25.08.2006 | 04:46 | Berlin | Alles wird besser
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Radialsystem, so einen schönen Namen für ein Kulturzentrum müsste man sich erst mal ausdenken. Bzw. musste man gar nicht: Radialsysteme hiessen die Ende des 19. Jahrhunderts errichteten Relaisstationen im Berliner Abwassersystem, die das Abwasser sternförmig ins Umland pumpten. Im fünften und letzten noch existierenden Radialsystem eröffnet am 9. September ein Kulturzentrum der neuen Art. Es soll ohne Subventionen auskommen und einem kruden Crossover von Tanztheater, mittelalterlicher und moderner Musik, Kinderertüchtigung und Erwachsenenbelustigung Heimstatt bieten. Mit dieser Mischung aus Kunst und Kommerz soll das vom Architekten Gerhard Spangenberg umgebaute und mit einem luftigen Tetriselement aus Glas- und Stahl ergänzte Gebäude mehr oder weniger rund um die Uhr bespielt werden. Der von Riesenmaschine überaus geschätzte Allein-Entertainer Friedrich Liechtenstein wird dabei ebenso dabeisein, wie die Riesenmaschine selbst, bzw. der Bühnenformat-Zweig der ZIA. Näheres steht noch nicht fest, nur dass zur Eröffnung wohl der Riesenmaschine-Altar zu besichtigen sein wird, der gerade noch auf einer Teststrecke im fränkischen Erlangen unter Extrembedingungen probegefahren wird.
24.08.2006 | 15:35 | Anderswo | Alles wird besser | Zeichen und Wunder | In eigener Sache
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Die meisten handelsüblichen Religionen sind entweder vor Jahrtausenden entstanden oder wurden kürzlich von geldgierigen Sektenführern gegründet. In beiden Fällen richten sich Heilsversprechen und Tagesgeschäfte nach vollkommen anderen Massstäben als der lebensnahen praktischen Alltagshilfe, sondern dienen anderen, merkwürdigen Zielen, die hier unbesprochen bleiben sollen. Ganz anders der Riesenmaschine Altar des Alltags, der zum Poetenfest in Erlangen (Donnerstag bis Sonntag) aufgebaut wurde. Auf ihm tummeln sich allerlei Götter, deren Wirken und Schaffen direkt auf die eigenen Alltagsprobleme Einfluss nimmt – wenn man mit der geeigneten Begründung betet. Zum Einsatz kommt dabei unter anderen der Gott der Kontrolle über die eigenen Haare, der Gott der einfachen Lösungen für komplexe Probleme, der Gott der vergessenen Passwörter und der gnädigen Amnesie und nicht zuletzt auch der Schutzpatron aller Blogger, der Gott der unterhaltsamen Ereignislosigkeit, der bei Anbetung dafür sorgt, dass man noch in einem schwarzen Raum ohne Fenster mit zuen Augen Bloggenswertes erlebt oder die Leere zumindest packend schildern kann. Nur durch Zufall sieht dieser Gott aus wie ein umgefallener und wieder aufgerichteter Sack Reis. All diese Götter lassen sich unter altar.riesenmaschine.de betrachten und aktiv anbeten. Vor dem jeweiligen Gott geht dann für eine Minute eine Lampe an, was wiederum auf der Altar-Webcam live beobachtet werden kann. Die – für die Besucher in Erlangen sichtbaren – Wünsche und Gebete werden in der Regel innerhalb kürzester Zeit erhört. Ausser man betet zum Gott der unterlassenen Hilfeleistung, dann nicht.
24.08.2006 | 14:18 | Anderswo | Alles wird besser
Kriege als Quelle von Innovationen, eine lange und ruhmreiche Geschichte. Wer erinnert sich nicht an die grauen Kampfmaschinen des Hannibal, die Erfindung der Konservendose durch die Kreuzritter oder die Entdeckung des fettfreien Quarks in den Schützengräben von Verdun. Jetzt berichten unsere Brüder im Geiste, die Enthusiasten vom MIT, über ein neues Erfolgskapitel in der Kriegsmarktführung: Den automatischen Simultanübersetzer. Erfunden vom Laboratorium STAR der Firma SRI, hört sich die Software an, was man so sagt, übersetzt es in die fremde Sprache und ruft das Ganze dann auch gleich dem Gegenüber ins Gesicht – das alles mit einem handelsüblichen Laptop, den man einfach unter dem Kampfanzug mit sich herumtragen kann. Aus offensichtlichen Gründen gibt es das System zunächst mal nur für Englisch-Arabisch (und es heisst daher IraqComm), was für Europäer eher wenig praktisch ist. Aber man soll nicht undankbar sein, schliesslich gab es den Quark anfangs auch nur ohne Fruchtzusatz. Für nächste Saison wünschen wir uns dasselbe Ding in ganz anderen Kriegen, sagen wir Deutschland gegen Österreich, damit man sich endlich im Urlaub vernünftig unterhalten kann.
22.08.2006 | 06:30 | Anderswo | Alles wird besser
 Bestie Hunger. (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.) Namen seien Schall und Rauch, sagt ein doofes Sprichwort, aber darüber, dass das nicht ganz stimmen kann, könnten sich zum Beispiel die Stadt Mumbai und der Keksriegel Twix gepflegt unterhalten, denn beide hiessen früher in Teilen der Welt anders, und sind bis heute traumatisiert, oder wenn schon nicht traumatisiert, so doch jedenfalls mit Schokolade überzogen (Twix) beziehungsweise überbevölkert (Mumbai).
Es ist ergo sehr wichtig, neue Sachen von Anfang an richtig zu benennen, damit man nicht irgendwann in die Zitrone (früher: den sauren Apfel) Namensänderung beissen muss. Das hat sich offenbar auch das Management eines neuen Restaurants in Mumbai zu Herzen genommen und die Mampferei pfiffig nach einem der berühmteren Europäer der jüngeren Vergangenheit "Hitler's Cross" genannt. Die Namenswahl führte selbstverständlich zu sofortigen Protesten, die die Manager aber gekonnt aushebeln: "Bei uns geht es nicht um Krieg oder Verbrechen, hier kommen Menschen her, um sich bei einer schönen Mahlzeit zu entspannen." Genau wie beim Führer damals also, und alles ist in schön schwarz-weiss-roter Ordnung. Konsequenterweise haben die Betreiber auch vor, zu einer Restaurantkette zu expandieren und in andere Teile Mumbais vorzustossen. Die aber zuerst ihrerseits versucht hätten, ins Restaurant einzudringen, man ist also im Recht.
Es ist natürlich keine Schande, den guten Namen Hitlers auszubeuten, macht ja jeder heutzutage, der Spiegel, in dessen Online-Journalismus-Attrappe diese Meldung sicher bald auftaucht, Günther Grass, Walter Moers. Sogar wir machen das. Und wenn es der Proteste zu viel werden, kann Hitler's Cross sich ja immer noch umbenennen. Zu "Pot of Pol" zum Beispiel, "Tastidi Amino Acids" oder "The Archipel Gulasch". Twix hat es schliesslich auch nicht geschadet.
21.08.2006 | 12:54 | Supertiere | Alles wird besser
 Wozu eine Dihedralangel, wenn es auch eine einhedrale täte? Sowas kann auch nur ein Orthopterlaie fragen. (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.) Erstaunlich viele Dinge können fliegen. Fliegen zum Beispiel können es, Vögel können es. Selbst Lemminge können es, wenn auch nur mit technischer Hilfe von Disney. Statt sich an den Lemmingen zu orientieren, und sich einfach von Disney-Mitarbeitern irgendwo runterwerfen zu lassen, versuchte der Mensch, es den Vögeln gleichzutun. Er schnallte sich erst selbst Flügel um, aber als das ausserhalb der Mythen gar nicht, und innerhalb nur um den Preis mythischen Scheiterns klappte, begann er, zunehmend wuchtigere Geräte zu bauen, die sich mehr und mehr vom Vogel weg und zum Lemming hin entwickelten. Durch Flügelschlag fliegen, das können eben nur die Vögel, unkte man, und also wurden die neuen Flugmaschinen von aussen durch Propeller oder Düsentriebwerke abgeschubst. Die fortschrittsfeindlichen Unken unkten aber auch hier. Für eine Landung nämlich müsse das Zeug noch in der Luft so stark abbremsen, dass es vom Flug- zum Sturzzeug werde. Eine Landung sei also unmöglich, und somit nur Flugzeuge denkbar, die für alle Ewigkeit kreisen, und die wolle ja wohl keiner. Fall zugeunkt.
Natürlich kam dank der Aerodynamik alles ganz anders, und das Flugzeugessen wurde erfunden. Vor allem aber gab dieser Erfolg den Vogelfanatikern wieder Aufwind, die es nun nochmal wissen wollten: kann der Mensch fliegen wie ein Vogel oder nicht. Und das Erfolgsvideo des Ornithopterprojekts zeigt es ganz eindeutig: Er kann, fällt dabei aber leider unk, Verzeihung, um.
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IN DER RIESENMASCHINE
ORIENTIERUNG
SO GEHT'S:
- Boykotte-Boykott
- voll abrocken zu Popmusik
- Trinken als Statussymbol
- exotische Horrorfilme
SO NICHT:
- Knorpelkohle
- Kalorienverlust durch Frösteln
- Brot und Butter
- voll abpoppen zu Rockmusik
AUTOMATISCHE KULTURKRITIK
"Lakeview Terrace", Neil LaBute (2008)
Plus: 1, 21 Minus: 1, 2, 19, 42, 102 Gesamt: -3 Punkte
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