Riesenmaschine

27.03.2006 | 15:11 | Anderswo | Supertiere | Alles wird schlechter

Texas Klapperschlangenmassaker


Nicht in Texas, deshalb sind die Schlangen so entspannt (Foto: candiedwomanire / Lizenz)
Offenbar aus rein populistischen Gründen hatte sich das hiesige
Wetterministerium entschlossen, zum astronomischen Frühlingsanfang am 20. März das Wahlvolk kurz mit saisongemässen Temperaturen zu erfreuen. Das war dann aber auch schon die ganze kurzfristige Öffentlichkeitsarbeit zu diesem Ereignis.

Keine Plakatwerbung und kein Jubelchor der Regierung, der diese Temperaturerhöhung als Spitzenleistung im mittel- und nordeuropäischen Vergleich ausweist. Da können uns andere Gegenden wieder einmal Vorbild sein, wie man den Frühlingsanfang entsprechend feiert. In Sweetwater (Texas) gibt es am zweiten Märzwochenende dazu den Rattlesnake Round-up. Da man in Nordamerika keine Büffel mehr abschiessen darf und kaum mehr kann, hat man sich neue Schurkentiere gesucht und in der Diamondback-Klapperschlange gefunden.

Vor fünfzig Jahren begannen Farmer, die noch wintersteifen Rattlesnakes aus ihren Erdlöchern herauszufangen, weil immer wieder Kühe von den Reptilien gebissen wurden. Mittlerweile gibt es dort zwar kaum noch frei weidende Herden, aber dafür werden Schlangen im Gewicht von mehreren Tausend Kilo zusammengetragen und getötet. Da es in der unmittelbaren Umgebung deswegen kaum mehr Schlangen gibt, suchen die konkurrierenden Teams die Tiere mittlerweile im Umkreis von mehr als hundert Meilen. Es geht nicht um zoologische Details, also finden sich auch viele andere, ungiftige Schlangenarten unter den Fängen. Es gibt dazu eine "wissenschaftliche Begleitforschung" in Kooperation mit dem Texas Parks and Wildlife Department. Doch neben deren läppischen Angaben über das Gesamtgewicht der Schlangen nimmt sich das "Forschungsprogramm" japanischer Walfangflotten wie eine Nobelpreisarbeit aus.

Ja, so sind sie halt, die Naturschützer, lauter Heulsusen. Die positiven Aspekte sieht dabei keiner: Das Grossereignis kurbelt mit fünf Millionen Dollar Umsatz die lokale Wirtschaft an. Bis zu 30.000 Leute nehmen am Round-up teil und haben beim Klapperschlangenwettessen und der Wahl zur Miss Schlangenbeschwörerin sicher eine Menge Spass. Und die Idee, dem frühlingshaften Wiedererwachen der Natur gleich ordentlich eins vor den Latz zu knallen, könnte man doch auch hierorts aufgreifen.

Peter Iwaniewicz | Dauerhafter Link | Kommentare (5)


26.03.2006 | 17:21 | Alles wird schlechter | Zeichen und Wunder

Geboten ist auch Zurückhaltung


Amos, bring's Stöckchen (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Es ist wahr, dass es zu viele Regeln gibt. Das sagen eigentlich alle, Ordnungsamt, Verkehrspolizisten, Schwarzarbeiter, man hört es überall; zu viele Regeln für alles, so dass man vor lauter "Radfahrer müssen auf dem Radweg fahren, wenn er denn als solcher gekennzeichnet ist, was er nur sein darf, wenn er 1,50 m breit und nicht auch noch von Fussgängern usw." schon mal vergessen kann, dass man eigentlich niemand umbringen soll. Das Resultat ist haltlose Verwirrung, Chaos, Anarchie, nicht nur in Bayern. Prinzipiell daher eine gute Idee des Kinderkanals, einer Art vom Steuerzahler betriebenen Fernsehsender, den Dschungel zu lichten: Ab heute wird in sonntäglichen Kurzfilmen den Kindern ein einfaches Regelwerk zur Verfügung gestellt, bestehend aus zehn schlichten Grundsätzen, die sich jeder merken kann. Schön und gut.

Leider kommt die Idee gar nicht vom diesen Fernsehleuten, sondern von der Evangelischen Kirche, die in Regelfragen unglücklicherweise etwas ungelenk ist. So entnahmen die Initiatoren der Filmaktion ihre Gesetze einem jahrtausendealten Buch, das gar nichts über die moderne Welt der Kinderprobleme weiss. So macht es zum Beispiel keinen rechten Sinn, Kindern beizubringen, sie sollten nicht das Vieh des Nachbarn begehren oder Vater und Mutter ehren, weil es Landwirtschaft und Eltern heute sowieso nicht mehr gibt. Anstatt also die Regeln einzudampfen auf die wirklich wichtigen Dinge (Ausserirdische gibt es nicht, Gardinen sind irrelevant, Du sollst den Feiertag und auch alle anderen Tage heiligen), die ohnehin schon jedes Kind kennt, fällt der EKD zur Wertediskussion nur ein, lieber gar nicht erst zu diskutieren. Nur der Serienhund Amos, der als Hobbies "Fressen, Spazierengehen, Ballspiele, Stöckchenbringen" angibt, klingt ganz vielversprechend.

Diese kindgerechte Weltverbesserungsaktion muss man in der Tradition der grossanlegten Missionierungsoffensiven der vergangenen Jahre sehen. Man erinnert sich schmerzhaft an die bundesweite Aktion Neu anfangen vor einigen Jahren, bei der Millionen Ungläubige einzeln per Telefon zur Vernunft bzw. zu Gott gerufen werden sollten, ein Penetranzvorstoss vergleichbar mit den Klingelstreichen der Zeugen Jehovas. Über den Erfolg/Misserfolg der Aktion ist nichts herauszufinden, aber warum man Ostdeutsche, die ja nicht aus Überzeugung, sondern aus Trägheit vom Glauben abfielen, zurück in die Kirchen locken möchte, kann man nicht mal verstehen, wenn man es verstehen will. Kinder werden natürlich erst recht nicht auf so einen simplen Trick hereinfallen, auch wenn es aus dem Fernsehen und nicht aus dem Telefon kommt, so viel Vertrauen muss man einfach haben. Schlaue Kinder nämlich wollen mit den reformierten Eierköpfen sowieso nichts zu tun haben und werden deshalb ganz von alleine saubere Erzkatholiken. Bei denen gibt es dann auch endlich wieder mehr Regeln.


25.03.2006 | 01:07 | Alles wird schlechter | Sachen kaufen

Die Grenzen der Automatisierung

Die Zeit der Resignation ist vorbei! Die Wirtschaft boomt! Deutschland gründet wieder! Diese Denkweise ist verbreitet in den Niederungen der Dienstleistungsindustrie und führt dazu, dass man irgendwann glaubt, da fährt ein Zug los, auf den man irgendwie mitaufspringen muss. Da geht die Stampede einer jungen Bullenherde los, und man muss nur mit dem Schrotgewehr draufhalten – einer wird schon fallen! Von Schrot zu Schrott: Da gründen drei engagierte, junge Menschen eine Partnergesellschaft für Marktforschung und lassen sich in irgendeinem Register eintragen. Das Register wird durchforstet vom Computer einer Firma für Werbekugelschreiber, der vollautomatisiert einen Laser steuert, der wiederum den Firmennamen auf einen Kugelschreiber brennt. Soweit, so geschickt geplant, bzw. verplant verschickt:

"Sehr geehrte Damen und Herren,
Sind Sie überrascht, Ihren Firmennamen FISCHER BOCHOW KUHRCKE PARTNERGES FÜR MARKTFOR-SCHUND per Laserstrahl in diesen hochwertigen Celebrity Kugelschreiber graviert zu sehen?"


Fast hört man sie ausrufen "Ja, wir sind überrascht, liebe Firma Adler Werbegeschenke, wir sind sogar sehr überrascht." Na dann. Mission erfüllt. Die jungen Firmengründer gründlich überrascht. Mehr kann man nicht erreichen.


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)


24.03.2006 | 02:39 | Nachtleuchtendes | Alles wird schlechter

Golfkrieg=Starwars


Teuerste Driving Range aller Zeiten (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Einen neuen Trend zur Belebung der einstmaligen Publikumsattraktion "Russisch Roulette" hat sich die kanadische Firma Element 21 ausgedacht. Ein neuartiger Golfball aus dem seltenen Metall Scandium soll mit einem ebenfalls neuartigen vergoldeten Golfschläger ins All geschossen werden, und zwar von der Internationalen Raumstation ISS aus, die man sich regelmässig am Sternhimmel im heimischen Wohnzimmer ansehen kann. Man muss dazu zwei Dinge wissen: Zum einen soll der Ball zwar mehrere Milliarden Kilometer rund um die Erde fliegen, mit einem Sender ausgestattet, damit man weiss, wo er gerade ist, aber die genaue Flugbahn ist einigermassen unvorhersehbar (hängt ja auch von vielen Dingen ab, z.B. Abschlag, Schwerkraft, Mondphase). Zum anderen können schon wesentlich kleinere im All herumfliegende Metallteile die Aussenhaut der ISS penetrieren und damit, man kennt das aus schlechten Katastrophenfilmen von Flugzeugabstürzen, das gesamte grosse Ding unweigerlich zerstören. Jegliches humanoides Leben in der Raumstation wäre dauerhaft und zuverlässig vernichtet. Und weil der Plan so unsäglich bescheuert und hirnrissig klingt, hat die russische Raumfahrtbehörde, seit jeher Freund interessanter Todesursachen, schon zugestimmt, und man wartet jetzt nur noch auf die Sicherheitsanalyse der Skeptiker von der NASA. Der Mann, der über die Zukunft der ISS entscheiden wird, über Sein oder Nichtsein von 100 Milliarden Dollar, der Mann mit dem Finger am Abzug oder eher am Golfschläger, heisst Pavel Vinogradov. Vinogradov. Muss man sich einprägen.


23.03.2006 | 00:13 | Alles wird schlechter | Sachen kaufen

Heute dran denken: Müll rausbringen


Foto: striatic / Lizenz
Tückischerweise tritt bereits am morgigen Freitag, und nicht wie gewohnt am 1. eines Monats, eine neue Regelung des Elektro- und Elektrogerätegesetzes in Kraft. Alte Elektrogeräte dürfen dann nicht mehr in den Hausmüll geworfen werden, sondern gehören zur kommunalen Sammelstelle. Wer also noch Tapedecks, Radiowecker, Faxgeräte, Videorekorder und ähnlich unbrauchbaren Kram zu Hause rumstehen hat: Heute raus damit! Ab morgen muss man das Zeug umständlich mit dem Auto in irgendeinen Wald bringen, was wegen des Benzinverbrauchs schlecht für die Umwelt ist.


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