05.07.2005 | 17:58 | Was fehlt
(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)Schon im September 2003 sollte der "Filewalker Messenger" der Schweizer Firma Invair in Deutschland erhältlich sein: ein Linux-Smartphone mit GPS und Bluetooth. 2003 war das süßeste Zukunftsmusik und selbst heute hätte Invair vermutlich ausgesorgt – wenn es den Filewalker Messenger gäbe. Denn vermutlich existiert das arme Gerät nach wie vor nur in einer CeBit-Vorzeigeversion aus Pappmaschee.
Offizielle Firmenauskunft: Man verkaufe ausschließlich an Firmenkunden, für die der Filewalker Messenger speziell und im Auftrag hergestellt werde, man sei auch auf Jahre hinaus ausgebucht. Klar, wenn wir kleine Goldbarren mit Himbeerbrausegeschmack und GPS-Modul herstellen würden, würden wir dem Pöbel auch die Tür weisen, da bestünde ja akute Gefahr des Geldverdienens.
Anderthalb Jahre nach der angeblichen Markteinführung des Filewalker Messenger ist jedenfalls nach wie vor kein einziger Erfahrungsbericht, keine Kundenmeinung im Netz, kein Filewalker auf eBay zu finden. Aber auf der CeBit 2006 wird sicher Version III vorgestellt und enthält vielleicht außer Pappmaschee, GPS und Linux dann auch eine aufblasbare Villa mit Seegrundstück. Wir freuen uns schon!
Kommentar #1 von Andreas Weber:
Meines Wissen verkauft INVAIR, entgegen obiger Mitteilung, durchaus Geräte. Einige Filewalker werden auch periodisch auf Ebay gehandelt und auch Benutzerberichte habe ich gefunden: (http://www.mobile2day.de/news/news_details.html?nd_ref=1083). Der Filewalker Messenger wird jedoch nie unter dem eigenen Namen, sondern als OEM-Produkt produziert und verkauft, womit logisch ist, wieso keine Berichte über das Gerät (unter dem "eigenen" Namen) veröffentlicht wurden.
26.07.2005 | 14:51
Kommentar #2 von Kathrin Passig:
Also die in diesen Berichten genannte Firma Harlander in Wien behauptet zwar, den Filewalker zu einem attraktiven Preis zu vertreiben: http://www.harlander-wien.at/filewalker/ tut das aber wohl genauso wenig wie alle anderen: http://www.debianforum.de/forum/viewtopic.php?t=37991 Vielleicht wurden dort die CeBit-Pappmaschee-Modelle verramscht?
26.07.2005 | 14:58
Kommentar #3 von Andreas Weber:
Die Meinung teile ich nicht, besitze ich doch selber einen Filewalker Business und kenne mehrere weitere User, welche ebenfalls ein Gerät besitzen (der Filewalker Business ist das Vorgängermodell). Aufgrund der schlechten Erfahrungen im Consumermarkt werden jedoch seit geraumer Zeit keine Geräte mehr an Privatkunden verkauft (ich habe mein Gerät noch über den früher auf der Website aktiven Onlineshop gekauft).
26.07.2005 | 15:09
Kommentar #4 von Kathrin Passig:
Na gut, es gibt das Gerät also irgendwo im Geheimen, aber deshalb gleich alles widerrufen? Nee. Außerdem würde mich brennend interessieren, was das für "schlechte Erfahrungen im Consumermarkt" gewesen sein könnten. "Die wollten uns dann große Säcke lästigen, stinkenden Mammons geben"? "Wir hätten dann Support leisten sollen, und, ach, weiß ja jeder, wie das nervt"? "Wir waren überfordert damit, mehr als 4 Stück pro Jahr von Hand zu löten"?
26.07.2005 | 15:34
Kommentar #5 von Andreas Weber:
Als ich vor geraumer Zeit ein zweites Gerät bestellen wollte erhielt ich eine Absage. Ich habe – als bestehender Kunde – nachgehakt und zuerst folgende (durchaus nachvollziehbare) Antwort erhalten: ".. Der Markt für mobile Geräte teilt sich grob in zwei Kundensegmente auf: Consumer (Private) und Business (Unternehmen).Die genannten Segmente haben komplett unterschiedliche Bedingungen und dementsprechend unterschiedlich sind auch die Anforderungen an jene, welche in die einzelnen Segmente liefern wollen. Nachweislich unrentabel und komplett "überladen" ist der Consumermarkt, in welchem die einzelnen Hersteller "um jeden Preis" um Marktanteile und Kunden kämpfen. Wirklich neue Produkte werden nicht lanciert, vielmehr wird das in etwa immer wieder gleiche Produkt in anderer Verpackung und mit leichten änderungen auf den Markt gebracht – wer nicht jeden Monat eine Neuankündung publiziert, hat bereits verloren. Die Kosten für Marketing und Kundensupport sind enorm hoch und "Rentabilität" ist schon fast ein Fremdwort. Wenn Sie z.B. 10'000 Geräte an Privatkunden ausliefern, müssen Sie mit mindestens 20'000 Kundenanrufen oder -mails kalkulieren: Erstkontakt und mindestens eine Frage nach der Auslieferung – die Anzahl Rückfragen steigt mit der Anzahl Auslieferungen sogar progressiv. Um diese Menge überhaupt seriös bewältigen zu können, müssen Sie viel Geld in Personal und Infrastruktur investieren. Ein junges Unternehmen wie INVAIR, welches hohe Investitionskosten für die Produkteentwicklung geleistet hat, müsste, um in den Consumermarkt einsteigen zu können, nochmals viel Geld für die u.a. oben erwähnte Problematik investieren – lediglich ein Punkt, von mehreren. Es gibt jedoch in ausgewählten Nischenmärkten noch durchaus rentables Absatzpotential. Hierbei stellt die "Möglichkeit zur Individualität bzw. Flexibilität" des Herstellers jene Kraft dar, welche für ein gutes Business benötigt wird – eine Eigenschaft, welche bei den Grossen der Branche nicht mehr oder nur noch eingeschränkt vorhanden ist. Bei Industriekunden erhalten wir als Hersteller ein detailliertes Pflichtenheft, in welchem die jeweiligen Anforderungen an das Gerät spezifiziert sind. Wir prüfen die Anforderungen und wenn unser Gerät die Anforderungen erfüllt, realisieren wir das entsprechende Projekt. Sind die Geräte ausgeliefert und der Kunde stellt z.B. im nachhinein fest, dass er etwas "vergessen" hat und die Geräte nicht optimal eingesetzt werden können, liegt die Verantwortung beim Kunden. Bei Privatkunden stellt sich dies nachweislich anders da: stellt der Kunde nach dem Kauf fest, dass das Gerät "nicht seinen Vorstellungen entspricht", verlangt er Support. Erhält er diesen nicht in der individuell gewünschten Form, ist das Produkt oder aber der Hersteller "mies". Seine Meinung verbreitet der Privatkunde anschliessend in Foren und in bilateraler Form. Einige Privatkunden versuchen logischerweise, ihr persönliches "Pflichtenheft" vor dem Kauf mittels mehrerer, individueller Mails oder Telefonate an den Hersteller auf Kompatibilität zu prüfen. INVAIR erhält aktuell z.B. je Tag über 2'000 solcher Mailanfragen und wir könnten ein Heer an Ingenieuren beschäftigen, um alle Fragen seriös zu beantworten. Wenn wir "ablehnen", kriegen wir in 90% der Fälle die immer gleiche Antwort: ich brauche keinen Support. Dies ist richtig, bis zum ersten Problem.Unsere Antwort soll Ihnen aufzeigen, wieso INVAIR nicht in den Consumermarkt liefert. Es ist nicht Willkür welche INVAIR dazu bewogen hat, nicht an Private zu liefern. Es ist uns durchaus bewusst, dass sicherlich auch der eine oder andere Privatkunde unsere Geräte gerne hätte bzw. diese gut einsetzen könnte, doch verfügen wir weder über die notwendigen Mittel noch über die entsprechenden Strukturen, um das Privatkundengeschäft auch seriös betreiben zu können – auch wenn wir dies durchaus gerne tun würden.Leider müssen wir Ihnen eine negative Antwort übermitteln. Sollte sich unsere Vertriebspolitik ändern, werden wir Sie selbstverständlich gerne direkt informieren.Mit freundlichen GrüssenINVAIR Technologies AG". Ich habe nochmals nachgehakt An dieser Stelle habe ich einen überflüssigen Smiley hingemacht, wofür ich mich dereinst schämen werde. und erhielt vom Kundendienst einige Beispiele empfangener Kunden-Mails, deren Inhalt teilweise jeden Anstand vermissen liessen. Ich war erstaunt, wie "offensiv" Privatkunden sich gegenüber einem Hersteller "aufblasen". Seither kann ich nachvollziehen, wieso sich ein (kleines) Unternehmen wie INVAIR aus dem Consumermarkt zurückgezogen hat. P.S. ich habe nach einem interessanten Gespräch mit dem Verkauf dann aber doch noch ein weiteres Gerät erhalten An dieser Stelle habe ich einen überflüssigen Smiley hingemacht, wofür ich mich dereinst schämen werde.
26.07.2005 | 15:50
Kommentar #6 von Kathrin Passig:
Es überrascht mich kein bisschen, dass Privatkunden praktisch dazu bereit sind, dem Geschäftsführer mit einer Axt aufzulauern, um an ein so begehrenswertes Gerät zu gelangen. Das Thema der Nichterhältlichkeit von Dingen, die wir dringend haben wollen, beschäftigt die Riesenmaschine seit, ahem, jeher. Ist ja schließlich nicht die DDR hier, und wir dürfen mit Fug und Recht erwarten, ach was, fordern, nein, einklagen, dass man uns die Dinge kaufen lässt, die wir kaufen wollen. Wozu denn sonst der ganze Kapitalismus?
26.07.2005 | 16:08
Kommentar #7 von Andreas Weber:
Der Kapitalist bekommt durch die Rendite seines Eigenkapitals das Risiko, das er mit dem Einsatz seines Kapitals auf sich genommen hat, sowie den vorläufigen Verzicht auf das investierte Kapital abgegolten (er strebt also nach Maximierung seiner Eigenkapitalrendite). Wo der Kapitalist nicht eine Rendite grösser der Liquiditätsprämie für sein Geld zu erzielen glaubt, wird er dieses Geld nicht investieren (da es dann günstiger ist, dies Geld zu behalten und stets verfügbar zu haben). Dein "Verlangen" Dinge immer und überall kaufen zu können wenn Du dies willst, bedingt, dass die Gegenseite auch bereit ist, für Dich zu "sterben" (Insolvenz) oder aber einen Verlust zu akzeptieren. Ich gehe davon aus, dass Du ebenso wenig bereit bist bewusst Geld zu verlieren, wie ich es auch nicht wäre. Exakt diese Überlegungen macht sich meiner nach auch ein Unternehmen wie INVAIR und dies ist – meiner Meinung nach – auch ihr gutes Recht.
26.07.2005 | 17:04
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IN DER RIESENMASCHINE
ORIENTIERUNG
SO GEHT'S:
- Schweden
- Passivität (die neue Action)
- zusammen losfahren
- Democlowns verprügeln
SO NICHT:
- Felsenmeer (rockt nicht)
- ostentatives Pimmellogo
- Schwaben
- alleine ankommen
AUTOMATISCHE KULTURKRITIK
"Stoned", Stephen Woolley (2005)
Plus: 3, 39, 44 Minus: 14, 59, 61, 73, 88, 120 Gesamt: -3 Punkte
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