Riesenmaschine

03.04.2007 | 11:40 | Was fehlt

Urnenasche richtig nutzen


Dieser Stift war mal tot.
Bild von dort her (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Die alten Ägypter waren Menschen der schlichten Symbole. Ein grosser Herrscher liess sich als Zeichen seiner Grösse auch ein grosses Grabmal bauen, fertig. Dass dabei ganz gerne mal getrickst wurde, behauptet ein Franzose namens Jean-Pierre Houdin, der nach intensivem Studium einiger selbstgebastelter 3D-Animationen herausgefunden hat, dass Pharao Khufu statt der bisher veranschlagten 100.000 Arbeiter nur 4000 gebraucht hat, um seinen persönlichen Grössenwahn in die Wüste zu klatschen, und ausserdem alles von innen nach aussen bauen liess, was viel einfacher ist als die bisher postulierten spiralförmigen Monumentalerdrampen.

Zu loben ist Pharao Khufu natürlich für das schicke, d.i. puristische Design. Pyramidenfömig, da gibt es nichts dran zu rütteln. Wer heutzutage stirbt, dem kann man nur wünschen, dass die Hinterbliebenen über einen ähnlich ausgebildeten Sinn für ästhetische Feinheiten verfügen. Der Urnenhersteller W. Völsing KG zum Beispiel bietet eine extrem hässliche Alternative zur herkömmlichen Urne an, nämlich Teile der Asche einfach in einem herzförmigen Anhänger mit sich herumzutragen, der auch noch den missglückt augenzwinkernden Namen Am-urn-lett trägt, während die Firma Algordanza menschliche Überreste in Diamanten presst und damit den Pathosvogel endgültig abschiesst.

Um Überresteverwertung mit Stil kümmert sich eine englische Designerin namens Nadine Jarvis, deren Post Mortem Research Programme Urnenideen produziert hat wie eine Urne, die nach drei Jahren von selbst vom Baum fällt oder Vogelfutterbällchen aus Asche und Vogelfutter, was dem Verstorbenen die Möglichkeit bietet, auch noch im Tod hässliche Flecken auf Denkmälern zu hinterlassen. Menschliche Asche lässt sich auch prima in Bleistifte pressen, um die 240 werden es beim durchschnittlichen Menschen, behauptet Nadine Jarvis. Nur ihre Bemerkung, dies wäre ein "lifetime supply" an Stiften ist vielleicht erstens ein wenig gemein formuliert und zweitens bestimmt nicht richtig.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Urnenwahl


25.01.2007 | 19:55 | Alles wird besser

Rumspielen im Hirn


Bild: Laboratory of Brain and Cognition
Dass Forscher jetzt das Altruismus-Zentrum im Gehirn gefunden haben, ist grundsätzlich positiv zu bewerten. Was man mit dieser Erkenntnis anfangen soll, weiss man zwar noch nicht so ganz genau, sicher ist aber, dass es generell gut wäre wenn dieses Zentrum sich nicht nur finden, sondern auch irgendwie aktivieren liesse. Möglicherweise funktioniert das mit derselben Technik, mit der kürzlich ein herunterladbares Geräusch gebastelt wurde, das den Effekt von Kaffee simulieren soll. Das geht, so der Erfinder, weil das Geräusch eine bestimmte Art von Hirnwellen erzeugt, die denen nach dem Morgenkaffee ähnlich sein sollen. Warum also nicht Altruismus-Sound? Einen Versuch wäre es wert.

Sollte das allerdings nicht klappen, haben andere Forscher das passende Tool zur Hand: Ein Kabel nämlich, das aus Nervenfasern quasi von selbst wächst. Eigentlich ist es dazu da, Gehirn und Prothesen zu verlinken, damit die nicht immer blöd rumhängen, sondern sich tatsächlich bewegen lassen. Um diese Linkkabel sind Proteine gewickelt, warum, weiss kein Mensch, und sie sind technisch so sophisticated, dass es eigentlich auch gelingen sollte, sie irgendwie aus dem Hirn herauszuführen und einen USB-Anschluss dranzubauen. Womit sich dann Altruismus bzw. Kaffee direkt ins Hirn downloaden liessen. Was Umwege wie Moral und Kaffeetassen erspart.


18.01.2007 | 19:48 | Sachen kaufen | Vermutungen über die Welt

Gute Nachricht aus dem Schambereich


Bild&Shirt hier zu haben (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Die Bidetrevolution steht vor der Tür. Hierzulande war das Bidet immer schon ein Outlaw-Hygienegerät, das nie so richtig heimisch geworden ist. Warum das so ist, lässt sich nicht sagen. Fest steht, dass man in Frankreich Bidetnichtbenutzer auch "Schmutzfinken" nennt, und wo die Froschfresser recht haben, haben sie Recht: Ein sauberer Schambereich inklusive drumrum hat einiges für sich. Denn das ist es, nur das um auch ein für allemal zu klären, wozu man ein Bidet braucht, und lustigerweise ist es ausserdem noch das französische Wort für Pony.

Bisher war das Problem, dass technisch hochentwickelte Bidets nicht für Einsteiger gedacht waren. Z.B. japanische Toilettensitze mit integrierten Bidets, die eher bis in die Stratosphäre weiterentwickelte Bidetvarietäten sind. Die sehen einem normalen Toilettensitz zwar ähnlich, gleichzeitig aber auch Dingen, die nicht ins Internet können, was aber nicht an einem Mangel vieler shiny control panels oder Anschlüssen für die entsprechende Kabelage liegt. Sie haben einfach keinen Bildschirm, zum Ausgleich aber einen Fön, der von unten kommt. Da darf der unbedarfte User schon einmal Angst bekommen.

Das Gerät, dass das Bidet bei uns heimisch machen könnte, hat einen Namen, den man schon von weitem lächeln hört: Biffy. Ein kleines Plastikding, das jedes Klo zum Bidet upgradet, unsichtbar unter dem Sitz versteckt, allerdings über acht Hochleistungswasserdüsen verfügt, die den gesamten Intimbreich geradezu keimfrei zwingen. Biffy kommt aus den USA und hat den Vorteil, klein und unscheinbar zu sein, funktional ohne angsteinflössende Features. Ausserdem nicht zu unterschätzen bei einer Revolution ist die Kraft des Merchandising: Wie es sich für eine vernünftige Revolution gehört, kann man Biffy auch am Leibe tragen, in Form von Tshirts mit dem Spruch: "I got wet today". Beste Voraussetzungen für eine Revolution von unten.


15.01.2007 | 20:49 | Sachen anziehen

Next Generation Handschuh


Bild von dort (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Eine Menge hat sich getan, seit der gleichnamige Dichter einen schillernden Recken in den Ring steigen liess,: "Mit festem Schritte / Und aus der Ungeheuer Mitte / Nimmt er den Handschuh mit keckem Finger". Der kecke Recke hat den Handschuh dann Fräulein Kunigunde ins Gesicht gewatscht, und endlich darf der Kulturgeschichte des Handschuhs noch ein Kapitel hinzugefügt werden. So wie es aussieht, will der neue Handschuh über seinen Nutzwert als Handschuh hinaus praktisch sein, wobei Gegenstände wie Strickhandschuhe mit USB-betriebenem Wärmepad oder dieses zusammengenähte Ding aus Japan mit eingebautem Wii-Controller eher in die Schublade "Kollateralschaden" gehören.

Weniger Spielerei, dafür besser zum Spielereien betätigen ist eine lederne Handbekleidung namens und von ITWYF. Folgende Features für den ambitionierten Gadgetnutzer sind eingebaut: Am Daumen aufklappbar, nützlich für Handytasten und Clickwheels, und ausserdem am Daumen und an mehreren Fingern eine Art Plastikpickel, mit dem sich Touchscreens trotz winterlich warmer Wurstfinger bedienen lassen. Die im Werbetext versprochene "Aufhebung der Isolation von der Welt" wird es zwar nicht gerade sein, das ist vermutlich ein Generationenproblem, nicht das eines "kleinen Stückchen Leders zwischen Ihnen und der Welt".

Jan Fischer | Dauerhafter Link


13.01.2007 | 01:13 | Vermutungen über die Welt

Verblödungsgeräusche


Bild von hier (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Nur ein kurzer Hinweis auf die Plattenwiederentdeckung des Jahres, entdeckt von WFMU: Play it safe Vol.4. Das Ding ist von 1972, 45 Minuten lang. Es handelt sich um zwei Schauspieler, die ein typisches obere-mittlere Unterschichtehepaar sprechen, das über gar nichts spricht. Soweit, so Pinter. Schwer zu sagen, ob amerikanische Ehen in den Siebzigern hinter verschlossenen Türen wirklich so öde waren; wenn es so war, fragt man sich natürlich, warum nicht mehr Leute sich gegenseitig einfach zerhäckselt haben. Es ist übrigens so, dass diese Platte dafür gedacht war, sie während des Urlaubs ständig abzuspielen, damit Einbrecher nicht auf falsche Gedanken kommen.

Die Anwendbarkeit für das heutige Leben wäre noch zu prüfen, fest steht, dass mit 7.1.-Surround-Anlagen wunderbare Effekte erreicht werden könnten, es wäre machbar, eine Awayplaylist zusammenzustellen, die z.B. das Leben einer ganzen Woche simuliert, inklusive Freitagabend-Comedy, Samstagnachtbesäufnis o.ä., das alles zusammengekaspert in feinstem THX. Man könnte Heerscharen von Forschern losschicken, nur um herauszufinden, wie sich eine typische Woche bei Hans Meier anhört, noch grössere Heerscharen von Geräuschbastlern wären von den Strassen weggeholt, und das alles nur, um etwas zu basteln, das sich unerträglich anhören wird, bis so ungefähr 2025 die Ersten wieder drüber lachen können. Grässlich, wenn Leute auf Ideen kommen, die nur in der Zukunft toll sind.


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