22.02.2006 | 16:32 | Berlin | Vermutungen über die Welt
(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)Nike traut man ja einiges zu in Sachen Guerillamarketing, auch wenn die Umbenennung des Wiener Karlsplatz in Nikeground gar keine Aktion von Nike selbst war, sondern eine der Künstlergruppe 0100101110101101.org . Der Architekturtheoretiker Friedrich von Borries hat in "Who's afraid of Nike town?" das über weiten Strecken seiner im Volltext verfügbaren Dissertation Die Markenstadt – Marketingstrategien im urbanen Raum entspricht, nachgezeichnet, wie der Sportartikelhersteller sich systematisch subkulturelle Codes aneignet und damit eine vom Situationismus stammende Strategie der Usurpation und Umfunktionalisierung des öffentlichen Raumes für Marketingzwecke verfügbar und gefügig macht. Sensibilisiert durch diese Lektüre schöpft man erst mal Verdacht, wenn stadtweit plakatiert neonorange Plakate mit holzschnittartigem Druck auftauchen, die auf den ersten Blick an hippe Autonomenplakate erinnern und für eine ominöse "Live-Demo" am 24. Februar am Spindler & Klatt werben, wenn dann noch die darauf abgebildete Person einen "Live"-Schriftzug in der Nike-Typo mit dem Swoosh auf der Brust trägt.
Obacht!, denkt man, und hält es für die nächste Volte im Spiel postironischer Counterculture-Exploitation: Nike inszeniert am stattbekannten Yuppietreffpunkt eine pseudo-autonome Fake-Demo gegen übertriebenen Körperkult und Fashion-Oberflächlichkeit – also eigentlich dafür, weil die herbeigecasteten Autonomen natürlich so scheisse aussehen, dass man spontan zur Gegenseite tendiert. Der Besuch der Veranstalter-Website ergibt dann aber, dass es sich um ein stinknormales Live-Venue handelt, das auf den Plakaten lediglich Nike nachahmt, wie sie die Subkultur nachahmen. Es ist nur die Paranoia, Baby, es ist nur Rauch ohne Feuer.
Kommentar #1 von Daniel:
Das Friebe-Ziatat ist an dieser Stelle ganz fabelhaft.
22.02.2006 | 18:50
Kommentar #2 von irgendwem:
Soll das jetzt Post-Post-Ironie sein? Wenn man auf der Veranstalter-Website unter Links schaut, ergibt sich für mich ein ganz anderes Bild. Die üblichen Verdächtigen sind als Partner oder sonstwas mit von der Partie.
23.02.2006 | 00:56
Kommentar #3 von Beaverman:
ist es nicht schön zu sehen, dass es noch personen auf diesem erdball gibt, die mit geschlossenen augen durchs leben gehen.
23.02.2006 | 15:50
Kommentar #4 von think different but don`t be stupid:
Darf ich aus den Äusserungen des Verfassers die berechtigte Angst entnehmen, das es sich bei der Veranstaltung um eine subversive, als autonom getarnte Yuppie Demonstration mit live Ambiente organisiert durch Nike, handelt. Nebenbei ist auch mit obszönem Körperkult (striptease) und pseudoinhaltlichem Geschwafel auf verbaler Ebene zu rechnen. Castingagenturen deutschlandweit haben sich in einem nahezu beispiellosem Wettbewerb darum bemüht , den fotogenen Autonomen zu engagieren, der als Teil des Ganzen, diesem Selbstzweck Rechnung trägt. Die beispielhafte und als vorbildlich zu benenende Auffasungsgabe unseres Vorreiters in Sachen Aufklärung (Friebe), verstetzt uns in die Lage natürlich alles schon im Ansatz zu durchschauen. Ich bin der festen Überzeugung das der Verfasser hier eine, sowohl sprachlich als auch didaktisch unkonventionelle Meisterleistung abgegeben hat. Unsere Neugierde auf weitere analytisch wirklich durchgreifende Erkenntnisse ist kurz vor dem zerbersten.An dieser Stelle sei es gedankt, das es Zeitgenossen gibt, die sich mit den wirklichen Problemen unserer Gesellschaft auseinandersetzen. Sehr präzise ist auch die exzellente und orthografisch perfekte Umsetzung dieser inhaltlich sehr verworrenen Variante des Real – Science Fiction. Also wir halten fest das die neue Parole der Autonomen vor dem Einsatz lautet: "Just do it". dezente Lawine in Zitrusblau....
24.02.2006 | 08:56
Kommentar #5 von dicke Turnschuhe:
Zitrusblau, eine schöne Farbe (Adidas?).
24.02.2006 | 12:19
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IN DER RIESENMASCHINE
ORIENTIERUNG
SO GEHT'S:
- Südpol der Unzugänglichkeit
- Am besten gleich zwei kaufen
- ungerade Telefonnummern
- scharfes Rififi
SO NICHT:
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- Südpol der Unzulänglichkeit
AUTOMATISCHE KULTURKRITIK
'The Hateful 8', Quentin Tarantino (2015)
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