Riesenmaschine

24.05.2007 | 02:35 | Anderswo | Alles wird besser

It's raining, man


"Fog enhancement" in Schottland (Foto: Kathrin Passig)
Irgendwann vor langer Zeit in einem Buch hat Old Shatterhand Regen in der Wüste erzeugt, mit blossen Händen (praktisch). Seitdem ist nicht viel passiert in der weltweiten Kontrolle des Wetters, dem dreizehnten Reiter der Apokalypse. Stattdessen jammern die Leute und behelfen sich mit Mikrokompromissen, sogenannten Klimakonferenzen oder Regenschirmen. Wie immer ist in einem einzigen Land, dem Paradies auf Erden, alles anders. Die Rede ist natürlich von China, und wenn man schon einen gewaltigen Staat auf der Prämisse aufbaut, man könne die Menschen ändern, wenn man nur die Gesetze entsprechend einrichtet, dann ist nicht überraschend, dass man, mit den Menschen soweit fertig, damit beginnt, das Wetter zu verbessern, mit Chemiebomben, Wolkenabwehrraketen und mehr als 30.000 Wetterinfanteristen. Chinas meteorologische Behörde definiert in den bereits 2002 (da mussten wir noch Schnee schippen!) verabschiedeten Wettergesetzen, was sie darunter versteht: rain or snow enhancement, hail suppression, rain suppression, fog dispersal, or frost protection. Seit 1999 hat China angeblich 250 Mrd. Tonnen Regen hergestellt, und eine halbe Million Quadratkilometer Land sind hagelfrei. Keine Klassengesellschaft, dafür Bärengalle, keine ekelhafte Freiheit, dafür Zensur und saubere Propaganda, kein Hagel, kein Frost, dafür Olympische Spiele. So lässt es sich leben.

Jetzt will China die Bemühungen um das chinesische Wetter zentralisieren, um künftig auch Regenschirme verbieten zu können (liebes China, das Letzte war ein Scherz, bitte nicht übelnehmen). In diesem Zusammenhang dringt ans Tageslicht Kunde vom neuesten Projekt: Man plant die Verhinderung von schlechtem Wetter für die Olympiade 2008 in Peking. Nähert sich eine Wolke dem Stadion, so wird man sie vernichten, bevor sie ihr Ziel erreicht. Das ist spektakulär kompliziert, wie Experten weltweit zugestehen. Anderswo ist man ja noch nichtmal in der Lage, ein Flugzeug zu vernichten, das in eine Wolke fliegt.


Kommentar #1 von Rudi K. Sander; www.textsteller.de:

An alle vorweg: Bin wieder zu "Textsteller" übergegangen; erstens ist es kürzer als alle meine anderen URL-Namen (die ja nur eine Variation des ursprünglichen, noch unbeholfenen "r-s-Berlin-Friedrichshain" sind), und zweitens kann ich gedanklich der Leseentwicklung gar nicht schnell genug folgen (ich lese, wie ich bekannt habe: Remigius Bunia: "Faltungen"), denn der produziert, je mehr Seiten ich verarbeite, eine Begriffsreihe wie: Sytemtheorie/Beobachtungstheorie/Sinnweltentheorie/Differenztheorie/Fiktionstheorie. Wenn ich dem gedanklich/organisatorisch hinterhereilen wollte, müsste ich am Ende zehn URL-Namen bei 1&1 als Jahresmiete bezahlen.
So, und nun, lieber Aleks Scholz, zur Sache: Wieder muss ich bewundern, wie Sie das machen, so entlegene Faktenquellen zusammenzutragen. Etwas Schönes draus zu machen, wenn man die Daten beisammen hat, nun. das traute ich mir schon noch zu, aber so ein Recherchemeister bin ich wahrlich nicht.
Und zum Inhalt: Die Nazis haben es uns auf schreckliche Weise gezeigt: Wenn ein Staat sich alles zutraut und in alles eingreift, dann haben die Bürger meist nicht viel zu lachen. Andererseits: Soll man denn vielleicht doch bewundern, wie sich die Chinesen bemühen, der Welt (und damit vor allem dem verhassten/bewunderten Westen) zu zeigen, wie ernst sie es meinen, den Ablauf der kommenden Olympischen Spiele bei ihnen einen vorzeigbaren und durch nichts zu erschütternden Rahmen zu geben.
Wenn dabei gleich noch ein paar "moderne" Steuerungselemente abfallen, die es sicherstellen, den eigenen Staat noch fester in den Griff zu bekommen, bei gleichzeitig aufrechterhaltener "demokratischer" Fassade, dann wird man doch staunen, welchen Zielglauben sie haben, obgleich ihnen das Resumée westlicher Wissenschaft zeigen muss, dass am Ende (einem guten oder bösen) doch alles irgendwie relativ bzw. kontingent bleibt.
Man kann etwas wie das glaubensfeste Mittelalter als einen seelenberuhigenden statischen Zustand nur bewundern.
Jetzt werde ich doch langsam müde. Gute Nacht sagt: Rudi Sander

24.05.2007 | 04:04

Kommentar #2 von h. von schade:

oh je, it´s so off topic. tschuldigung.
hallo r.s. sich kurz zu fassen ist nicht nur ein zeichen mangelnder aufmerksamkeitsspanne sondern oft auch eine kunst und bitte, bitte verschone uns doch mit diesem luhmannschen systhemterror. ich hab vor inzwischen elf jahren aufghöhrt zu studieren, luhmann war da zwar nicht mehr ganz frisch aber angesagt. gibt es nich irgendeine total spannende oldscool liste wo man solch sermon gerne hört/ liest? und wieso eigentlich glaubst du mich mit deinem mentalen zwist um deine dämliche homepage behelligen zu dürfen?
@ rm, kann man so getrolle nicht wegmoderieren?
entnervt: h.von schade

24.05.2007 | 10:27

Kommentar #3 von Francois-Marie d'Arouet:

Dann brauchen sie (die Chinesen, um aufs Thema
zurückzukommen) ja eigentlich nur noch ihre tektonischen Platten mit ein paar Pflöcken zu befestigen (damit es nicht doch wieder mal unerwarteterweise
http://de.wikipedia.org/wiki/Erdbeben_in_Shaanxi
http://de.wikipedia.org/wiki/Beben_von_Tangshan_1976
rappelt in Kanton und anderswo) – und alles, alles ist gut.

24.05.2007 | 11:51

Kommentar #4 von michfiel:

Das Szenario erinnert aber auch sehr an "Arche Noah Prinzip" von Roland Emmerich. War damals 1985 noch Science Fiction...

24.05.2007 | 12:51

Kommentar #5 von Nic:

Mich würden ja mal die Nummern fünf bis zwölf interessieren. Flüchtiggoogeln ergibt: die Bibel, Dschingis Khan, Beziehungsprobleme, Computerspiele, Al Quaida... und da hörts dann auf.

24.05.2007 | 14:32

Kommentar #6 von Rudi K. Sander; www.textsteller.de:

Sehr geehrter Herr von Schade,
bitte duzen Sie mich nicht. Wem ich das zubillige, bestimme ich immer noch selber; Sie gehören nicht dazu.
"wegmoderieren" möchten Sie mich lassen und appellieren damit an die diensthabende Redaktion. Aus einem Blog, der unerwünschte Meinungsäusserungen einfach "wegmoderiert", würde ich sofort aussteigen. Die Nazis haben mal ganze Bevölkerungsgruppen "wegmoderiert".
Vor elf Jahren haben Sie "aufgehört, zu studieren", das klingt in meinen Ohren, als hätten Sie vor elf Jahren aufgehört, zu lernen und zu lesen, als wären Sie zu diesem Zeitpunkt in Rente gegangen.
Vor elf Jahren, also 1996, hat Luhmann noch gelebt. Sie aber wagen es, zu schreiben, zu dieser Zeit sei Luhmann "nicht mehr ganz frisch, aber angesagt" gewesen. In meinen Augen ist das eine unfassbare Borniertheit. Man muss einen grossen Denker nicht mögen. Viele verharren unbelehrbar in den Subjektbezogenen Denkwelten von Handlungstheorien (Strickmuster Habermas), ohne je zu schnallen, welche Wende die Kommunikationstheorie von Luhmann überhaupt bedeutet. Ich würde nie wagen, zu schreiben, Habermas sei nicht mehr ganz frisch. Er ist zum Beispiel in den USA der anerkannteste Vertreter der zeitgenössischen deutschsprachigen Philosophie. Davor hätte ich immer Respekt, obgleich ich mit seiner Konsenztheorie und mit seinem "zwanglosen Zwang des besseren Arguments" nichts anfangen kann. Ich denke, Ihr Blinder Fleck lässt es einfach nicht zu, zu sehen, dass Luhmanns Hauptwerke überhaupt noch nicht ausgeschöpft sind. An ihm werden sich noch ein paar Generationen von Doktoranden die Zähne ausbeissen bzw. mit ihm und an ihm ihr Brot verdienen.
Und Ihr Ausdruck "Luhmann'scher Systemterror" lässt mich Sie fragen, von welchen Professoren Sie sich haben das Gehirn verdrahten lassen? Nennen Sie mir bitte eine deutschsprachige Theorie, mit der man sich die moderne funktionalisierte Gesellschaft der praktizierenden Globalisation und des menschenfeindlichen Turbokapitalismus besser erklären kann, als mit den Denkmittel eines Niklas Luhmann. Ich höre Ihnen gerne zu und bin ganz offen, mich belehren zu lassen. Ich habe nämlich noch nicht aufgehört, zu studieren.
Sie haben das Wort, und auf den Gedanken, Sie "wegmoderieren" lassen zu wollen, käme ich im Traume nicht.
Ein wenig traurig: Rudi Sander

24.05.2007 | 21:34

Kommentar #7 von der Hitlervergleichspolizei:

Ein meist nützliches Gesetz.

24.05.2007 | 22:47

Kommentar #8 von Bedarfsdyslexie:

Ach, Ihr immer mit Eurem Luhrmann (http://de.wikipedia.org/wiki/Baz_Luhrmann)- 3 miese Filme und sonst?

24.05.2007 | 23:02

Kommentar #9 von michael:

sowohl das wort "sytem" als auch "systhem" haben gewisse schwachpunkte...ersterem kann man zumindest flüchtigkeit abvermuten.
abgesehen davon, die riesenmaschine ist ein so schön zivilisiert kommentierter blog, das sollte auch so bleiben.
wer was nicht mag, kann doch darüber hinweglesen, so geht das doch mit dem internet sowieso.

25.05.2007 | 01:21

Kommentar #10 von bas:

herr sander,
niemals dürfen sie wegmoderiert werden. auch wenn ich sie nicht immer verstehe, manchmal auch die stirn runzle und meine probleme mit selbstdarstellungen, wie die angabe der eigenen internetadresse, habe, freue ich mich auf ihre beiträge.

25.05.2007 | 10:12

Kommentar #11 von Rudi K. Sander; www.textsteller.de:

Also gut: Friede mit allen (aber bitte keine Harmonie um jeden Preis; positiver Gedankenstreit muss sein).
Ich bin auch privat getadelt worden: "Rotz mir die jungen Leute, bitte, nicht an; die nehmen das mit dem blöden deutschen DU/SIE viel lockerer als du alter Sack!" Ich sehe es ein: Die Amerikaner lassen dies ja auch cool laufen (Kunststück, bei der sprachlich-semantischen Vorgabe).
Versprochen: Ich freue mich über jeden ehrlichen Respekt, aber emfindlich will ich nicht sein. Es gilt für mich also: Fahrt frei für die Typen mit den kurzen prägnanten Sätzen (ich lächle), aber wenn mir mal was Längeres so rausrutscht, bitte ich um ausgleichende Toleranz.
Und: Ich werde mir künftig alle Luhmann-Fachsimpeleien verkneifen (hoffentlich gelingt mir das; nach 30 Jahren entsprechender Sozialisierung).
Zusatz für die liebe Frau Grasdackel: Keine Sorge, solange ich als Mann denken kann (ich weiss: Harte Feministinnen sagen klipp und klar: Männer können gar nicht richtig denken), galt für mich immer die Devise: Wenn eine Frau NEIN sagt, dann hat sie Nein gesagt; basta. Ich bin schliesslich kein Stalker. Ich kann in einer Sekunde loslassen. Freundliche Grüsse also.
Rudi Sander

25.05.2007 | 17:06

Kommentar #12 von Jens:

Ist nicht persönlich gemeint, aber ich finde den Sander meistens eher nervig.

27.05.2007 | 21:37

Kommentar #13 von Rudi K. Sander; www.textsteller.de:

Das hatten wir doch schon mal: Sander findet Einsatzkommentare nervig, andere die Sander'schen Texte. Solch ein Ein-Satz-Kommentar ist aber nicht nur nervig sondern arg unvollständig, wenn er nicht explizit argumentiert, a) was er unter nervig allgemein versteht, und b) was ihn nach seiner Auffassung berechtigt, zu sagen, ein Sander'scher Text (im konkreten Falle) erfülle diese seine Nervigkeitsdefinition. Eine Behauptung, die sich nicht mit kognitiven Methoden verifizieren lässt, setzt sich dem Verdacht aus, im Habermas'schen Sinne "normativ" zu sein. Und normative Äusserungen verstossen, genau genommen, gegen das Recht aller Anderen auf freie Entfaltung eigener Gedanken.
Also ergäbe sich bei konkreter Beachtung solcher Überlegung: Kein Brockenkommentarismus bitte!
Schlecht gelaunt (das Pfingstwetter geht mir auf den Keks): Rudi Sander

28.05.2007 | 09:07

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