Riesenmaschine

20.08.2006 | 11:39 | Anderswo | Alles wird besser | Sachen kaufen

Jesusstäbchen


Vorläufiger Endpunkt einer unschönen Entwicklung. (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Alles begann, so will es die Mär, damit, dass frühe Christen aus Langeweile mit dem Zeh in den Sand kritzelten. Gegen diese Langeweile erfanden die Römer dann zwar Zirkusspiele, aber es war zu spät, der Fisch hatte sich schon als Akronymbol unter den Frühgeeks etabliert und wollte nicht mehr weggehen. Hat ja auch gar keine Füsse, so ein Fisch.

Heutzutage findet der Fisch sich hauptsächlich auf den Autos von Menschen, die das Bedürfnis haben, es von den Bergen zu rufen, bzw von der Stossstange. "Es" ist dabei meist eine lächerlich unhaltbare Ansicht zur Evolution, zur menschlichen Sexualität oder zum geologischen Alter von Steinen. Diese Fische, so sagten säkularere Naturen, stanken vom Kopf her, und also erfand man den Darwin-Fisch und seine Freunde, um vernünftigere Ansichten auf ähnlich lächerliche Weise rumposaunen zu können wie die Christen.

Auch der Darwinfisch, seiner Beinchen zum Trotz, ging nicht wieder weg, und also bauten die Christenmenschen in Notwehr einen noch grösseren Fisch namens Wahrheit, der den Darwinfisch auffrisst. Dieser vorläufige Sieg des Jesusfisches ist aber nur scheinbar, denn die Tatsache, dass er zur Evolution gezwungen wurde, ist als Metapointe ein klarer Punkt für die Agnostikerfraktion. Es bleibt spannend.


20.08.2006 | 00:00 | Supertiere | Vermutungen über die Welt

All hail the brainslug


Die nicht weniger gefährliche Fingerslug.
(Foto von Yogi / Lizenz)
Gedankenkontrollierende Untiere geistern hier und da durch die einschlägige Fachliteratur, Christophers dreibeinige Herrscher, Futuramas Brainslugs und Heinleins Marionettenspieler sollen mal als willkürliche Beispiele herhalten. Abgesehen von politischem Klima zur Zeit des Entstehens und generellem Verfolgungswahn, scheint die Logik dieser Parasitenängste nicht ganz verfehlt: Gelänge es dem Parasiten, nicht nur die Substanz eines anderen auszubeuten, sondern auch sein Verhalten zu ändern, der Weltherrschaft stünde nichts mehr im Wege. Oder jedenfalls weniger als zuvor.

In der Parasitologie gibt es darum die Manipulationshypothese, die die Existenz solcher Parasiten vorhersagt. Der kleine Leberegel zum Beispiel zwingt hilflose Ameisen unter seine Egelknute, und zum morgendlichen Besteigen von Grashalmen, wo der Endwirt Kuh sie dann pflückt. Für die Kontrolle grösserer Ameisen ist der Erreger der Toxoplasmose ein guter Kandidat, ein einzelliger Schleimbatzen, der alle Säugetierarten befallen kann, sich aber nur in Katzendärmen fortpflanzt, und insofern ein wenig der Geigenmusik gleicht. Schon länger bekannt ist, dass mit Toxoplasmose infizierte Ratten hin zur Katze gehen, statt von der Katze weg. Das wird einerseits auf Toxoplasmose-Zysten im Rattenhirn und andererseits auf den offensichtlichen Vorteil für die Toxoplasmose zurückgeführt. Kaum überraschend dann, aber ein wenig beunruhigend, dass der böse Mikroschleim das auch bei anderen Säugetieren kann.

Bei uns Menschen, zum Beispiel. Frauen werden im Schnitt klüger, regelkonformer und freundlicher, Männer dümmer und langweiliger, nachdem sie eine Toxoplasmose-Infektion durchgemacht haben. Und weil in verschiedenen Länder die Infektionsrate verschieden hoch ist, könnte das, der neuen Theorie des Ökologen Kevin Lafferty zufolge, Unterschiede zwischen diesen Kulturen erklären helfen.

Die ganze Welt im kulturellen Würgegriff der Toxoplasmose-Monster, möchte man titeln, Atombomben auf infizierte Köpfe werfen und Katzen ausrotten. Aber was sagt unsere vielleicht einzige Hoffnung Lafferty stattdessen: "Das soll natürlich nicht heissen, dass diese Effekte notwendig unerwünscht sind". Oh mein Gott, sie haben Lafferty! Lauft um euer Leben. Am besten auf den nächstbesten Grashalm.


19.08.2006 | 01:28 | Anderswo | Alles wird schlechter

Die Blasenentzündung ist zurück


Absteigen! Absteigen!
(Foto von striatic / Lizenz)
[/url]] Sich über Übersetzungsautomaten lustig zu machen, ist ja bekanntlich verboten, aus guten Gründen – selbst die Fehler von Laienübersetzern auf Speisekarten und dergleichen sind ja in der Regel deutlich weniger komisch als ihre begeisterten Sammler das gerne hätten, sondern müffeln vielmehr sogar ein wenig nach dem Chauvinismus demonstrativer Weltläufigkeit. Schon mal lachen, ja schonmal kräftig amüsieren darf man sich aber über, zumal offizielle, Stellen, die tatsächlich solche Übersetzungsautomaten bemühen, wenn Schilder zweisprachig anzulegen sind. Das ist zum Beispiel in Kanada und Wales gesetzlich vorgeschrieben, um einen Kulturkonflikt zu entschärfen, der sich der niedlichen menschlichen Eigenart verdankt, Affen, die anderslautig grunzen, total doof zu finden. In Wales, wo man ja nun wirklich sehr anders grunzt als anderswo, wurde kürzlich ein "Cyclists dismount"-Schild von der zuständigen Behörde durch einen Übersetzungscomputer gejagt, heraus kam "llid y bledren dymchwelyd", was – wir wissen es selbst nicht, glauben es aber gern – die walisische Version der Überschrift dieses Artikels ist.


18.08.2006 | 02:36 | Was fehlt | Sachen kaufen

Klavier minus fünf


Frisst Konzertflügeleier wie andere Gadgets Strom. (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Im Anfang war die Erde bekanntlich wüst und leer, und insbesondere gab es damals keine Klaviere oder Flügel. Dann geschah eine Weile lang nichts, jedenfalls nichts musikalisch Relevantes. Schliesslich aber bildeten sich Tierdärme in der Ursuppe und machten Geräusche, wenn man an ihnen zupfte, die Dance-Evolution kam in Gang, und ruckzuck streiften gewaltige Donnerkästen voller Metallsaiten über geflügelte Urbühnen, und jagten und verschlangen hilfloses Konzertpublikum. Das ist mehr oder weniger bis heute so.

Aber ihre enorme Grösse wird den Klavieroiden ebenso zum Verhängnis werden wie zuvor schon den Dinosauriern und dem Planeten zwischen Mars und Jupiter. Spätestens seit Moogs Basteleien schrumpfen die Geräuschmonster wieder, und ein vorläufiger Höhepunkt ist jetzt mit dem virtuellen Elektroklavier erreicht, in dem DID die Technologie der schon seit Jahren erhältlichen Virtual Laser Keyboards, die ja auch schon keiner brauchte, endlich zur Herstellung nichtvorhandener und unspielbarer (2 Oktaven, keine Anschlagsdynamik) Musikinstrumente verwendet. Der nächste Schritt auf dem Weg zum völligen Wiederverschwinden des Klaviers wäre dann wohl ein komplett fiktives, virtuelles unspielbares Elektroklavier. Aber wer dächte sich sowas aus?


15.08.2006 | 05:05 | Nachtleuchtendes | Fakten und Figuren

Ansichten aus dem Nonneninnen


Im Inneren der Nonnen wohnt ein Kind. Wer hätte das gedacht? (Foto: Drake LeLane)
Wie sieht es im Inneren einer Karmeliternonne aus? Für diejenigen unter uns, denen die Frage schon länger auf den vor Spannung zerkauten Nägeln brannte, hat eine Forschergruppe in Montreal jetzt Abhilfe geschaffen, und den Salat auch gleich bei Neuroscience Letters publiziert. Man hat dort Nonnen in enge, kühle Röhren geschoben, und ihnen dann mit Magnetfeldern den Kopf in Scheiben geschnitten, während sie sich mit Gott eins fühlten, ein Zustand, in den Karmeliterinnen sich offenbar in den schlimmsten Bredouillen mit klösterlicher Leichtigkeit zu versetzen verstehen. Vorhersehbarerweise führt das ganze zu Bildern von Nonnengehirnen mit ein paar farbigen Flecken drauf. Der Vorgang insgesamt gemahnt einerseits an Persinger, der ja bei seinen Experimenten religiöse Ekstasen nicht misst, sondern gleich selber auslöst, andererseits aber auch an die banale Erkenntnis, die einem Redakteur der Zeitschrift Science vor einer Weile unbemerkt durch die Korrekturfahnen wehte: dass nämlich ein Hirnscan beweise, dass eine bestimmte kognitive Fähigkeit im Gehirn verortet sei. So dekorativ sind diese Bilder vom bunten Grauen, dass man sich nicht vorstellen mag, es lasse sich mit ihnen nicht doch mehr beweisen, als dass auch bei Nonnens die Party eben im Kopfinnern steigt.


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