Riesenmaschine

07.11.2007 | 04:11 | Gekaufte bezahlte Anzeige

Von Dosen und Menschen

Zum grossen Finale des bereits mehrfach erwähnten Dosentests am vergangenen Montag in Köln waren sie alle da. Und schon am Vormittag war der Triumph vollkommen: Der zuständige Arzt bestätigte, dass die vier Probanden, die sich sechs Wochen lang so umfassend wie möglich aus Dosen ernährt hatten, genau so gesund wie vorher seien. Weil Dosen halt voll die gleichen Vitaminmengen enthalten wie frische Nahrungsmittel und überhaupt: Kommunikationsziel erreicht, alle glücklich!

Danach gab es dann noch etwas zu essen, weswegen in ein Kochstudio mit Blick aufs Schokoladenmuseum gegangen wurde, wo Sternekoch Stefan Marquard mit Hilfe der Probanden aus über 15 verschiedenen Dosenprodukten eine Vorspeise, ein Hauptgericht und ein Dessert zusammenkochte. Bei der Zubereitung enthüllte die Dose dann eine weitere ungeahnte Qualität: Sie ist das demokratischste Lebensmittel von allen. Denn über die Zutaten der einzelnen Gänge konnte gemeinschaftlich abgestimmt werden, in der Frischediktatur hätte man hingegen essen müssen, was vorher gekauft wurde.

Nun darf jedoch mit diesem singulären Sieg der Dose über althergebrachte Essgewohnheiten nicht Schluss sein – nein, vielmehr muss der 5. November als Auftakt für die vollkommene Assimilation der Dose in unser aller Alltag in die Geschichte eingehen. Aus zwei Gründen:

1. kann nur die Dose das von der Riesenmaschine propagierte Prinzip "In Modulen denken, in Modulen handeln" auch nachhaltig in der Küche verankern. Analog zum Prinzip des Containers im Fracht- und Logistikbereich kann das Standardmass einer, sagen wir: 400-ml-Dose endlich die Einrichtung normierter und dadurch passgenauer Einkaufstaschen, Lebensmittelregale und Kühlschränke ermöglichen. Auch Lebensmittelwaagen und Messbecher könnten bei entsprechend portionierten Dosen und dazu passenden Gerichten endgültig aus unserem Leben verbannt werden.

2. ist schon heute ist die Dose die einzige Hoffnung für Menschen, deren Tag sich grösstenteils abseits der in Deutschland gültigen Ladenöffnungszeiten abspielt. Gäbe es keine Dosen, sie müssten verhungern. Doch noch sind auch Dosenhaltbarkeiten endlich, muss man alle paar Jahre doch den Gang in den Supermarkt wagen. Deshalb merke man sich: Nur der Kauf von Dosen unterstützt die Dosenforschung! Das Endziel müssen Haltbarkeiten von mehreren Jahrhunderten sein, damit die Menschheit dereinst, wenn die Erde in die Sonne stürzt, auf dem Weg zu neuen Planeten nicht verhungern oder an Skorbut sterben muss. Das sind wir unseren Kindeskindern schuldig.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Dosen, euch will ich kosen


Kommentar #1 von Fränze:

Da wurde ja geschummelt und mit Eiern gekocht. Eier aus der Dose? Ich dachte, es ginge gerade darum ohne frische Lebensmittel zu überleben. Natürlich stellt sich mir die Frage, ob Eier überhaupt den Weg ins Weltall überleben würden. Die Entdeckung neuer Planeten muss aus ernährungstechnischen Gründen wohl doch noch warten.

07.11.2007 | 12:28

Kommentar #2 von Frau Dachs:

Ach, ich finde das irgendwie so schade mit diesen Dosenartikeln. Dabei freu ich mich jeden Tag so auf die RM-Lektüre. Ist das denn jetzt nach dem Dosenfinale endlich vorbei?
Dein Kriegsartikel war aber sehr fein!

07.11.2007 | 15:29

Kommentar #3 von Kathrin:

Es müsste doch eigentlich im Sinne aller sein, dass Michael Brake Geld für Dosenartikel bekommt. Daran, ihn für Kriegsartikel bezahlen zu lassen, arbeiten wir noch (Sponsoren dürfen sich jederzeit melden, wir nehmen auch Sachspenden entgegen).

07.11.2007 | 16:25

Kommentar #4 von Till:

Zumindest blinken sie nicht, die Dosenartikel, und sind auch brav als blaue Werbung gekennzeichnet. Gefällt mir besser als Spiegel onlines Flash-und/oder-ich-leg-deinen-Rechner-lahms Werbekonzept.

08.11.2007 | 00:29

Kommentar #5 von Facy:

Eben. Ein total sympathisches Werbesystem!

08.11.2007 | 22:54

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