Riesenmaschine

09.02.2006 | 06:32 | Essen und Essenzielles | Vermutungen über die Welt

Die Wahrnehmung der Pforten


Niemand weiss, wie es weitergeht (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Das bestimmende Merkmal von Zivilisation ist ganz eindeutig die Tür. Denn Pforten sind es, die Mensch von Tier trennen, Ungläubige von Kreuzrittern, Wärme von Kälte, Unzucht von Zucht, überhaupt das Eine vom Anderen. Ohne die Tür wäre die Welt ein trostloser Einheitsbrei, ein grosses, formloses, ja, gar türenloses Etwas, in dem alles sperrangelweit offen steht. Es muss Grenzen geben, es muss Übergänge geben, Kontraste, Trennungen, und all dies funktioniert nur mit Hilfe der Tür. Einziges halbwegs brauchbares Konkurrenzprodukt auf dem Markt ist die Brücke, die allerdings im Gegensatz zur Tür oft von Selbstmördern missbraucht wird, und deren Einsatz daher moralisch zweifelhaft ist. Nein, eindeutig sind es Türen, die die Welt sauber zusammenhalten.

Einen wichtigen Schritt zur Dokumentation dieser Tatsache findet man aus nicht nachvollziehbaren Gründen nur nach langem Suchen. Ein angenehm geheimnisvolles Wesen namens Fluxus hat in aufopferungsvoller Selbstdisziplin Türen dokumentiert, mit Schwerpunkt auf ihrem Schwerpunkt, der Klinke, einen ganzen Tag, mehr als achtzig Türen. Es ist ein gewaltiger Berg von Türen, ein so grosser Haufen Türen, dass einem ungefähr bei Tür Nr. 38 vor lauter Türen allmählich klar wird, dass Türen in letzter Konsequenz vielleicht doch nicht ganz so wichtig sind.


Kommentar #1 von Marks:

Türen, mein derzeitiges Lieblingsthema. Türen sind ja wohl die grösste Fehlkonstruktion überhaupt. Ich will jetzt gar nicht über mein Vorzimmer schreiben, weil ich das erst kürzlich an anderer Stelle machte.
Türen haben ein grundsätzliches Problem: Sie sind entweder offen oder geschlossen, ein Widerspruch in sich, kann gar nicht funktionieren. Denn, offen oder geschlossen: Türen sind immer im Weg, besonders schön zu beobachten auf Flughafen-Toiletten. Man kommt nicht rein, nicht raus, schon gar nicht mit einem Koffer in der Hand. Und aus Sicht des Hygienikers: Kann mir jemand erklären, weshalb diese voll automatisierten Waschgelegenheiten immer erst NACH der Klotüre kommen, also nachdem wirklich jeder mit seinen verseuchten Fingern an der Türschnalle war?
Die schlimmsten Türen sind aber die automatisierte Drehtüren, funktioniert doch nie, weil doch immer irgendwer glaubt, hinter einem noch schnell rein springen zu müssen, was zum sofortigen Abbruch des Vorgangs führt, weil es sonst Tote und Verletzte geben würde jeden Tag, und bis das Werkl wieder anspringt, dauert es, wenn es denn überhaupt anspringt, besonders widersinnig, Drehtüren in Hotellobbys hinein, mit einem etwa grösseren Koffer im Grunde nicht benutzbar, also muss man erst recht wieder zu den Seitentüren ausweichen, und so weiter. Türen sind übel!

09.02.2006 | 08:58

Kommentar #2 von Türenretter:

Weil die Tür hier nicht antworten kann: Das stimmt alles gar nicht. Und wer mit Koffern verreist, oder gar Koffer besitzt, muss sich über die gerechte Bestrafung der Türen nicht wundern. Türen wissen, was sich gehört.

09.02.2006 | 14:34

Kommentar #3 von Marks:

Nur keine Tür ist eine gute Tür.

09.02.2006 | 15:17

Kommentar #4 von billy koettbullar:

riesenmaschine war früher besser.

10.02.2006 | 08:39

Kommentar #5 von Dumfrager:

Ich muss noch was nachfragen, wenn sie auf toilleten in die kabinen gehen anstatt die pissoirs zu benutzen, sagen sie indirekt damit, dass sie die privatsphäre der kabinen mehr schätzt als die offenen pissoirs, vielleicht weil sie lieber im sitzen als im stehen pinkelen. Diese privatsphäre wird aber erst durch eine Tür möglich, warum regen sie sich dann so darüber auf?

14.02.2006 | 16:58

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