Riesenmaschine

09.01.2007 | 11:31 | Alles wird besser | Alles wird schlechter

Die Fähigkeit, um sich selbst zu trauern


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Wer hat ihn noch nicht geträumt, den Traum vom Fliegen Sterben. Wenig, was ähnliche Genugtuung verschafft, wie als Geist seiner selbst der eigenen Trauerfeier beizuwohnen. Göttlicher Moment, wo Mutter, Vater, Ex und ehemaliger Sportlehrer von Weinkrämpfen geschüttelt erkennen: Wir haben Unrechtes getan, Unrechtes getan, ja, Unrechtes getan. Drei Phasen werden für sie zu bewältigen sein: 1. Leugnung, 2. Depression, 3. Heilung. Ab Phase 3 wird es für einen als Geist seiner selbst freilich unattraktiv. Ebenfalls unattraktiv ist es aus stilistischen Gründen, mit betriebsbereitem Taschentelefon beerdigt zu werden. Das vermutlich dürfte zumindest der Geist des Belgiers Marc Marchals vor drei Jahren so empfunden haben, als die Trauerrede aus dem eigenen Sarg heraus vom Telefonklingeln unterbrochen wurde. Wenn auch die Mitscherlichs mit ihrer Unfähigkeit zu trauern auf anderes anzuspielen vorhatten, so darf wenigstens der Titel ihres Traktats in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben. Abhilfe und Übung in einem verspricht gottlob aber der Grabsteingenerator. Ungeklärt bleibt nur eines; weshalb seit etwa fünf Jahren im Journalisten-Deutsch nicht mehr gestorben, sondern fast ausschliesslich verstorben wird. Affiger Trend oder ganz neue Qualität des Wegmachens?

Bettina Andrae | Dauerhafter Link | Kommentare (8)


Kommentar #1 von Sascha Lobo:

Wenn schon Rechtschreibreformreform, dann hätte man auch die überfällige Änderung von Genugtuung in Genuugtuung einpflegen können.

09.01.2007 | 12:23

Kommentar #2 von Reisender:

Vor eineinhalb Jahren habe ich mich in Georgien für einen Grabstein portraitieren lassen. Zuerst grosse Weigerung: Nein! Das geht nur für Tote. Mit Geld gewinkt. Zurück in Deutschland wollte ich das kaukasisch verfremdete Abbild (14 Kilo) zu Weihnachten verschenken. Wieder grosse Weigerung. Diesmal bei der zu Beschenkenden. Geschmacklos. Jetzt muss ich es selber ertragen.

09.01.2007 | 12:28

Kommentar #3 von weltdeswissens:

Bettina wird mir fehlen werden... woran wird sie so früh verstorben sein?

09.01.2007 | 12:56

Kommentar #4 von Gevatter Tot:

scho interessant! ein weiser Grabstein! zumindest weiss dieser scho wann bettina stirbt! und das is noch ne Weile hin! hauptsache sie hat ihn auch gelesen! sind ja noch 14 Jahre! da kann man viel machen! zB Sich auch rächen, dass alle fies zu ihr waren An dieser Stelle habe ich einen überflüssigen Smiley hingemacht, wofür ich mich dereinst schämen werde.

09.01.2007 | 14:10

Kommentar #5 von Flubber:

gestorben->verstorben->wegmachen (Neuer Trend – Dysphemismus-Tretmühle?)

09.01.2007 | 14:42

Kommentar #6 von weltdeswissens:

@4: ich dachte, alle sätze mit ausrufezeichen zu beenden, sei das privileg des supatopcheckerbunnys! aber es scheint um sich zu greifen! das finde ich nicht gut! andererseits sind privilegien vielleicht auch nicht gut! vielleicht sollte ich auch alle sätze mit ausrufezeichen beenden!ich finde übrigens nicht alle smileys sin d überflüssig! manche sind auch ganz schön! grüsse an das stcb!

09.01.2007 | 15:59

Kommentar #7 von Kathrin:

Also ich hätte ja sehr gern den hier. Denkt ihr dran, wenn's so weit ist? Danke!

(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)

11.02.2007 | 03:10

Kommentar #8 von Macker:

Im Übrigen: das ist Warhols Idee – ge- und verstorben unter einem blanken Grabstein be- und vergraben zu liegen. Was wiederum die Idee der modernen Massenkriege ist: das annonyme Grab des unbe(k)nannten Soldaten. Denn es soll ja schliesslich der Äon der Nation Zeuge für das Nichts werden, das einen mit der feindlichen Kugel ereilt...alles fällt und steht mit dem Grab.
Macker

08.03.2008 | 02:59

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