Riesenmaschine

24.03.2008 | 11:25 | Anderswo | Alles wird besser | Sachen kaufen

Die Verbraucher sind unruhig


Auch googleinformierte Kreise wissen leider nichts genaueres über dieses famose Gerät
Tots movem Barcelona! Man möchte den Claim des Barceloner Nahverkehrs vor Freude immer wieder laut ausrufen, denn Verkehrsbetriebe mit ähnlich anarchischer Geschwindigkeitsbesessenheit wie der Transports Metropolitans de Barcelona (TMB) wären nice to have, sind aber hard to find.

So präsentieren die Anzeigetafeln an den Bahnsteigen die Zeit bis zum nächsten einfahrenden Zug sekundengenau statt in Minuten. Und meist reichen die durchschnittlich verbleibenden 28 Sekunden, um beim Yatoo Supermercado Rapido an der Station Maria Cristina einen Last-Second-Einkauf zu tätigen: Die fünf Meter breite Maschine gibt dabei nicht nur ein beeindruckendes robotisches Schauspiel ab, sondern auch eisgekühltes Wechselgeld zurück.

Nachdem der motorisierte Arm die gewünschten Artikel in einen Metallkorb geworfen und ausgegeben hat, steigt der Verbraucher dann auf sein Skateboard und rollt in die U-Bahn. Denn während man hierzulande auch im ÖPNV eher gemächlich fürbass schreitet und Ollies an der Bahnsteigkante nicht gerne gesehen werden, begrüsst die offizielle Website der TMB ihre Besucher mit einem Skater, der auf eine U-Bahn zufährt. Die Begeisterung ist gross, daher nochmal alle: Tots movem Barcelona!


31.01.2008 | 17:24 | Anderswo | Vermutungen über die Welt

Türkisches Tetris


Die Familie als Terrorzusammenhang (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)

Die Türkei empfiehlt sich in ihrer Eigenwerbung gern als familienfreundliches Reiseland. Die von Alexander Kluge beschriebene "Familie als Terrorzusammenhang" bildet dabei den Kern der aktuellen Kampagne. Das Plakatmotiv zeigt eine Familie, deren Mitglieder nicht nebeneinander, sondern ohne Not aufeinander am Strand liegen. Von unten nach oben: Vater, Mutter, Tochter, älterer Sohn, jüngerer Sohn.

Man beachte die beiläufige politische Korrektheit des inszenierten Schamgefälles: Natürlich darf die Mutter auf dem Vater liegen, aber nicht umgekehrt. Die Mutter und die ältere Tochter wiederum wären theoretisch austauschbar, aber dann müsste der Sohn auf der Mutter liegen (nicht akzeptabel). Leichte Bedenken kommen auf bei der Paarung des Sohns mit der älteren Tochter. Der kleine Bruder ganz oben hingegen muss als folgerichtig platziert gelten.

Im übrigen sehen nur schlichte Gemüter die Sortierreihenfolge im Gewicht der Protagonisten begründet.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Ehrlicher Marketer


28.09.2007 | 14:48 | Gekaufte bezahlte Anzeige

Dosen, euch will ich kosen


He's not telling lies when he's using Mais: Stefan Marquard (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Die Vorurteile über Lebensmitteldosen sind so alt wie Lebensmittel selbst. Zumindest wie die in Dosen. Die Dosenköche müssen handeln. Und zwar, wie es sich gehört, mit einem Experiment unter fachkundiger Advertorial-Aufsicht der Riesenmaschine: dem Dosentest.

Vier Probanden werden sich in den kommenden sechs Wochen vornehmlich aus Dosen ernähren: Alles, was es in Dosen gibt, muss auch aus Dosen gegessen werden. Ein nachgerade ketzerisches Vorhaben, bedenkt man, dass aus Dosen normalerweise Telefone oder Songschreiberinnen gemacht werden. Schade, aber was tut man nicht alles für die Wirtschaft Wissenschaft.

Dienstag morgen begann das Experiment – mit einer Blutabnahme für den Vorher/Nachher-Vergleich. Wir müssen schliesslich wissen, was genau nach sechs Wochen noch von den Testern übrig ist (abgesehen von über 400 Weissblechdosen Abfall). In einem Kölner Kochstudio versuchte sich Sternekoch Stefan Marquard dann tapfer an einem 3-Gänge-Menü aus Dosenzutaten. Die Tester entschieden basisdemokratisch über den Inhalt der Frühlingsrollen – und da zwischen der Sauerkraut- und Erbsenfraktion keine Eingkeit erzielt werden konnte, packte Marquard unter häretischen Reden ("Wer behauptet, er kocht ohne Dosen, lügt") kurzerhand beides rein. Vielleicht als Ergebnis geschickter Erwartungssteuerung ("Was kann da schon bei rauskommen?") schien es allen Anwesenden dann tatsächlich geschmeckt zu haben.

Protokoll des ersten Testtags: Geöffnete Dosen samt Inhalt darf man durchaus im Kühlschrank aufbewahren. Probandin Petra, 50, hatte Probleme, ihre Ration von über 100 Dosen in den vierten Stock zu expedieren, und es gibt tropenfest eingedostes Norddeutsches Schwarzbrot. Spätestens jetzt sollte eigentlich jeder Sinn und Sinnlichkeit der Dose erlegen sein.


20.06.2007 | 10:28 | Berlin | Alles wird besser

Meistens in den seltensten Fällen nie


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Mit Logik kommt man im Marketing nicht weiter. Paradoxien wie "gleich ist das neue anders" ebnen den Weg ins Herz der Verbraucher (wir berichteten). Sony Ericsson und Nokia jedenfalls schenken sich nichts, wenn es um die Zurschaustellung ihrer offensichtlichen Ratlosigkeit in Bezug auf ihre Zielgruppen geht: "Du hast viele Seiten, welche lebst du heute?" fragt der finnische Marktführer per Plakat die unberechenbare Kundschaft. Der schwedisch-japanische Wettbewerber kontert mit Handys für "mein anderes ich".

Während man in den Marketingabteilungen also langsam einsieht, dass, wer in Zielgruppen denkt, die Kunden nie verstehen wird, ist die Berliner Sparkasse schon wieder weiter. Die Bank wirbt nämlich nun auf Plakaten mit einer Headline von stupender Logik: "In Berlin macht jeder seins, die meisten bei derselben Bank". Die meisten Kunden hat natürlich dieselbe Bank, wie sollte es – logisch betrachtet – auch anders sein?

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Universal Selling Proposition


13.04.2007 | 12:00 | Nachtleuchtendes | Vermutungen über die Welt

Kennst du das Land, aus dem das Erbarmen kommt?


Wie hiesse dieses Auto, hiesse es anders? (Foto: Namco)
In dem japanischen Autorennspiel Ridge Racer darf der Spieler mit der Zeit bessere, schnellere Autos fahren. Die PSP-Version startet mit einem ziemlich lahmen Wagen namens "Âge Prophetie", der von einer Frauenstimme vorgestellt wird: "Âge – hergestellt in Frankreich". Fährt man schnell genug, dringt man zum "Kamata Skykid Fiera" vor ("hergestellt in Japan"). Die USA sind mit dem "Danver Bayonet" vertreten, Italien mit dem "Bisonte" von "Assoluto".

Diese Marken klingen auf eine eigentümliche Art vertraut, aber eigentlich auch gar nicht. Der Âge könnte ein Renault sein, der Kamata ein Toyota, der Danver vielleicht ein Dodge. Wenngleich diese japanischen Markengenerika frei erfunden sind, so verweisen sie doch qua Assosziationskontext auf ihre realen Vorbilder – aber ohne dass teure Lizenzgebühren fällig würden.

So grübelten also japanische Spieldesigner über der Frage: Wie hiesse ein BMW, wenn er nicht BMW hiesse? Und sie fanden eine Antwort. Hat man das Spiel nämlich zur Hälfte durch, verkündet die Frauenstimme die neueste Errungenschaft: "Gnade – hergestellt in Deutschland".


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*  AUTOMATISCHE KULTURKRITIK

"Speed Racer", Andy Wachowski, Larry Wachowski (2008)

Plus: 8, 21, 22, 75, 80, 96, 98, 103
Minus: 1, 8, 27, 38, 99, 122, 134, 140, 141
Gesamt: -1 Punkte


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