Riesenmaschine

16.07.2006 | 13:01 | In eigener Sache

Zentrale Intelligenz Agentur


Auf dem Weg nach Zimmer 14 – Amusement oder Recherche? (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
"Die Wahrheit ist konkret", sagt Lenin und hat damit zweifellos recht, wenn es um die Weltgeschichte geht. Wird Weltgeschichte im Privaten als Farce nachgespielt, erscheint die Wahrheit jedoch oft auch ein wenig subjektiv. Nachdem in den letzten drei Wochen nach dem Gewinn des Bachmannpreises durch Kathrin Passig ungeheuer viel und vor allem ungeheuer viel Blödsinn über die ZIA in der Presse zu lesen war, wurde von der Geschäftsleitung beschlossen, einen klärenden Bericht zur Lage zu veröffentlichen. Als Verfasser der Auftragsarbeit, die "Historie, Organisation und Strategie der ZIA in Form einer heiteren Geschichte" abbilden sollte, bot sich Wolfgang Herrndorf an. Wie kein zweiter erschien er geeignet für diesen Job: Herrndorf ist Romanschriftsteller ("In Plüschgewittern"), promovierter Historiker ("Homophobe Diskurse im III. Reich am Beispiel der Blomberg-Fritsch-Krise") und diente von der Firmengründung bis vor wenigen Tagen als inoffizieller Mitarbeiter der ZIA. Dass er einen gewissen Zeitraum der Gründungsfeierlichkeiten auf Schloss Beesenstedt in bewusstlosem Zustand verbrachte, war bekannt, schien jedoch kein Hindernis, versprach doch der Autor, seine Lücken gewissenhaft zu füllen ("Recherche ist mein zweiter Vorname, wa").

Das Ergebnis der Recherche ist jedoch eine Enttäuschung. Und mehr als eine Enttäuschung vielleicht noch das Dokument einer schweren Störung. Herrndorf gelingt es, von der Gründung der ZIA nur das Periphere abzubilden, und dieses Periphere auch nicht korrekt. Seinen Bericht subjektiv zu nennen hiesse, Waldorf und Statler den Vorzug zu geben vor dem herzerwärmenden grünen Frosch. Dennoch haben ZIA und die Redaktion der Riesenmaschine sich nach langen Diskussionen entschlossen, Herrndorfs Bericht "Die Wahrheit über die ZIA" hier zu veröffentlichen. Unter anderem, weil bereits sehr viel Geld geflossen ist. Einige Fehler wurden mit Einverständnis des Autoren korrigiert, Namen berichtigt, endlose Getränkelisten gestrichen. Anderes blieb Streitfall und ist unverändert im Text erhalten. Wir bitten daher jeden Leser, bei der Lektüre folgende Korrekturen selbst in seinem Kopf vorzunehmen:

Die Gründung der ZIA fand im April, nicht im August statt. Der Jaguar ist ein Mustang. Das Unternehmen verfolgte von Anfang an klare Ziele; das gegen Ende abgedruckte Thesenpapier stammt weder von Holm Friebe noch von einem anderen uns bekannten Mitarbeiter. Henryk M. Broder und Michael Miersch waren bei der Veranstaltung eingeladen, jedoch nicht anwesend. Die Szene, in der J. Lottmann seine Gürtelschnalle öffnet, ist ausser vom Autor und den beiden minderjährigen Kindern des Schlossherrn von niemandem bezeugt. Die äusserliche Beschreibung der Leipziger Mädchen ist pauschalisierend. Die Behauptung, Kai Diekmann habe sich den Penis verlängern lassen, stammt nicht von Julia Mantel. Holm Friebe weiss sehr wohl, wie "das Internet" aussieht. Und Wolfgang Herrndorf ist seit über vier Jahren keine Frau mehr.


13.07.2006 | 17:28 | Anderswo | Supertiere | In eigener Sache

Keine Tiere


Sascha und Kathrin (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Wie die Sylter Rundschau in ihrer gestrigen Ausgabe meldet, macht die Tiefe kleine Tiere grösser. Dabei handelt es sich nicht etwa um eine optische Täuschung, sondern es hat vermutlich etwas mit dem Wasserdruck zu tun. "Grosse Meerestiere, die aus flachen Gewässern in die Tiefsee kommen, scheinen sich ihrer neuen Umgebung anzupassen, indem sie ihre Grösse verändern. Grosse Meerestiere verkleinern sich, kleine hingegen vergrössern sich." Aha, danke, Sylter Rundschau! Mit dem Landdruck dagegen hat dagegen eine Regel zu tun, die besagt, dass Tiere auf Inseln ohne Festlandsanbindung nach kurzer Zeit schrumpfen, weil weniger Landmasse von unten gegen sie drückt.

Auf Sylt, wo sich grosse Teile der Riesenmaschine-Redaktion für einen Workshop über die Zukunft des Fernsehens aufhielten, haben Tiere, Stühle, Teller und Betten absolute Normal-Ausmasse. Das liegt am Hindenburg-Damm, der die Insel schon seit Kaiserszeiten mit dem Festland verbindet. Der Workshop handelte unter anderem davon, dass das Fernsehen "alles mit Ähnlichkeit schlägt" (Th. W. Adorno) bzw. einer allgemeineren Aussage der Quantentheorie zufolge immer den Gegenstand seiner Beobachtung durch die Beobachtung selbst bis zur Unkenntlichkeit verändert. In einer Folge der Simpsons werden bei Dreharbeiten für einen Film, in dem Kühe vorkommen sollen, von der Crew Pferde wie Kühe angestrichen. Warum sie nicht gleich eine Kuh nähmen, fragt Bart Simpson. Darauf einer der Filmmenschen: "Kühe sehen im Film nicht aus wie Kühe." Bart lässt nicht locker und will wissen, was man denn dann macht, wenn im Film Pferde dargestellt werden sollen. Unwirsche Antwort: "Dann binden wir einfach ein paar Katzen zusammen." Wie ein Rudel zusammengebundener Jungkatzen, die man in der Nordsee zu ertränken versucht, laufen Sascha Lobo, Kathrin Passig, Aleks Scholz und ich für die Fernsehkameras am Strand von Kampen herum. Zu sehen am Freitag in einem Beitrag des Kulturmagazins aspekte im ZDF.


04.07.2006 | 04:03 | Alles wird besser | In eigener Sache

Assoziationskettenmassaker


Hat nichts mit irgendetwas anderem zu tun (zum Glück): Frauendart. (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Menschen, die mit Menschenmassen kommunizieren, also Journalisten, Blogger, Werber oder Leute mit Hang zu Autoaufklebern, sollten sich überlegen, wie sie die Masse dort draussen behandeln. Hierbei gibt es grob vereinfacht drei Prinzipien. Das erste ist das des "für klug Haltens", das praktisch nie angewendet wird. Das zweite Prinzip ist das des "für dumm Verkaufens", was in der Mehrzahl der Fälle getan wird. Das dritte ist das, dem auch die Riesenmaschine folgt, eine Mischung aus den ersten beiden, das so genannte "für klug Verkaufen". Dabei nähert sich der Absender dem Rezipienten im Wissen, dass, wenn er schon keinen Plan vom Thema hat, er doch wenigstens den Hauch eines Plans ergoogeln kann. Alle können also eingeweiht tun und sind deshalb mindestens so froh wie diejenigen, die im Kino einfach mitlachen, auch wenn sie den Gag nicht verstanden haben.

Die Krux am "für klug Verkaufen" ist, dass man lange überlegen muss, wie man den Leser unterhält, ohne dass er sich vor jedem Lacher durch Wikipedia pflügen muss. Hierbei wiederum gibt es drei gängige Tricks. Der erste ist der des Wortwitzes, stufenlos verstellbar von wirres.net bis Lichtenberg. Der zweite ist die Metapher, die um so unterhaltsamer ist, je absonderlicher sie trifft; Metaphern können die Ekelfaszination des Kloakengeruchs von Sexualpartnern erreichen. Der dritte Trick hängt damit zusammen, ist aber eine Kunst für sich, es handelt sich um die Assoziation. Die Assoziation ist sowas wie ein Link, nur im Kopf. Man kann davon mehrere hintereinanderbasteln, dann spricht man von Assoziationskette und das ist das Tollste, was sich der Mensch im Bereich Kommunikation seit der Erfindung des Rats ausgedacht hat. Assoziationsketten sind so super, dass man ihnen, ähnlich wie Nagetieren, eigentlich unentwegt huldigen sollte. Genau das wollen wir hier auf der Riesenmaschine tun, mit dem Wettbewerb "Assoziationskettenmassaker", bei dem es darum geht, die gewundenste, wirrste, an den Haaren herbeigezogenste Assoziationsverkettung in einen Blogbeitrag zu pressen.

Das Publikum ist die Jury, kann aber auch mitmachen, auf den eigenen Blogs, durch simples Verlinken dieses Beitrags innerhalb des eigenen Beitrags bei gleichzeitiger Angabe des eigenen Beitrags in den Kommentaren, die dann von uns manuell verlinkt werden. Hochkompliziert, aber Assoziationsketten sind eben was für Kluge. Einsendeschluss ist am nächsten Sonntag, Auswertung ist nie. Die Kette ist das Ziel.


28.06.2006 | 10:29 | Berlin | Fakten und Figuren | In eigener Sache

Heute: Weltfusstag im nbi


Gerd Müller (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
What's the Use of Feet If You Haven't Got Legs? fragten sich einst die fantastischen Telefon Tel Aviv. Doch eigentlich müsste die Frage umgekehrt lauten, zumindest heute, wenn wie an jedem letzten Mittwoch im Juni in Deutschland der Tag des Fusses gefeiert wird, dessen unzweifelhafter Höhepunkt die Lamisil-Fusswahl 2006 darstellt.

Obwohl, Moment, "unzweifelhafter Höhepunkt"? Das ist natürlich Quatsch, der Höhepunkt eines letzten Mittwochs im Monat ist traditionell das Après Bunny Format. Und was läge am heutigen Tag näher, als aus Autobiographien von sechs berühmten Podologen bzw. Fussballern zu lesen? So wurden wir Weltmeister, heute abend ab 20.00 Uhr im nbi in der Schönhauser Allee 36, u.a. mit dem Hilfscheckerbunny und drei Bachmannpreisträgern als Gerd Müller, Günter Netzer, Jimmy Hartwig und Franz Beckenbauer.


25.06.2006 | 11:00 | Anderswo | In eigener Sache

So sehen Sieger aus

Was regelmässige Riesenmaschinenleser bereits wissen, weiss seit gestern auch die Klagenfurter Bachmann-Preis-Jury: "Wir haben eine sehr gute deutsche Schriftstellerin entdeckt und einen Text, von dem ich restlos überzeugt bin. Ich kann beim besten Willen nicht sehen, wo dieser Fehler oder Makel hätte." (Heinrich Detering). "Ich halte den Text in seiner Konsequenz [für] fast makellos" (Ilma Rakusa) "Es ist ein faszinierender Text, bei dem ich zwischen Ärger und Verwirrung hin und her gerissen war, aber nicht losgelassen wurde." (Karl Corino) Wer wissen will, ob sich Kathrin Passig für so viel Lob auch was kaufen kann, der schalte jetzt sofort 3sat an oder klicke sich hier durch zum Livestream. Geht fast überall, leider nicht in China.

Christian Y. Schmidt | Dauerhafter Link | Kommentare (28)


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