Riesenmaschine

24.09.2006 | 16:34 | Sachen kaufen

Waschklebeexperimente


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Der Henkelkonzern ist Marktführer bei Klebstoffen, Waschmitteln, Kosmetik und Körperpflege; alliterative Markenprodukte wie Pattex, Persil, Pril, Pritt und Perwoll gehören zum Angebotsspektrum. Henkel-Klebstoffprodukte findet man sowohl in der Längsnaht von Zigaretten als auch im Spaceshuttle. Und jetzt auch im Waschpulver, im Weissen Riesen (gehört ebenfalls zur Produktpalette) ist ab sofort ein Pritt Klebestift. Warum? Weil man gerade einen Überschuss im Hause hatte, dessen Ablaufdatum demnächst naht, und man ihn so leichter verramschen kann vermutlich. Wenn jetzt z.B. der Weisse Riese selbst gerade eine Stagnation bei den Verkäufen erleben würde, werden sie wahrscheinlich das Pulver auch einem anderen Produkt beifügen, aus alter Tradition einem Klebestift vielleicht. Aber warum nicht gleich einem anderen Waschpulver beigeben? Waschpulver zu Waschpulver, das verhindert dann auch dumme Fragen, was denn ein Klebestift mit Waschpulver zu tun hat.

Allerdings wird dieses pleonastische Huckepackprinzip bereits etwas länger praktiziert, nur ist das offenbar keinem aufgefallen: Das ursprünglich als Gardinenbleichmittel entwickelte Henkelprodukt Oxi Energie wird ebenfalls parasitär dem Weissen Riesen beigegeben. Das scheint also eine Art Sondermüllsammelstelle im Hause Henkel zu sein. Wie der Überraschungseiereffekt auch zur Botschaft werden kann, beweist der monomanische Musiker/Produzent Steve Albini, indem er allen Platten seiner Gruppe Shellac, die auf wichtigtuenden 180g Vinyl veröffentlicht werden, sozusagen als Sicherheitskopie eine unbeschriftete CD als "Bonus" beiliegt, weil er sie für ein minderwertiges Medium hält.

Tex Rubinowitz | Dauerhafter Link | Kommentare (1)


20.09.2006 | 18:55 | Anderswo | Alles wird schlechter

Der Hut


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Sozialpiktogramme sind eine diffizile Sache, oft gehen sie ins Auge, weil deren Gestalter vermutlich weltabgewandte, unsensible Stubenhocker sind. Man erinnert sich an das deutsche Fussgängerschild, ein weisser Mann mit Hut auf blauem Grund hält ein kleines weisses Mädchen mit Minirock an der Hand. Das ging nicht mehr, die Zeit der Aufklärung Anfang der achtziger Jahre letzten Jahrhunderts verbot es. Männer trugen einfach keine Hüte mehr. Erschütternd auch, wie perfid in England alte Menschen dargestellt bzw gedemütigt werden. Mit etwas anderem als gebeugtem Humpeln kann man dort Greise wohl nicht assoziieren. Aber das beste und gleichzeitig unheimlichste Beispiel sozialer Interaktion ziert manche U-Bahnhöfe in Tokio. Märchenhaft, wie der traumatische Verlust des Hutes und die Bergung desselben durch eine lange Zange scherenschnittartig dargestellt werden. Leider sind die Tage des Schildes gezählt, man findet es kaum noch. In wieviel japanischen Alpträumen mag die grosse lange Zange eine Rolle gespielt haben?

Tex Rubinowitz | Dauerhafter Link | Kommentare (1)


19.09.2006 | 11:42 | Fakten und Figuren | Papierrascheln

Der beste Witz der Welt


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Im grossartigen Interviewbuch von Mike Kelley Interviews, Conversations and Chit-Chat mit John Waters, Tony Oursler, Larry Clark und ähnlichen Dreckspatzen gibt es einen Witz, den Kelley dem Witzefachmann Richard Prince erzählt, und der so gut ist, dass er als Kaufanreiz reichen muss:
A drunk stumbles onto a bus to get out of the rain. He walks up the aisle and sits right behind the driver and stays there, traveling from one end of the line to the other. After a while he begins to notice things. Like, every time an attractive woman gets onto the bus the driver would turn around and say, "Tickle your ass with a feather." To which the woman would reply, "What??" and he would repeat, "Well, typical Michigan weather."After five or six times the drunk catches onto what is going on and begs the driver to allow him to do it the next woman they see. The bus comes to a stop and another woman gets on. The drunk looks at her and says "Fuck you!" "What??" she screams back. And he goes, "It looks like rain."


08.09.2006 | 01:22 | Anderswo | Fakten und Figuren

Rauli


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Die tragischste Figur in der nicht eben untragisch klingenden finnischen Musiklandschaft war zweifellos Rauli Badding Somerjoki. Er wurde nur 40 Jahre alt, aus Angst vor dem Bühnenstress wurde er zum Alkoholiker, er ist in Finnland so etwas wie ein Nationalheiliger, weil er all das in sich vereint, was ihre Musik ausmacht. Tragisches Timbre, molllastige Schnulzen, allergrösste Ernsthaftigkeit. Ohne ihn gäbe es die in Finnland entstandene Musikform Goth'n'Roll (HIM, Rasmus, Nightwish) nicht, aber auch eine indirekte Verbindung zu Tokio Hotel ist für das geübte Ohr leicht auszumachen. Als Somerjoki mit seinem Freund, dem Soziologen Mauri Antero Numminen 1971 den Song Valot (Vorstadt) schrieb, taten sie das nur für IHN, den King nämlich, den finnischsten Nichtfinnen der Welt, Elvis Aron Presley. Sie schickten die Bänder per Post nach Memphis, eine Antwort kam leider nie. Valot wurde aber trotzdem in Finnland ein Riesenhit, viele sangen das Lied, auch Ville Valo von HIM. Später übernahm ein anderer, sehr ernsthafter amerikanischer Elvisstellvertreter den ganz spezifischen finnischen Sound, Chris Isaak, den wiederum HIM auch immer wieder gerne zurück nach Finnland importieren, indem sie ihn covern (Wicked Games).

Aber das alles weiss ausserhalb Finnlands und der Riesenmaschine natürlich niemand, und im letztwöchigen Spiegel vergleicht der Autor Joachim Lottmann vollkommen ahnungslos Tokio Hotel noch mit Nirvana und den Beatles, dabei sind sie noch viel grösser, nämlich wie Elvis.

Tex Rubinowitz | Dauerhafter Link | Kommentare (9)


05.09.2006 | 16:13 | Anderswo | Supertiere

Murmelpilzkrieg


Foto eines immerhin eng verwandten Tieres von hier zu diesen schwer verständlichen Bedingungen (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Das Verhältnis der Italiener zu den sich selbst "Deitsche" nennenden Bewohnern Südtirols ist derzeit denkbar schlecht. Und schuld daran ist nicht der Bossa Nova, sondern Myzelien und Nagetiere. Auf der einen Seite wird das Land in den Dolomiten gerade von Busladungen pilzesammelnder Italiener überschwemmt, die illegal weit über die erlaubte Tagesmenge hinaus die Lebewesen aus den Wäldern abtransportieren, und sie gleich vor Ort noch mit mitgeschleppten Trockenmaschinen verarbeiten. Für ein Kilo Trockenschwammerln bekommt man am italienischen Markt 100 Euro. Man braucht dafür aber einen Sammelschein und nur zwei Kilo pro Kopf und Tag sind erlaubt. Was die Italiener aber nicht interessiert. Überall in den Wäldern sind jetzt Pilzpolizisten unterwegs, die allein am letzten Wochenende 190 Pilztouristen ertappen und strafen konnten. Auf der anderen Seite hat Südtirol auch einen massiven Murmeltierüberschuss, 40 000 gibt es, genau 2340 Exemplare sollen abgeknallt werden, weil sie die Weiden perforieren. Was aber die italienische Regierung, die die Tiere als schützenswert erachtet, verbietet. Aber sind das wirkliche Probleme? Oder ist es so, wie der Pariskorrespondent von Südtirol Online, Christian Giacomuzzi, behauptet, dass "in Südtirol Probleme 'erfunden' werden, die gar nicht existieren"? Andererseits wurden Kriege aus weit nichtigeren Gründen angezettelt.

Tex Rubinowitz | Dauerhafter Link | Kommentare (3)


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