unternehmen inne, das Zubehör für die Nintendo Wii herstellt, eine der erfolgreichsten Spielkonsolen-Marken überhaupt. Jedes Zubehör dafür muss natürlich durch Nintendo lizensiert und geprüft werden – bzw. müsste. Denn um dieses teure Verfahren zu umgehen, produziert man unter dem famosen, fantasiereichen, fantastischen Markennamen Wü. Und zwar Wü-kompatibles Zubehör. Einen clevereren, charmanteren Schachzug kann es auf dem Feld der Markenähnlichkeit nicht geben. Auch, weil es im Indonesischen kein ü gibt. Weit also, bis in die Türkei, nach Deutschland oder wo man Volapük spricht, musste der diensthabende Verpackungsdesigner und Brandiness-Experte gedanklich fahren, um überhaupt einen so exotischen, aber doppel-i-ähnlichen Buchstaben zu finden. Wü man sieht, hat es sich gelohnt. Wü ziehen unseren Hut.


29.12.2008 | 12:56 | Fakten und Figuren

Die neuen Weltuntergangsdaten sind da

Wirtschaftswachstum hin, Arbeitslosenzahlen her, Zeitpunkte braucht der Mensch für seine Krise. Schliesslich explodieren im Film die Bomben auch nicht, wenn die Prognosen unter 0,5 Prozent sinken, sondern halt dann, wenn die Uhr abgelaufen ist. Die letzte grosse Krisenfrist verstrich 2000 allerdings recht konsequenzenlos – zum Glück muss aber niemand 1000 Jahre auf die nächste warten: Bereits 2038 droht beispielsweise das Jahr-2038-Problem. Für alle, die sich nicht mit Computergedöns auskennen oder nicht mehr so lange warten wollen, lohnt auch der Blick in die Kalender fremder Kulturen. Jener der Maya hält auch gleich eine in nicht allzu ferner Zukunft endende Epoche bereit: Am 21. Dezember 2012 springt hier der grosse Zeiger eins weiter und hinten alles auf null. Vermutlich jedenfalls, denn wer kann sowas schon so genau sagen, bei einem System das Datumsangaben wie "9.12.11.5.18 6 Edznab 11 Yax" enthält. Nun ja, Roland Emmerich kann es natürlich. Darum tut er schon mal, was ein Roland Emmerich tun muss, schürt mit plumpesten Mitteln schlimmste Befürchtungen und vergisst auch den mystischen Hinweis "Find out the truth – google search: 2012" nicht. Wen seine Flutwelle übriggelassen hat, der lässt sich dann einfach 2038 vom Geldautomat in Endlosschleife in den Wahnsinn treiben. Oder ihn erwischt's an einem anderen Tag, irgendwas ist ja immer.


27.12.2008 | 16:10 | Alles wird besser | In eigener Sache

Ripp Rapp Radioshow!


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Das Leben ist zu kurz für umständliche Ankündigungen. Und erst recht zu kurz für einstündige Radiosendungen. Deswegen laufen, zum Abschluss des glorreichen 2008er-ZIA-Radio-Hexaptychons, auf Deutschlandradio Kultur in der Nacht von heute auf Sonntag um 0.05 Uhr die Folgen 137, 138, 139 und 140 von Fipp Fapp Fertig!, dem Magazin für Eilige. Im Programm: 100 Jahre Weltgeschichte in 100 Sekunden, der Pop-Up-Trend Speed-Speed-Dating, Stereo-Hörbücher, die beliebten Zeitspartipps und 1000 weitere Themen – wie immer flockig, rasant und oberflächlich präsentiert von Philipp Albers, dem Speedy Gonzales unter den deutschen Radiomoderatoren.


25.12.2008 | 18:06 | Anderswo | Nachtleuchtendes | Zeichen und Wunder

Der grösste Weihnachtsbaum der Welt


Weihnachten, Ostern und Pfingsten in einem
Pünktlich zum Fest eröffnete der Hongkonger Kasino-Mogul Stanley Ho Hung-sun vor einer Woche sein neues Fünf-Sterne-Hotel Lisboa Grand in der chinesischen Spezialverwaltungsregion Macao. Das Gebäude, das auch das bereits im letzten Jahr eröffnete neue
Lisboa Grand-Spielkasino
beherbergt, soll der Form einer Lotusblume nachempfunden sein, geht aber auch gut und gerne als umgekehrter Weihnachtsbaum durch, vor allem, wenn es nachts illuminiert ist. Der Baum steht auf einem riesigen Ei von 56 Meter Höhe und 189 Meter Durchmesser, womit Ho auch das grösste Osterei der Welt in den Komplex integriert hat.

Das Lisboa-Kasino ist zwar nicht das grösste Kasino der Welt; das ist das nur ein paar Kilometer entfernt stehende The Venetian des amerikanischen Kasino-Königs Sheldon Adelson, dem Herren über das Kasino-Imperium "Las Vegas Sands". Doch das Lisboa hat die besseren Gimmicks. So ist das Riesenei von einem fast 11.000 Quadratmeter grossen LED-Teppich bedeckt, der aus über 59.000 Pro-Pixel-Leuchtelementen besteht. Jedes dieser Elemente enthält 20 LEDs und ist individuell steuerbar, so dass Stanley Ho auf dem Ei Texte, Grafiken, Videos, chinesische Schriftzeichen und sogar Umlaute zeigen kann, wenn ihm gerade danach ist. Angeblich soll das Trumm in der Lage sein, mehr als 4,3 Billionen Farben darzustellen. Das allerdings gibt Anlass zur Sorge, denn würde so etwas tatsächlich versucht, dürften wohl mit einem Schlag sämtliche Farbvorräte der Welt erschöpft sein. Für das nächste Weihnachtsfest hiesse es sodann, dass wir nur noch durch graue Fussgängerzonen wandeln, dito Ostern. Ob das aber wirklich wünschenswert ist oder nicht, darüber könnte jeder Riesenmaschinenleser zwischen den Jahren mal nachdenken. Stanley Ho tut es gewiss nicht.

Christian Y. Schmidt | Dauerhafter Link | Kommentare (5)


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