Riesenmaschine

26.03.2007 | 13:56 | Berlin | Sachen kaufen | Vermutungen über die Welt

Wunschbilder


Ein Bild sagt mehr als zwei oder drei Worte (oft) (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Im Schaufenster eines Berliner Geschäftes für Künstlerbedarf findet sich dieses Bild, das die Welt hinreichend beschreibt in ihren wichtigen Kategorien digitaler Fortschritt, Wissensgesellschaft und Trauer. Erstens: Der digitale Fortschritt bestimmt die öffentliche Wahrnehmung so sehr, dass ein Markt dafür zu bestehen scheint, Bilder qualitativ zu verschlechtern, damit sie digitaler aussehen. "Wir beginnen zu begehren, was wir täglich sehen", so heisst es im "Schweigen der Lämmer". Zwotens: In der Wissensgesellschaft kann der so genannte Mehrwert eines Produktes sogar nur aus der zweisekündigen Bearbeitung eines Bildes mit einem Photoshop-Filter bestehen – wenn das Produkt jemandem aus der Unwissensgesellschaft angeboten wird. KnowHow-Gefälle stellen inzwischen die lohnendsten Geschäftsmodelle dar. Drittens: Trauer erlebt eine neue Intensität in ihrer globalen Definition, wenn man sich vergegenwärtigt, dass irgendjemand auf der Welt dieses Bild für ein Wunschbild hält.


Kommentar #1 von psycho killer:

Mein Gross-Grossonkel väterlicherseits (links) und der selbstauslöserverliebte Fotograf (im Hintergrund) werden über diese Einschätzung durch Herrn Lobo samt und sonders bestürzt sein.

26.03.2007 | 14:01

Kommentar #2 von mr.Yuan:

Das is der ehrenwerte herr Wilhelm Rüther, seines Zeichens Inhaber jenes Berliner Geschäftes für Künstlerbedarf .. aber hast schon recht, er hätte ja zum Beispiel lächeln können, o.ä.

26.03.2007 | 15:36

Kommentar #3 von flunkertek:

nein, diese erfindung ist gross. sascha lobo hat das richtig analysiert, sieht es aber zu eng. es geht nicht um die bearbeitung der resultate von reproduktion, seien sie digital oder nicht, sondern – nun, stellen sie sich vor, sie stehen in der x-bar und die tür geht auf und y kommt herein. in der selben sekunde erhöht sich ihre körpertemperatur um gefühlte zehn grad, ihre hände machen sich selbständig, sie werden so rot, dass sie im gefärbten licht unsichtbar zu werden drohen und zünden sich den filter an. aber nein: sie haben ja den pixilator. die szene verläuft also wie folgt: y kommt herein, sie: "pixilate", und alles sieht harmlos aus, nämlich aus mehr oder weniger türkisen quadraten bestehen.
zugegeben ist das bild, mit dem versucht wird, das zu vermitteln, beschissen.

26.03.2007 | 18:26

Kommentar #4 von Hasi die Wunderkuh:

...stimmt. Beschissenes Bild, um das zu demonstrieren.
Denn wer will bei der unter #3 geschilderten Umständen schon aussehen wie eine Mischung aus Ludwig Erhard und Andenauer...

26.03.2007 | 19:10

Kommentar #5 von shogun01:

zu schade, dass berlin am anderen ende von deutschland ist, sonst würd ich in dem laden mal mein wunschbild pixeln lassen... auf rate my poo dot com findet sich sicher etwas, womit man dem shopbetreiber den gesichtsausdruck verändern kann... auf welche weise auch immer. und vielleicht hängt er diesen gesichtsausdruck dann ja im schaufenster aus und ersetzt das traurige bild damit?

26.03.2007 | 19:57

Kommentar #6 von Dr. Bob:

Vollkommen falsche Analyse. Zu dieser schauderlichen "German Gothic"-Reproduktion kam es lediglich nur aus Copyright-Gründen. Batman&Robin, Brad&Angelina, Barbie&Ken und Bert&Ernie sind einfach zu teuer. Da muss dann auch schon mal "the Big Kempowski" samt Sohn reichen, um die Fantasie des geneigten Kundens zu entfachen.

27.03.2007 | 11:34

Kommentar #7 von lokalreporter:

mir ist das alles zu satirisch.

29.03.2007 | 22:43

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