Riesenmaschine

09.12.2006 | 02:58 | Anderswo | Supertiere

Octopus's Grave


Bad day! (Bildquelle, Bildrechte)
Wer sich als Oktopus aus Versehen in die Grossen Seen verirrt, sollte tunlichst einen weiten Bogen um Detroit machen, zumindest im April. Sonst kann es passieren, dass man von einem Fan der dort ansässigen Eishockeymannschaft Red Wings aus dem Wasser gefischt und, wie es die Tradition gebietet, zu Beginn der dann anstehenden Play-Offs aufs Eis geworfen wird. Und all das nur, weil es 1952 auch mal funktioniert hat, jeder Arm stand für einen benötigten Sieg und tatsächlich gewannen die Wings den NHL-Titel mit 8 Erfolgen in Serie.

Andererseits ist das immer noch besser als das entwürdigende Schicksal der beiden Tintenfische, die in Kenny vs. Spenny, dem kanadischen Vorbild von Elton vs. Simon, eine Sendung durch die Gegend getragen worden sind, nur weil Kenny und Spenny endlich die Frage Who can wear a dead octopus on their head the longest? klären wollten. Glücklichere Tintenfische landen auf Designerröcken , werden als Bildschirmhintergrund verewigt, von Japanern plattgedrückt und zu Postkarten
verarbeitet
oder landen in von Greenpeace produzierten Southpark-Adaptionen. Was hingegen das hier mit alldem zu tun hat, müssen Sie schon den Künstler selber fragen.

Die NHL ist übrigens schon seit vielen Jahren so gross geworden, dass für einen Titelgewinn 16 Siege nötig sind. Dass man in Detroit weiterhin mit Tintenfischen wirft, muss wohl an den mangelnden Alternativen liegen und daran, dass einschlägige Insekten nicht fernsehtauglich genug sind. Wieder einmal hat also der menschliche Fortschritt die Evolution mühelos überholt, wo soll das bloss noch hinführen?

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08.12.2006 | 04:49 | Berlin

Kulturraumhafen Neu-Neukölln


Hier könnte die Ölpumpe Ihrer Kinder stehen (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Die Nutzung der mannigfaltigen Brachflächen und leeren Rohbauten in Berlin war schon länger problematisch, die Diskussionen dazu zäh und substanzlos, was sich mit der Ausserdienststellung des Flughafen Tempelhof in keine Richtung ändern dürfte. Die bisherigen Vorschläge, einfach ein bisschen Park auf den ehemaligen Weltflughafen zu setzen, scheinen umgesetzt zu werden, da mag die ulkige Allianz von FDPlern, Leuten, die gerne mit dem Fahrrad zum Flughafen fahren, Nazibaunostalgikern, Gegnern der Berliner Flughafenpolitik im Allgemeinen, von deren Anteilnahme und Position verwirrten taz-Lesern, Pushern von der Hasenheide, Anwohnern des designierten Flughafen BBI, verhinderten Bürgermeistern, Direktoren von abgeschmierten Fluglinien und ewig besorgten Bürgern noch so orangene Websites aufsetzen.

Was aber benötigt Berlin? Nach Industrieansiedelung zu rufen ist sicher eine gute Idee für den Wahlkampf, darüber hinaus darf man bestenfalls mitleidig gucken. Nein, Berlin braucht Rohstoffe. Zu diesem Zwecke empfiehlt es sich, Tempelhofer Feld und Schlossplatz auszuheben und zusammen mit dem Kanzler-U-Bahn-Fragment mit Biomasse zu befüllen, auf dass sich für spätere Generationen Öl und Kohle bildet. Biomasse produziert die Stadt ja genug: Miniermotten, Tierheimreste, Gammelfleisch. Die Zeit, die Berlin sonst mit Findung von faulen Konsensen vertut, wird endlich produktiv genutzt. Das ist Next Generation Nachhaltigkeit, wie es uns unsere Kindeskinder einst danken werden. Zum Beispiel mit der Benamung des neuen Flughafens nach dem archaischen Herrscher Kultur.

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07.12.2006 | 12:13 | Anderswo | Essen und Essenzielles

Altes, totes Brot


Das Brot (Foto: Christian Y. Schmidt)

Nein, das hier (hinten links) (Foto: Christian Y. Schmidt)
Tote Tiere hat China praktisch nicht aufzuweisen, da diese sofort verzehrt werden. Dafür ist man hier sehr stolz auf ein paar hundert gut erhaltene, bis zu viertausend Jahre alte, tote Menschen, vulgo Mumien, die hauptsächlich in den letzten Jahrzehnten in den Wüsten der Wunderprovinz – Überraschung – Xinjiang ausgegraben wurden. Die Mumien sind grösstenteils im Museum des Uigurischen Autonomen Gebiet Xinjiang, Urumqi, zu besichtigen. Hier wird auch ein 2800 Jahre altes, ebenfalls sehr totes Brot ausgestellt, das 1985 auf dem Zaghinluq-Friedhof in Qiemo gefunden wurde. Das klingt verdammt alt für ein Brot, ist es aber gar nicht.

Wesentlich älteres Brot – es soll rund 5.500 Jahre alt sein – wurde 1999 in Yarnton, Oxfordshire, entdeckt. Das liegt natürlich in England, wo man gerne altes Zeugs – Stonehenge, Queen – aufbewahrt. Der älteste bekannte Kanten Brot der Welt stammt allerdings aus Montmirail in der Schweiz. Nach jahrelanger Forschungsarbeit konnte der Berner Brotforscher Max Währen den Brotrest auf 3700 vor Christus datieren, was der Schweizerische Bäcker-Konditorenmeister-Verband 1997 mit diesen Worten feierte: "Max Währen hat die Schweiz zum «Paradies» der uralten Brote gemacht. Unser Land besitzt die meisten urgeschichtlichen Brote der ganzen Welt." Forscher der ZIA konzentrieren sich jetzt auf die Suche nach der ältesten Butter dieses Planeten. Sie wird im Kühlschrank eines Bloggers im Wedding vermutet, einem Berliner Stadtteil, der Gerüchten zufolge als das "Paradies der uralten Brotaufstriche" gilt.

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Christian Y. Schmidt | Dauerhafter Link | Kommentare (3)


06.12.2006 | 07:05 | Anderswo | Fakten und Figuren

Tiere wegwerfen


Das dritte V
(Foto: mmckeay / Lizenz)
Lebende Tiere loszuwerden ist schon nicht einfach, denn wer wohnt schon in der Nähe einer Autobahnraststätte. Bei toten Tieren wird es noch schwieriger, weil sie nicht mal mehr laufen können. Wenn man sie also nicht essen will, zum Beispiel weil sie sich lästige Krankheiten zugezogen haben, steht man vor einem ernsten Problem, das noch dadurch erschwert wird, dass moderne Nutztiere seltsamerweise gern in grossen Massen vorkommen, etwa nach dem Einsperren. Mit diesen und ähnlichgelagerten Sachlagen befasst sich das National Carcass Disposal Symposium, das in diesen Tagen in Beltsville/Maryland stattfindet (via Improbable Research), und zwar leider ohne Riesenmaschinenkorrespondenten vor Ort. Das ist vor allem deshalb bedauerlich, weil der Post-Symposiums-Kalender die Vorführung der wichtigen V3-Methoden zum Umgang mit toten Tieren (Verbrennen, Verwesen, Verdauen) beinhaltet. Das hätte man schon gern gesehen, genauso wie die Session am vergangenen Dienstag, in der es z.B. um die Entsorgung angestrandeter Walleichen ging. Vergraben ist in diesem Fall wohl keine schnelle Lösung. Und was meint Patrick Crowley aus Montana wohl, wenn er vom "Seasonal Rotation Approach" zur Kompostierung von Road Kill spricht? Sowas Ähnliches wie Dreifelderwirtschaft vielleicht? Schade, man wird es nie erfahren.

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05.12.2006 | 12:14 | Supertiere | Was fehlt

Flieg, Kiwi, flieg


Hier bitte dieses traurige, aber illegale Bild hindenken
Flugunfähige Vögel, was hat sich die Evolution dabei nur gedacht? Schon als vor 1600 Jahren die Moa-Nalos dran glauben mussten, hätte man merken können, dass Vögel wahrscheinlich nicht nur zu rein dekorativen Zwecken herumfliegen. Im frühen 16. Jahrhundert wurden die St.-Helena-Ralle und das St.-Helena-Sumpfhuhn aufgegessen, spätestens 1650 gab es keine Mauritius-Papageien mehr, 1681 erschlug ein spanischer Conquistador die letzte Dronte, schon vor 1700 war es aus mit der Mauritius-Ralle, vermutlich vor 1760 mit dem Rodrigues-Solitär, 1761 war Leguats Sumpfhuhn ausgerottet, irgendwann im 19. Jahrhundert starb das letzte Kosrae-Sumpfhuhn und Ende des 19. Jahrhunderts der Stephenschlüpfer. Es gibt noch 86 Kakapos, ein paar Kagus, etwa 1.500 Galapagosscharben, 200 Waldrallen, 221 Takahes, und jetzt ist der Kiwi dran, von dem es einstmals 12 Millionen gab. 1987 biss ein einziger Hund 500 der 900 Kiwis im Waitangi State Forest tot, Kiwis werden von Wieseln gefressen, treten in Opossumfallen, fressen Rattengift, stolpern in Swimmingpools oder werden überfahren. Auch wenn man die Evolution in ihren sinnlosen und grausamen Experimenten (was kommt als Nächstes, Katzen ohne Beine? Schwimmunfähige Fische?) nicht unterstützen sollte, kann man vielleicht darüber nachdenken, die von Sascha Lobo hier kürzlich aufgeworfene Trendhaustierfrage mit der Anschaffung eines Kiwis zu beantworten. Zwar ist der Kiwi nachtaktiv und völlig unsozial, aber wer ist das nicht; ausserdem ist er pflegeleichter als viele andere Nationaltiere (Löwe, Adler, Biber) und kann im Unterschied zu den meisten Haustieren mit Nasenlöchern an der Schnabelspitze und dem bei Vögeln eher seltenen Schnurrhaarfeature glänzen. Vielleicht braucht er nur individuelle, frühkindliche Förderung, damit er das mit dem Fliegen doch noch lernt. Wir haben es ja schliesslich auch geschafft.

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