Riesenmaschine

28.05.2007 | 12:00 | Nachtleuchtendes | Alles wird besser

Das infrarote Superflugzeug

SOFIA heisst jetzt Clipper Lindbergh und absolvierte einen ersten Testflug ohne grössere Probleme. Clipper Lindbergh also. Bei Clipper Lindbergh (ein herrlicher Name übrigens) handelt es sich um eine Kollaboration zwischen NASA und Deutschland: ein zweieinhalb Meter grosses Infrarotteleskop, das, man glaubt es kaum, von einem normalen Flugzeug aus Sterne, Planeten, Galaxien, Nebel, das ganze Zeug eben, ansehen wird. Es operiert quasi auf halbem Wege zwischen Erde und Weltall, was für Infrarotastronomie vollkommen ausreicht – IR-Strahlung wird im Wesentlichen von Wasserdampf verschluckt, der sich netterweise unterhalb 13 km aufhält, der vorgesehenen Flughöhe von SOFIA, ups, Clipper Lindbergh. Clipper Lindbergh ist damit der direkte Nachfolger des in einer Erdumlaufbahn geparkten Infrarotsatelliten Spitzer, der nächstes Jahr langsam seinen Geist aufgeben wird. Aber vergleichen Sie bitte selbst: Spitzer vs. Clipper Lindberg, also bitte. Abgesehen vom Namen noch ein Vorteil: Ab 2009 oder so werden Infrarotastronomen, die schlüssig begründen können, was sie mit Clipper Lindbergh Sinnvolles beobachten wollen, zu diesem Zweck in der Stratosphäre herumgeflogen. Ins richtige Weltall lassen sie einen ja doch nie.


Kommentar #1 von Rudi K. Sander; www.textsteller.de:

Was wollt Ihr denn im richtigen Weltall? Die Evolution hat dem Menschen auf der Erde einen Platz angeboten, man beachte: auf dieser schönen Erde, und was macht diese Evolutionsbrut aus dieser einmaligen Chance? Kriege, Bürgerkriege, Mord und Totschlag, Umweltverschmutzung, Regenwaldvernichtung, Klimakatastrophen; es kann einem speiübel werden.
Der Mensch ist ein grosses Kind, eines, das gern spielt. Laut Schiller ist dieses Menschenkind ganz bei sich, wenn es spielt. Es ist also wie alles, es ist paradox: Das Menschenkind ist beisich und nicht beisich. Wen wundert es da, wenn es auf dieser von Menschen ziemlich versauten Erde aussieht wie in einem unaufgeräumten Kinderzimmer?
Aufräumen, Leute, sagt: Rudi Sander

28.05.2007 | 13:21

Kommentar #2 von Infrarotman:

Ich find's trotzdem bemerkenswert, dass für die Astronomie, die letztendlich keine auf der Erde dringlichen Probleme löst, moch Mittel freigemacht werden. Solange der Mensch nach Wissen strebt, ist noch nicht alles zu spät.
Und: Der Mensch gehört in den Weltraum. Dorthin, wo noch kein Mensch zuvor gewesen ist.
"Wer immer strebend sich bemüht, den können wir erlösen". Das sagte nicht Schiller, der alte Trauerkloss, sondern der weitsichtige Lebemann Goethe

28.05.2007 | 13:56

Kommentar #3 von Ruben:

Aber Herr Sander, wieso sollte denn die Zerstörung des Planeten durch den Menschen nicht auch ein Teil der natürlichen Evolution sein? Leben zerstört immer anderes Leben. Ich verstehe nicht, wieso einerseits alles der Evolution unterliegen soll und andererseits der allgemeine Tenor herrscht, dass die Umweltzerstörung durch den Menschen keinen Teil der natürlichen Evolution darstelle. Wieso soll eine höhere Stufe der Evolution (Evolution des Menschen) nicht auf eine vorherige, umfassendere (Evolution des Lebens) rückwirken können, und zwar zerstörerisch (Ausrottung natürlicher Arten, Selbstausrottung des Menschen)? Wenn wir die schöne Natur so verklären, warum nicht auch die dazugehörige Evolution des Menschen mit ihren Auswirkungen? Vgl. hierzu: R. Spaemann, "Natürliche Ziele", Stuttgart 2005, S. 190f.
Hemmungslos fortschrittsverklärend: Ruben

28.05.2007 | 13:58

Kommentar #4 von Rudi K. Sander; www.textsteller.de:

Gerne gelesen: Beiden Folgekommentaren stimme ich im Ansatz und vollinhaltlich zu. Ich wollte ja nur einen Gedanken entwickeln, das heisst aber nicht: Nur weil ich etwas nicht erwaehne, duerfe man annehmen, ich haette etwas gegen einen solchen unerwaehnten, im Hintergrund (im Kontingenzraum) wartenden Gedanken einzuwenden.
Ich finde: Dieser thread hier laeuft gut.
Auf nehr hofft: Rudi Sander

28.05.2007 | 17:18

Kommentar #5 von Ruben:

Na na na, was heisst hier nichts einzuwenden? Was ich zynisch fortschrittsverklärend durch die Blume sagen wollte: Wenn alles nur fortschreitende Entwicklung im Kontingenzraum ist, dann läuft der Laden eben so, dann geht der Planet den Bach runter. Was ist da von Seiten der wertneutralen Evolution dagegen einzuwenden? Aber der Fortschritt ist eben nicht alles, es gibt etwas Bleibendes und Unveränderliches, und das nennt man seit der Antike gemeinhin Ethik.

28.05.2007 | 17:49

Kommentar #6 von Aleks:

Aber was hat Ethik mit dem Infrarotflugzeug zu tun? Ich finde: Dieser Thread laeuft so mittel.

28.05.2007 | 18:33

Kommentar #7 von Ruben:

Keine Ahnung, das muss Dir Herr Sander beantworten, ich habe Deinen Beitrag nicht gelesen.

28.05.2007 | 18:41

Kommentar #8 von Kajik:

Ist es ethisch der wahtrscheinlich dünnen und daher wenig kritikfähigen Luft in 13 km dauerhaft einen Antisemiten wie Lindbergh nun bewaffnet mit infraroter Subtilität zuzumuten?

28.05.2007 | 19:12

Kommentar #9 von Aleks:

Lindbergh war Antisemit? Das ist gut, ich stelle ihn zu den anderen (Heidegger, Lorenz, Lenard). Auch von Hitler soll man Ähnliches behauptet haben.

28.05.2007 | 19:28

Kommentar #10 von Ruben:

Wart ab, bis Deine Vergangenheit bei der Waffen-SS richtig aufgearbeitet ist.

28.05.2007 | 21:35

Kommentar #11 von michael:

jedenfalls:
jetzt schnell noch sterne gucken gehen, bevor die flugzeugspritpreise steigen!

28.05.2007 | 22:00

Kommentar #12 von Rudi K. Sander; www.textsteller.de:

Man soll doch wirklich nichts beschreien: Erwartungen erfüllen sich oder eben nicht. Mit solchen Gedankensprüngen hatte ich nicht gerechnet.
Einverstanden: Von Seiten der wertneutralen Evolution geht alles seinen menschenfernen Gang.
Müssen wir hinnehmen.
Aber dass Ethik eine so dauerhafte und stabile Sache sein soll? Ausser dem "Du sollst nicht töten" ist doch wohl immer alles in Bewegung? Oder sehe ich das falsch?
Nachhilfe erbittet: Rudi Sander

28.05.2007 | 22:01

Kommentar #13 von Ruben:

Also, wenn Sie meinen, dass in der Ethik alles nur in Bewegung sei, mal hü, mal hott, in verschiedenen Gesellschaften verschieden entwickelt, sozial bedingt, kommunitaristisch-partikularistisch wie bei MacIntyre, Taylor & Co., u.ä. (was sagt eigentlich Luhmann zur Ethik?) dann halte ich Ihnen zum einen den naturalistischen Fehlschluss entgegen (aus reinen Vorgegebenheiten lassen sich keine normativen Ansprüche ableiten, quid iuri?) und zum anderen Kant mit seinem Prinzipienuniversalismus: Quelle der Ethik ist nicht die ephemere Empirie, sondern die Vernunft. Und die Vernunft ist gerade das Vermögen, alles faktisch Vorgegebene zu hinterfragen, sich nicht lumpen zu lassen vom Relativismus. Nicht aber das Vermögen, ad infinitum zu hinterfragen, sondern zu inhärenten Prinzipien zu gelangen, und bla, lesen Sie doch selber in Ihren Büchern nach.

28.05.2007 | 23:42

Kommentar #14 von Rudi K. Sander; www.textsteller.de:

Lieber Ruben,
schlecht geschlafen? Sie bauen sich einen riesigen Pappkameraden auf und rennen ihn dann siegreich um. Wo liegt der Dissenz?
Kennen Sie denn feste, unerschütterliche moralische Werte? Auch Vernunft ist doch nur eine wacklige Basis (siehe Freud). Die Vernunft sagt, "Du sollst nicht töten" und über viel mehr gibt's schon keinen Konsens mehr.
Für Luhmann ist die Ethik a) die Reflexionstheorie der Moral (aber nur als ein Desiderat), und b) die Moral gilt bei ihm als "polemogen", als streitverursachend, weil niemand für alle verbindlich sagen kann, ob die Unterscheidung moralisch/unmoralisch selbst wiederum moralisch ist oder eben unmoralisch.
Nichts Genaues weiss man nicht.
Bedauernd: Rudi Sander

29.05.2007 | 09:29

Kommentar #15 von Ruben:

Ich weiss nicht genau, wo der Dissens liegt, meine aber, dass es mehr gibt als diesen von Ihnen genannten dünnen Konsens. Denn, bitte, ich habe von Kant gesprochen, nicht von Freud. Bei Kant geht es doch gerade um die wackelige Basis des Vorgegebenen und die Skepsis bzgl. unseres Wissens um gültige moralische Normen. Das Problem der Normativität entsteht erst auf der Refkexionsebene, aus der Fähigkeit heraus, sich von dem äusserlich und innerlich Vorhandenen zu distanzieren und es kritisch zu hinterfragen. Diese kritische Distanzierung ist für Kant die Freiheit, die in einem unlösbaren Zusammenhang mit Vernunft und Moralität steht. Denn Freiheit ist selbstbewusste Eigenkausalität, der freie Wille wird ganz und gar selbstbestimmend; Kausalität aber bedeutet Gesetzmässigkeit, sonst ist es reiner Zufall, bzw. sonst handeln wir aus Willkür. Der freie Wille als Ursache und kausale Kraft unterscheidet sich von reiner affektiver Willkür genau darin, dass er sich Gesetze auferlegt: Autonomie (nomos = Gesetz). Mein Wille wird nur dadurch meiner und nicht reine Fremdbestimmung durch äussere Einflüsse, innere Affekte u.ä, wenn ich mir selbst zum Gesetz werde, mir eine allgemeine Regel auferlege, d.h. wenn meine Handlungsgründe verallgemeinerbar werden. Sobald Sie verallgemeinern, sind Sie aber schon auf die Vernunft reingefallen. Der freie Wille ist reine praktische Vernunft.
Sie nennen da oben das fünfte Gebot aus dem Dekalog als Konsens, ich kehre den Kantianer raus und erwidere mit dem Kategorischen Imperativ, der nicht nur vom Töten handelt, sondern viel universeller gilt. Dieser Imperativ ist schon allerhand, das ist nicht nur irgendein partikulares moralisches Gesetzlein. Nagut, er ist ein synthetisches Urteil a priori, was ihn nicht gerade einfach macht, aber eine wackelige Basis würde ich das dennoch nicht nennen. "Wer also Sittlichkeit für etwas und nicht für eine chimärische Idee ohne Wahrheit hält, muss das angeführte Prinzip derselben zugleich einräumen" (Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, AA 444/445).
Sander allmählich die Schwafellorbeeren raubend: Ruben

29.05.2007 | 14:07

Kommentar #16 von Rudi K. Sander; www.textsteller.de:

Welch ein überflüssiger Aufwand, nur um mir zu sagen: Rudi Sander, wir mögen und brauchen ihre Beiträge nicht. Ich hab's begriffen. Lebt wohl, ihr Riesenmaschinisten.
Basta sagt: Rudi Sander

29.05.2007 | 15:11

Kommentar #17 von Ruben:

Und ich dachte, Sie können unterkomplexe Kommentare nicht leiden und wünschen komplex-kontroverse Diskussionen, jetzt ist das auch nicht recht, naja, dann eben nicht.

29.05.2007 | 16:06

Kommentar #18 von Infrarotman:

Ob Herr Dr. Scholz das gewollt hat? Er will Sterne gucken! Vom Flieger aus und in Infrarot! Ob der kategorische Imperativ da eingreift (Ozonschichtbelastung / CO2-Eintrag) wäre diskutierbar, was man in IR eher sieht als im sichtbaren Licht wäre interessant zu wissen, dass Charles Lindberg ein windiger Vogel war, dem brutalerweise das Baby entführt wurde, ist in diesem Zusammenhang zweitrangig, wenn nicht irrelevant.

29.05.2007 | 16:19

Kommentar #19 von irgendwem:

Heisst das Flugzeug jetzt Lindberg, nach der Gemeinde in Bayern, oder Lindbergh, nach dem Umweltaktivisten und Antisemit aus Michigan?

29.05.2007 | 16:34

Kommentar #20 von dem Checker:

Nein, nach Erwin Lindberg, dem Erfinder der essbaren Unterwäsche.

29.05.2007 | 18:04

Kommentar #21 von Frau Grasdackel:

Mensch, Ruben, ich mag Ihre hochkomplexen Beiträge und Kommentare sehr. Aber Ihre Neigung zu persönlichen Seitenhieben verstehe ich einfach nicht, haben Sie doch eigentlich nicht nötig. Ihre Überlegenheit und Ihr Ehrgeiz ist auch so zu erkennen.

29.05.2007 | 18:12

Kommentar #22 von Persönlicher Seitenhiebdetektor:

schweigt und leuchtet nur still mit der grünen In-Betrieb-Leuchte

29.05.2007 | 18:26

Kommentar #23 von Frau Grasdackel:

Nur gut, dass Persönliche Seitenhiebdetektoren zu den Intelligenten Maschinen gehören, die mit äusserst sensiblen Sensoren ausgestattet sind und daher nur bei einer bestimmten Art von persönlichen Seitenhieben ausschlagen.

29.05.2007 | 20:19

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