Riesenmaschine

19.01.2007 | 18:37 | Anderswo | Alles wird besser | Zeichen und Wunder

Magic Towel Ride


100% magisch
Sonder Zahl sind die verschiedenen Arten, in denen das Magische Handtuch vorkommt. Es gibt es als Pokemon-Kinderpartyknüller, in Golfball- oder Tennisschlägerform, mit Astronautenaufdruck oder als magisches Handtuch "School Day" aus dem Gestüt Hello Kitty. Wie die Spatzen oder die Ratten sind die "MaHas" (Fachchinesisch) über den ganzen Planeten verbreitet, denn kein Lebensraum ist ihnen zu unwirtlich. So wurden sie selbst in Ariel-Grossgebinden gesichtet, in Nemo-Form. Woher das magische Handtuch ursprünglich stammt, ist allerdings noch nicht genau erforscht. Heute jedenfalls kommen die meisten aus Fabriken in China.

Im äussersten Südwesten dieses Landes, in Kunming, der Hauptstadt der Provinz Yunnan, stiessen nunmehr Forscher der Riesenmaschine im Badezimmer des YunDa-Hotel auf einen Vorfahren der farben- und formenprächtigen magischen Handtücher der Jetztzeit. Das Compressed Towel ist von schlichter weisser Färbung, sieht aus wie eine sehr, sehr grosse Schmerztablette und kostet erstaunlich viel, nämlich den Gegenwert von zwei grossen Nudelsuppen. Wie alle Magischen Handtücher verlangt auch das komprimierte Tuch explizit danach, vom Menschen ins Wasser geworfen zu werden. Was dann passiert, soll in diesen Stunden im Keller des Riesenmaschinenlabors erforscht werden. Wir zögern allerdings noch, das unschuldige Handtuch ins kalte Wasser zu schmeissen; es sieht so niedlich aus. Was meinen Sie? Sollen wir?

Christian Y. Schmidt | Dauerhafter Link | Kommentare (8)


15.12.2006 | 12:41 | Anderswo | Alles wird schlechter | Sachen kaufen

Aerobe Handelshemmnisse


Original deutsche Weltmeisterschaftsluft vom Endspiel in Berlin
Ein schwerer Rückschlag für die deutsch-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen. Wie China Daily meldet, verlor vorgestern vor dem Volksgericht des Pekinger Chaoyang Distrikts ein Mann namens Li Jie seinen Prozess gegen die zuständige Industrie- und Handelskammer. Li Jie, seines Zeichens auch Chefdiplomat der "Botschaft des Mondes in China", plante 25 Plastikbeutel mit Fussballweltmeisterschaftsluft zu verkaufen, die er von einem deutschen Geschäftsmann bezogen hatte. Die Luft war während der Fussballweltmeisterschaft in verschiedenen deutschen Fussballstadien eingesammelt worden und sollte für 50 Yuan (5 Euro) das Stück an interessierte Fussballweltmeisterschaftsluftsammler in China vertrieben werden. Die Industrie- und Handelskammer erklärte dagegen, "spezielle Luft von speziellen Plätzen" sei keine "industrielle Kategorie", und untersagte dem Geschäftsmann den Handel.

Herr Li hatte vor Gericht unter anderem die Schulbuchgeschichte "Der kleine Fuchs verkauft Luft" als Beweis herangezogen: "Ein Schulbuch kann doch unmöglich einen Gesetzesbruch propagieren", argumentierte der Geschäftsmann. Das Gericht wollte dieser ausgefuchsten Verteidigungsstrategie leider nicht folgen. Es war nicht der erste Rückschlag dieser Art, die Mondbotschafter Li Jie einstecken musste. Im letzten Jahr hatte die Pekinger Industrie- und Handelskammer ihm untersagt, Parzellen der Oberfläche seines Heimattrabanten für je 30 Euro zu verkaufen. Der Mond geht uns nichts an, aber in der Luftsache sollte Deutschland sofort Protest in China einlegen. Schliesslich können wir die verkaufen, an wen wir wollen. Und wohlmöglich haben wir demnächst nichts anderes mehr!

Christian Y. Schmidt | Dauerhafter Link | Kommentare (5)


13.12.2006 | 21:06 | Anderswo | Sachen kaufen

Schon wieder so eine blöde China-Frage


the Balien Wine Commelcial Bilm, Korla
David Tool, ein in Peking lebender, pensionierter Oberst der US-Army, will die falschen, vorgeblich englischsprachigen Schilder in Chinas Hauptstadt bis spätestens zu den Olympischen Spielen ausgemerzt haben. Der Oberst findet es nämlich gar nicht komisch, wenn man über die Schilder und damit über die Chinesen lacht. Also hat er bereits an über hundert öffentlichen Plätzen und in über achtzig Museen aus kreativem Chinglisch wieder stinknormales Englisch gemacht. Hoffentlich fährt Oberst Tool nicht auch nach Korla, denn um dieses schöne Schild wäre es doch sehr schade. Andererseits wäre es natürlich auch interessant, ob er wüsste, was hier mit "Balien Wine Commelcial Bilm" gemeint sein könnte. Es ist auch nicht so einfach. Wissen Sie's?

Christian Y. Schmidt | Dauerhafter Link | Kommentare (7)


10.12.2006 | 17:49 | Anderswo | Alles wird besser | Papierrascheln

Es stand im Spiegel


Das Zitat aus dem weltberühmten Spiegel
In letzter Zeit malte Gabor "Seitenscheitel" Steingart im Spiegel die Volksrepublik China gleich mehrmals als bösen Angreiferstaat, in dem man aus Profitgier über Leichen gehe, und der von brutalen Führern regiert werde, denen man am besten gleich morgen früh mit Quoten, Zöllen und Einfuhrverboten drohen sollte. Die Chinesen scheint diese Polemik nicht zu kratzen. Im Gegenteil, sie loben den Spiegel in den Himmel, so wie auf dieser Schrifttafel am Mausoleum des berühmten Abakh Hoja in Kashgar, wo man ihn sogar den "Bright Mirror", den superschlauen Spiegel, nennt und aus ihm zitiert wie aus einem Evangelium. Im selben Grabmal soll angeblich auch die Xiang Fei begraben sein, die noch viel berühmtere "Duftende Konkubine".

Die Geschichten, die über diese legendäre Frau erzählt werden, gehen auseinander. Einig ist man sich nur darüber, dass sie gut aussah und auch sehr gut roch, weshalb sie Kaiser Qianlong als Konkubine in seinem Harem aufnahm. Nach einer Version soll sie sich dort nicht besonders wohl gefühlt haben, weshalb sie a) Selbstmord verübte bzw. b) als aufrechte uigurische Nationalistin den Kaiser mit einem Dolch zu töten trachtete und deshalb selbst hingemordet wurde. Nach der anderen lebte die dufte Uigurin am Hof des Kaisers herrlich und in Freuden, weshalb sie auch als Symbol für die ewige und unverbrüchliche Freundschaft zwischen dem chinesischen und uigurischen Volk gilt. Diese Fassung wird hauptsächlich von Chinesen erzählt, und vom deutschen "Bright Mirror" gestützt, zumindest auf der Tafel in Kashgar: "Love between this Uygur maid and the emperor is an evidence for great unity among different ethnic groups in China."

Ob das nun tatsächlich so im Spiegel stand, könnte, wer will, mal im Spiegelarchiv überprüfen. Wahrscheinlich ist es nicht. Aber vielleicht wird dieser Satz ja noch einmal im Spiegel stehen? Dann nämlich, wenn die Chinesen diesen deutschen Musterbetrieb aufgekauft haben, und Gabor Steingart auf der Strasse liegt.

Christian Y. Schmidt | Dauerhafter Link


08.12.2006 | 11:40 | Anderswo | Fakten und Figuren | Zeichen und Wunder

Revolutionäre Uhr


Schon wieder zwanzig vor!
Können Sie uns mal schnell sagen, wie spät es ist? Ach, da ist ja die Uhr links. Das war einfach. Schwieriger ist zu bestimmen, aus welcher Zeit die Uhr hier stammt und aus welchem Material der giftgrüne, transparente Block ist, in dem sie steckt. Auf Anhieb würde man wohl meinen: 20. Jahrhundert, Sechziger oder Siebziger Jahre, Acryl- bzw. Plexiglas. Und niemand würde sich wirklich wundern, wenn der Block morgen als "Uhr Tikka" bei IKEA stehen würde. Tatsächlich steht die Uhr aber in einer Vitrine des Militärmuseums der chinesischen Volksrevolution in Peking – und ist mindestens siebzig Jahre alt.

Das geht aus dem Schild neben der Uhr hervor, das besagt, dass sie von der chinesischen Roten Armee in der revolutionären Basis des Fujian-Zhejiang-Jiangxi-Gebiets verwendet wurde. Dieses Gebiet wurde von den Kommunisten nur von Januar 1929 bis Oktober 1934 gehalten, dann machte man sich auf der Flucht vor den Guomindang-Truppen auf den Langen Marsch nach Norden. Interessanter Weise wurde ungefähr zur selben Zeit (1928) das Acrylglas erfunden, das die deutsche Firma Röhm & Haas 1933 unter dem Markennamen Plexiglas auf den Markt brachte. Ist es also in der kurzen Zeit dieser revolutionären Plexiglas-Uhr gelungen, sich von Deutschland in ein chinesisches Sowjetgebiet durchzuschlagen, das obendrein von feindlichen Truppen umzingelt war?

Unmöglich wäre es nicht. Mag aber auch sein, dass der Block aus transparentem Bakelit ist, oder aus Glas, obwohl er nicht so aussieht. Dann müsste man sich nur noch über die Bauhaus-Form des Weckers wundern. Fragen kann man sich aber auch mal, warum die Zeiger auf zwanzig vor zwölf stehen? Vielleicht sollen sie uns ja darauf hinweisen, dass es im deutschen Sprachraum viel öfter zwanzig vor als zehn vor zwölf ist, aber niemals fünfzehn vor zwölf, weil man lieber Viertel vor zwölf sagt. Na, höchstwahrscheinlich nicht.

Christian Y. Schmidt | Dauerhafter Link | Kommentare (6)


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Gesamt: 7 Punkte


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