10.01.2006 | 11:55 | Fakten und Figuren | Essen und Essenzielles

Gewürze, das Salz in der Suppe

Dass es überhaupt Curryfrüchte gibt! (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)Der Chinesische Eidechsenschwanz, Römischer Quendel, Gagel, Gerbersumach, Kirchenseppl, Keuschlamm – all das sind mittelhochdeutsche Beschimpfungen aus dem 12. Jahrhundert Gewürze, die nicht durch lustige Namen auffallen, sondern zumindest im deutschen Kochalltag nicht gerade durch aggressive Überpräsenz glänzen. Weniger noch, der moderne, urbane Haushalt verfügt über geschätzte vier Gewürze, nämlich Salz, Pfeffer, Maggi und eine Würzmischung (Steak, Curry oder Provence), in bestimmten Lebensstadien (enttäuschtes Singletum, frisch zusammengezogene Pärchen) kommt frisches Basilikum dazu, um den tristen Alltag in scheinmediterranem Tomatenmozzarellaolivenöl zu ertränken. Dabei sind Gewürze so viel mehr als nur Namensgeber für Wunderbäume! Was, wie, warum, woher und wo Gewürze sind, wie sie heissen, wie sie auf laotisch, estnisch, hmong, ungarisch und anderen Sprachen heissen, was man mit ihnen machen kann und ihre Geschichte erfährt man auf der unbedingt empfehlenswerten Gewürz-Seite von Herrn Gernot Katzer von der Universität Graz.
Auch für Nichtgourmets hält Herr Katzer Wissenswertes bereit, mein Berliner lokalpatriotischer Currywurststolz etwa fiel weinend in sich zusammen, als ich erfuhr, vermutlich noch nie Curry gegessen zu haben, sondern nur die als Ersatzdroge von englischen Offizieren geschmacksimitierte Gewürzmischung, weil echte Curryblätter ihren Geschmack verlieren, wenn sie getrocknet werden. Adieu grossartige Currywurst, hallo armselige Würzmethadonwurst.

Sascha Lobo | Dauerhafter Link | Kommentare (6)

Kommentar #1 von irgendwem:

wenn man dann aber mal richtiges Curry gegessen hat, dann geht einem hier nicht nur der Instantgeschmack auf die Nerven, sondern auch wie es unelegant ausgesprochen: KÖRRI, aber in gewisser Weise symbolisiert dies Bastardwort sehr schön das ganze Verkorksungselend der Einheitsküche, die so exotisch tut. Auf Katzers Seite wird auch Shiso, auch Perilla oder Schwarznessel genannt, beschrieben, das seit einiger Zeit schon DAS Trendgewürz ist, kam allerdings nicht so hereingepoltert wie Bärlauch vor 10 Jahren. Komischerweise heisst Shiso in England Beefsteak Plant, obwohl es eher mit Fisch geht

10.01.2006 | 12:31

Kommentar #2 von 500beine:

Moment. Methadonwurst ist doch eine
herrliche Sache. Wir lieben so Gewürzopium.

10.01.2006 | 20:23

Kommentar #3 von Gourmand:

Richtiges Curry.
Wie wahr.
Wenn ich an das "mitteleuropäische" Currypulver denke das gekocht so aussieht wie Baby-ahah...
Gelb und schmeckt nach nichts.
Warum in Deutschland so gewürzarm gekocht wird ist mir ein Rätsel.
Andererseits wird von der Convenience-Industrie auch alles ziemlich gleichförmig auf den sogenannten "Massengeschmack" zugeschnitten.

11.01.2006 | 13:34

Kommentar #4 von Sascha Lobo:

Ich kenne mich jetzt wirklich nicht so gut aus mit Kleinkindern, hätte aber nicht gedacht, dass Babykacke gelb ist und nach nichts schmeckt. Wobei mich das "gelb" nicht so sehr erstaunt.

11.01.2006 | 14:31

Kommentar #5 von Igitt:

Dochdoch, ein frischer Muttermilchstuhl sieht wirklich exakt so aus und riecht ganz angenehm quarkig. Damit jetzt alle fälschlicherweise denken, ich sei der Krixikraxizeichner, lass ich am Ende dieses Satzes einfach den Punkt weg

11.01.2006 | 14:55

Kommentar #6 von Hellsager:

In Wahrheit bist Du aber natürlich ein österreischisches Kaufhaus mit -er statt a. Abgesehen davon "angenehm quarkig", si non e vero e ben trobato (Akzente nach gusto verteilen).

11.01.2006 | 15:11