23.01.2007 | 19:03 | Vermutungen über die Welt
Die Entdeckung des Geldbewusstseins durch Kleinsäugetiere. (Foto: AlexK100) Das Bewusstsein ist ein scheues Tierchen, umgeben von drolligen Mythen. Julian Jaynes zum Beispiel vermutete seinen Ursprung im Ende der prähistorischen Herrschaft der Schizophrenie über die Erde, Sir John Eccles witterte Quantenröhren am Werk, und jeder meint zu wissen, was es ist, aber keiner kann es so recht definieren. Die einen glauben, es ist ein Computerprogramm mit Selbstreferentialität, andere halten das für chinesischen Quark, und die einzige Person, von der wir sicher wissen, dass sie ein Bewusstsein hat, bin ich. Alle anderen sind vermutlich Zombies (ausser Mutti).
Eins der grössten Probleme in der Modedisziplin Bewusstseinsforschung ist, dass objektive Experimente bislang nicht zu haben waren. Weil niemand weiss, wie so ein Bewusstsein auf der neurophysiologischen Ebene aussehen mag, kann man nicht danach suchen, und der einzige offensichtliche Ausweg, die Versuchspersonen einfach zu fragen, ob ihnen etwas bewusst ist, erinnert an die Aufforderung, nicht an einen rosa Elefanten zu denken: die blosse Frage danach, ob jemandem etwas bewusst sei, ändert dieses untersuchte Bewusstsein.
Ein ermutigender neuer Ansatz, der am Sonntag online in Nature Neuroscience veröffentlicht wurde, verspricht Abhilfe: in Experimenten, für die bewusste und unbewusste Strategien gleichermassen zum Erfolg führen können, lässt sich zwischen den beiden unterscheiden, wenn man die Versuchspersonen zusätzlich zur experimentellen Frage auch noch darum bittet, Wetten darauf abzuschliessen, wie gut sie abgeschnitten haben. Interessanterweise ist diese Wettbereitschaft weitgehend unabhängig davon, wie gut man die gestellte Aufgabe tatsächlich beherrscht, und mehr davon abhängig, ob man das bewusste Gefühl hat, zu wissen, was man tut. Das ist praktisch für die Bewusstseinsforscher, die das scheue Geschöpf jetzt vielleicht endlich messen können, ohne es beim Fressen zu stören. Und obendrein bestätigt das Ergebnis, dass die Selbstsicherheit des Menschen nicht viel mit dem zu tun hat, was er kann, aber allerhand mit dem, was er Tolles über sich selbst denken kann. Darauf hätten wir allerdings schon vorher gewettet.
Kommentar #1 von martin:
was für ein brillianter erster absatz! grossartiger artikel! glückwunsch
24.01.2007 | 00:06
Kommentar #2 von irgendwem:
Leider enthält er einen Fehler. Die einzige Person, von der wir sicher wissen, dass sie ein Bewusstsein hat, bin natürlich ich.
24.01.2007 | 10:31
Kommentar #3 von Urgrossmutter Uhlenfuss:
Nichts ist gewiss. Die Sicherheit des Wissens um die Existenz des eigenen Bewusstseins ist nämlich leider auch nicht hundertprozentig. Denn die Sicherheit des eigenen Denkens gilt nur für einen instantanen, völlig inhaltsleeren Jetzt-Punkt, denn alle Bewusstseinsinhalte dauern eine gewisse Zeitspanne, und was auch nur unmittelbare Vergangenheit ist, unterliegt möglicher Täuschung (auch wenn es noch so unwahrscheinlich ist, es ist möglich, sich über die vergangenen hundertstel Sekunde falsch zu erinnern, sich etwas einzubilden und damit zu irren). Auch das Wissen um das eigene Bewusstsein wird einem nur ausdrücklich bewusst, wenn es gedanklich formuliert ist, und auch hierfür gilt die Möglichkeit von Falschheit sprachlicher Formulierungen, von Angelerntem und Erinnerung. Worüber man sich absolut unmöglich täuschen kann, ist das nicht objektivierbare Subjekt möglicher Täuschung, ein fast nicht greifbarer, völlig augenblicklicher Existenzpunkt ohne jegliche zeitliche Ausdehnung, der einem aber sofort wieder entgleitet, sobald man ihn ausdrücklich ergreifen und objektivieren will: Das transzendentale Ich, von dem Immanuel Kant spricht. Es ist nicht, wie das empirische Ich (alle Bewusstseinsinhalte) ein Element der empirischen Welt – und somit auch nicht in Experimenten objektivierbar –, sondern ein rein formaler logischer Punkt, ein unbekanntes x. Es ist so gut wie nichts, aber dafür absolut gewiss: Nichts ist gewiss.
24.01.2007 | 13:43
Kommentar #4 von Urgrossmutter Uhlenfuss:
Naja, die idealen Gesprächsanregungen sind diese Auslassungen nicht. Ich geb's auf.
25.01.2007 | 04:18
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ORIENTIERUNG
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AUTOMATISCHE KULTURKRITIK
"Pirates of the Caribbean: Dead Man's Chest", Gore Verbinski (2006)
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