Riesenmaschine

14.02.2007 | 03:31 | Alles wird besser

Die Religion der Musik


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Die Art, seine täglich Musik zusammenzustellen, ist die neue Religion und sie ist besser als die alten. Last.fm-Gläubige sind Buddhisten, die ihr Innerstes auch anderen zugänglich machen wollen. Pandora-Anhänger sind Atheisten, die Zahlen und Wissenschaft mehr vertrauen als dem Glauben an ein höheres, verbindendes Musikwesen. iTunes-Nutzer sind leicht rückschrittlich, weil sie nur bekannte Musik hören können, dafür lässt sich iTunes fast beliebig feinjustieren, wie man es gerade braucht; Christen also. Anhänger physischer Musikträger leben gefühlt im Jahr 1428, sind also Muslime. Schliesslich gibt es auch AOL-Radio, das aus technischen Gründen häufiger in der Presse ist, als es die Anzahl der Anhänger vermuten lassen würde.

Und nun gibt es eine neue neue Religion. Sie heisst Musicovery und funktioniert nur noch mit Stimmungen und Musikrichtungen. Ihre Stärke ist, dass die Feinjustierung der gespielten, neuen Musik nicht über tumbes Ja-Nein-Geschreie funktioniert, sondern über die selbst eingestellten Stimmungen, parallel dazu die äusserst notwendige Baujahreingrenzung, was soll man mit Musik aus den 90er Jahren? Da nimmt man gern in Kauf, dass eine LowFi-Version kostenlos ist und die HiFi-Version wenige Dollar im Monat kostet. Dafür ist auch alles schön bunt und noch webzweinuller als in den kühnsten Träumen jedes Venture-Capital-Vogels. Der allerbeste Vorteil ist jedoch, dass man, wie im Steuerfeld nebenan zu sehen, Reggae einfach ausschalten kann.


Kommentar #1 von Fabian L.:

Ui, was ist denn an Reggae so schlimm? An dieser Stelle habe ich einen überflüssigen Smiley hingemacht, wofür ich mich dereinst schämen werde.
Gruss

14.02.2007 | 09:37

Kommentar #2 von Moustache:

Und wenn mir durch meine Baujahresbegrenzung so tolle Genres wie 70er Jahre Pornomucke entgehen? Muss man doch wieder ein Filmchen minimiert laufen lassen.

14.02.2007 | 09:49

Kommentar #3 von michael:

sehr schöner text!
und die aol-pointe ist auch ne gute!

14.02.2007 | 11:48

Kommentar #4 von hasensaft:

ich mag den text auch und ich finde es sollte (wieder) mehr lobo-texte geben.
zwei dinge jedoch : musicovery hättest du schon vor pandora (2004) entdecken können (und keinen spass daran gehabt, es gab kaum musikstücke) neu ist es wirklich nicht mehr.
web2.0 auch nicht und zudem ist es eine grässliche flash-hölle

14.02.2007 | 12:25

Kommentar #5 von psycho killer:

Der Einschätzung des Reggae mag ich folgen, nicht jedoch der der 90er.
Offen resp. unausgesprochen bleibt jedoch, Pendant welcher neuen Religion der psychedelische iPod-Verschnitt sein soll. New Age?

14.02.2007 | 13:14

Kommentar #6 von matti:

Ach was, dollste Trendreligion ist doch wirklich der Animismus. Also: Web 0.0 und selber singen bei http://www.musicline.de/de/melodiesuche/. Da macht ihr bestimmt wieder ein Neo-Karaoke draus.

14.02.2007 | 14:35

Kommentar #7 von Bunny:

Ich persönlich finde manchen Reggae blöd und anderen ganz gut! Ganz unterschiedlich! Aber wer will, kann das gerne auch ganz anders sehen, das bleibt letztendlich jedem selbst überlassen, finde ich!

14.02.2007 | 19:48

Kommentar #8 von einem, der was gelernt hat vom Bunny!:

Ja! Ich finde auch, das Musicoverygerät sollte einen Knopf "Reggae" und einen Knopf "anderen Reggae" haben! Wo kann man das eigentlich kaufen?

14.02.2007 | 20:30

Kommentar #9 von enttäuscht:

es ist zum kotzen! so viele variablen und dann kommt doch wieder nur coldplay.
web2.0 = konsensmusik ?

16.02.2007 | 10:49

Kommentar #10 von miro:

drollig.. winamp kann erstmal ausbleiben An dieser Stelle habe ich einen überflüssigen Smiley hingemacht, wofür ich mich dereinst schämen werde.

18.02.2007 | 11:50

Kommentar #11 von MacJohn:

Das ist in meinen Augen nur etwas für Leute, die nicht Musik hören, sondern sich nur berieseln lassen.
Ich habe noch keinen Muskelkater durch das persönliche Feintuning von iTunse auf meinem Rechner bekommen.
An dieser Stelle habe ich einen Inflektiv hingemacht, für den ich mich schämen werde, sobald ich begriffen habe, was das überhaupt ist.

01.04.2007 | 17:11

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