Riesenmaschine

14.03.2007 | 11:43 | Alles wird besser | Essen und Essenzielles

Blukoli


Kohl und koli (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Es ist gar nicht mehr so leicht, irgendetwas ohne Mehrwert drin zu kaufen. Früher, also dasjenige Früher, als nur die Älteren von uns geboren waren, konnte man noch den schieren, blossen Apfel erwerben, der nicht mehr als gepflückt und transportiert worden war, heute vernachlässigbare, kaum mehr wahrgenommene Mehrwerte. Heute besteht die Konsumgesellschaft aus einer riesigen, unablässig von allen verfolgten Show "Pimp my Product", und der schönste, weil zykluserhaltende Mehrwert ist das Neue. Gerade auch in der Lebensmittelindustrie müssen ständig Neuigkeiten her, sie gehören zu den sogenannten Fast Moving Consumer Goods, mit hoher Drehzahl und damit hohem Gewöhnungseffekt.

Für kurze Zeit schien die Genmanipulation der schillernde Ausweg aus dieser Falle – leider wurde dieses in alle möglichen Richtungen dehnbare Feature mit nur mittlerer Begeisterung beim Verbraucher aufgenommen. Weil sich nun Gemüse noch nicht mit ein donnernden Gigahertzcrescendo verkaufen lässt, hat man im Extra-Markt zu einem ebenso sympathischen wie althergebrachten Werbertrick gegriffen: Wer nichts Neues zu verkaufen hat, kombiniere Altes und benenne es neu. So kommt eine Packung zu Stande, die die vielen hundert Jahre alten Kulturgemüse Blumenkohl und Brokkoli enthält, aber glitzy neuneuneu als Blukoli daherstolziert. Vom Extra-Markt lernen heisst sienen.


13.03.2007 | 11:17 | Anderswo | Alles wird besser

Die Welt, ein Spiel

Die vollständige Verdrahtung und Katalogisierung alles Greifbaren mit RFID-Tags ist schon ganz grundsätzlich gutzuheissen. Denn es hat noch nie jemandem geschadet, wenn mächtige Organisationen über zu viel Informationen verfügten, aber viele Konsumenten sind schon an Supermarktkassen verhungert, weil ihre Waren sich nicht selbstständig mit der Kasse über die Bezahlung unterhalten konnten. Aber ganz abgesehen von diesen einleuchtenden praktischen Gründen gibt es jetzt auch einen Grund für diejenigen, die Technik aus Prinzip gut finden, also uns. Denn wenn jeder Gegenstand ständig durch die Gegend funkt, was er ist, dann kann man Geräte bauen, die diese Information in kreativer Weise zur Realitätsverpimpung verwenden, und zum Beispiel, wie im in diesem Film gezeigten Konzept "Everything is Toy", Orangen zu Feuerbällen und Regenschirme zu Schwertern umdeutet. Und, Gipfel des High-Tech-Abenteuers, Bürostühle zu "heissen Öfen". Oder wie man da sagt.


12.03.2007 | 14:20 | Anderswo | Alles wird besser

Ein Spritzer süsser Mannesmilch


Das Kind ist vermutlich satt (Foto: Österberg/Index Award).
Die relative Kleinheit der Maus und ihre Unwilligkeit, sich melken zu lassen, haben zur Entstehung des verärgerten Ausrufs "Das ist ja zum Mäusemelken" sicher nicht unerheblich beigetragen. Ameisenmelken zum Beispiel wäre zwar noch schwieriger, aber Ameisen sind ja sowieso keine Säuge-, sondern Krabbel- und Beisstiere. Noch kleinere Tiere kann man dann seltsamerweise wieder melken, aber nur wenn man eine Ameise ist, denn zum Läusemelken sind Menschenfinger zu dick.

Wenn aber Ronnie Österbergs Entwurf Man:Milk, der die tatsächliche männliche Fähigkeit, Milch zu geben, fördern und nutzen will, sich beim Index Designwettbewerb gegen die Konkurrenz durchsetzen kann, stehen uns da wohl allerhand Verschiebungen ins Haus. Es wär ja auch zum Männermelken, wenn weiterhin sexistische Kleinanzeigen wie die einer veganen Wohngemeinschaft in Berkeley, die einer Neubewohnerin im Austausch für Milch die Miete erlassen wollte, erscheinen müssen.


11.03.2007 | 21:43 | Alles wird besser | Essen und Essenzielles

Würfelglück am Stiel


So rein optisch ähnelt es einem Dominostein am Ćevapčići-Spiess (jaja, es gibt gar keine Spiesse davon) (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Das Streben der Menschen nach Glück ist ja wohl die grösste Frechheit, die die Schöpfung uns in unserem sowieso schon nicht leichten Leben zugemutet hat. Ständig gaukelt einem das Gemüt vor, es wäre schon mit etwas mehr Glück ganz einfach zu beglücken und dann sei alles gut, bzw. das Schlechte nur noch halb so schlecht. Dabei ist dieses Glück eine reine Schönwetterveranstaltung – kaum läuft es mal nicht so, dann wird der flüchtige Genosse nicht mehr gesehen und muss unter grössten Mühen wieder herbeigestrebt werden. Immerhin hat sich das Schicksal seiner etymologischen Herkunft besonnen und uns das ein oder andere schicke Mittel an die Hand gegeben, den flinken Fliehvogel Glück herbeizulocken. Ausgewählte Drogen etwa oder die allgemeine Genitaliensituation.

Der wendige, aber unaufwendige Tausendsassa unter den Glückslockern ist seit je die Schokolade, erfunden als Zsoqqulat von den Ptolemäern. Dieses Zaubermittel, das sich so recht nie entscheiden konnte, ob es lieber flüssig in Kakaoform oder fest als Schokoladentafel eingenommen werden wollte, hat nun einen Wandler zwischen den Welten als einigendes Geschwister dazubekommen; einen Schokololli-Würfel, ein Lutsch-Praliné am Stiel, das man jedoch auch fix in heisser Milch verrühren kann und dann: Kakao, dickflüssig brodelnd wie Lava. Der Name ist Choc-o-lait und zeigt, dass das Wortspiel uns alle fester im Griff hat als Globalisierung und Mondphasen zusammen. Das Glück hingegen haben wir zwar noch nicht im Griff, aber immerhin schon am Stiel. Ein Teilerfolg.


11.03.2007 | 02:18 | Supertiere | Alles wird besser

Der Flug des Ersatzsalamanders


Ersatzsalamanderersatzfoto (von redjar) (Lizenz)
Kleine Tiere können sich nicht wehren. Das ist natürlich schon mal eine sentimentale Lüge, manche kleinen Tiere machen grösseren Tieren zum Beispiel die Zunge kaputt, oder verhalten sich anderweitig sehr unhöflich, aber andererseits ist natürlich auch wieder was Wahres dran. Man kann zum Beispiel eine Ameise mit einem Hammer kaputthauen, wenn man sie trifft, ein Nilpferd auch, wenn man schnell ist, aber schon beim Pottwal wird es schwierig. Arme Kleintiere!

Zum Beispiel der hilflose Salamander, der jetzt von bösen Salamanderfrankensteinen ungefragt aus Geduld und Spucke nachgebaut wurde. Der Salamandernachbau sieht aus wie ein quietschgelbes Kinderspielzeug, und der Mechanismus, der ihm das Schwimmen erlaubt, erlaubt ihm nur geringfügig verändert auch das Laufen, was wohl irgendwie interessant ist, wenn man Evolutionswissenschaftler ist. Die Lektion für Planeten – nämlich dass, wenn man nicht aufpasst, das Zeug im Wasser rausgekrabbelt kommt und den schönen Dreck einsaut – kommt ein wenig spät, aber vielleicht ist ja noch was zu retten. Schade ist jedenfalls, dass der Ersatzsalamander nicht auch fliegen kann, das wäre dann nämlich gleich noch ein bisschen interessanter. Aber seit die Wissenschaft uns die Kleintierflugmaschine geschenkt hat, muss Flugunfähigkeit ja kein Hindernis mehr sein. Flieg, kleiner Ersatzsalamander, und erobere die Lüfte, als Ersatzarchäopteryx. Und wenn wir dann die gesamte Evolution aus Blech und Schräubchen nachgebaut haben, können wir vielleicht mal einen Ruhetag einschieben. Einen Ersatz-Sonntag.


... 55 56 57 58 59 [60] 61 62 63 64 65 ...

*  IN DER RIESENMASCHINE


*  ORIENTIERUNG



Werbung
Werbung Ratgeber

*  SO GEHT'S:

- artiger Läutewinkel

- Statt Rauchverbot: Nikotinpflaster für Passivraucher

- die Strings nicht verknoten (verrückt!)

- Puddingbrumsel

*  SO NICHT:

- Leidenschaft im Fuss (juckt)

- Als Mann alleine nachts Damenfussball spielen

- Mockturtlesuppe (Fake!)

- Puddingnazi


*  AUTOMATISCHE KULTURKRITIK

"The Art of Negative Thinking", Bård Breien (2006)

Plus: 15, 31, 37, 80
Minus: 90
Gesamt: 3 Punkte


*  KATEGORIEN


*  ARCHIV