Riesenmaschine

09.04.2008 | 19:11 | Nachtleuchtendes | Was fehlt

Nothing funny 'bout that

Als Zwillinge bezeichnet man im biologischen Sinne zwei Personen, die genau gleich aussehen, weil sie aus demselben Ei geschlüpft sind. Wenn man Zwilling hört, denkt man "identisch" oder "zum Verwechseln ählich", und wenn man das nicht denkt, denkt man zusätzlich "zweieiig", aber wer macht das schon, wenn er Zwilling denkt. Astronomen bzw. deren Pressereferenten haben jetzt in einem längeren Prozess den bizarr unähnlichen Zwilling erfunden, eine echte Novität. Im Jahr 2003 hörte man erstmals von einem Zwilling unseres Sonnensystem. Nun schlüpfen Sonnensysteme überhaupt nie aus Eiern, seien wir darum nicht kleinlich, aber dieser Zwilling hier hat einen Jupiter, der seine Sonne, einen Stern namens HD70642, im Abstand von 467 Millionen Kilometer umkreist, oder wie die PR-Mitteilung informiert "nicht sehr verschieden von 778 Millionen Kilometer". Hm, well. 311 Millionen Kilometer verschieden, eine kleine Aberration, zugegeben.


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In den letzten Monaten jedoch vermehren sich die unähnlichen Zwillinge wie die ähnlichen Karnickel. Der Stern 55 Cancri hat einen "erdähnlichen" Planeten, der nicht nur 45mal so schwer ist wie die Erde, sondern ist auch "ein bisschen" näher an seiner Sonne, nämlich circa 80 statt 150 Millionen Kilometer. Hust. Ein bisschen? "Fast ein Zwilling?" Der Erd"zwilling" des Sterns Gliese 581 hat gar einen Abstand von nur gut 10 Millionen Kilometern von seiner Sonne. Schonmal beim Nachhauseweg auf den letzten 140 Millionen Kilometern verhungert?


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Und schliesslich in den letzten Wochen wieder ein Zwilling, diesmal führt die Sonne den sperrigen Namen OGLE-2006-BLG-109L. (Nebenbei: Was ist eigentlich aus den ansprechenden Namen für Himmelsobjekte geworden, sagen wir "Tukan" oder "Ganymed"?) Dieses Mal ist die "Erde" nur halb so weit von ihrer Sonne weg wie die richtige, das heisst 75 Millionen Kilometer weniger. Einerseits sind wir von Astronomen Übertreibungen gewohnt, ich meine, Schwarze Löcher, guter Scherz, aber andererseits erwartet man ein wenig mehr Präzision in der Metaphernauswahl. Wieso gibt es mehr als einen Zwilling der Erde? Was soll diese Besessenheit mit der Ähnlichkeit? Ist Unähnlichkeit nicht eigentlich viel interessanter? Und wie wird man es nennen, wenn man irgendwann tatsächlich eine Kopie des Sonnensystems findet? Superzwilling? Hypererde? Was, wenn es ganz viele davon gibt? Trillionenling? Und übrigens: Saturnmond Titan ist nicht der Zwilling der Erde, beziehungsweise nur in einer Welt, in der ein Tag zwei Wochen lang ist (ein Jahr übrigens auch) und die Temperatur minus 194 Grad beträgt. Das ist nur gute 100 Grad kälter als in der Antarktis. Am Ende leben dort Zwillingspinguine.


Kommentar #1 von dem alten fred:

am ende ja. an ihrem ende leben die zwillingspinguine aber nicht mehr.
sind zwillinge nicht auch immer ziemlich gleich alt? urknall hin oder her.

10.04.2008 | 10:11

Kommentar #2 von okocha:

Nicht, wenn einer mit annähernd Lichtgeschwindigkeit lange genug durch die Gegend fliegt.

11.04.2008 | 00:53

Kommentar #3 von caesar:

was jetzt? noch ne erde und andere irdische oder nicht?

12.04.2008 | 08:45

Kommentar #4 von c17h19no3:

hübsche namen für planeten wäre eine sache – dann sollte aber der zwillingshaftigkeit ebenfalls ausdruck verliehen werden. folgen wir doch den beispielen der klontechnologie und unseren römischen vorfahren und nennen die erde fortan "erde primus" bzw. "erde prima" (wir wollen ja geschlechtlich korrekt verfahren, zusätzlich hätten wir dann sogar automatisch ein qualitatives attribut), alle anderen "erden" "secunda" und so weiter. das klingt so intellektuell und beinahe hübsch, dass die intensität der zwillingshaftigkeit schon fast vernachlässigbar ist. alles ist eben marketing. auch im weltall.

20.04.2008 | 19:52

Kommentar #5 von Elf:

I am pregnant. I am pregnant with twins.

22.04.2008 | 09:20

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